Save Rosalie!
Ein Versuch den Achtermast der Rosalie Moller vorerst
vor weiterem Schaden zu bewaren, und ein Appell an alle Besucher.
Die Rosalie Moller ist zweifellos eines der schönsten Wracks im Roten Meer und die beiden stämmigen, anmutigen Lademasten die von ihrem Deck bis auf ca. 18 m unter die Wasseroberfläche aufragen, machen ihr Erscheinungsbild unverwechselbar. Für jene, die die Rosalie schon mal besucht haben, war wohl einer dieser Masten das erste was sie von dem Wrack zu sehen bekamen, bieten sie doch eine gute Referenz für einen bequemen Ab- und Aufstieg und für ambitionierte Taucher sind sie gut geeignet für einen deepstop am Ende das Tauchgangs. Die Bedingungen an der Rosalie sind abgesehen von der Tiefe in der sie liegt und den meist mäßigen Sichtweiten vergleichsweise freundlich und wie mir berichtet wurde, ist starke Strömung an den Wrack eher eine Seltenheit, da sie relativ geschützt hinter Gubal Island ruht. Anders verhält es sich jedoch mit dem Wind, der so fernab vom Festland sehr kräftig sein kann und meist eine unangenehme Dünung der Wellen mit sich führt. Unglücklicherweise sind die Spitzen dieser Masten auch die bequemste Möglichkeit für Safarischiffe und Tages-Boote um an der Rosalie fest zu machen und wenn gleich mehrere Tauchboote über ihr liegen, ist es gängige Praxis, dass die nachfolgenden meistens an den bereits vertauten Booten fest machen was das Gewicht, welches an den Masten zerrt und ruckt dann verdoppelt und verdreifacht. Safarischiffe der neusten Bauart sind beinahe schwimmende Hotels und 40 m Länge x 10 m Breite sind keine Seltenheit mehr. Der hintere Mast ist dadurch aktuell gefährdet, er zeigt deutliche Zeichen von Instabilität. Den Zustand des vorderen Mastes konnten wir nicht genau feststellen, immerhin war momentan kein Anlegetau an seiner Spitze zu erkennen.
Als wir an diesem Morgen die Rosalie Moller besuchten, war die See unruhig und der Wind blies kräftig aus nördlicher Richtung, wie meistens in dieser Gegend. Für mich war es das erste mal, dass ich dieses großartige Wrack betauchen konnte und vielleicht ist ein Grund, warum die Rosalie nach wie vor so hervorragend erhalten ist der, dass jene, die sie vor mir besuchten vielleicht ganz ähnlich bewegt waren von dem Anblick, wie ich selbst. Ihre Decks scheinen immer noch weitgehend unberührt mit so vielen Details und so prächtigem Bewuchs und einem Fischreichtum, wie ich ihn nie zuvor an einem Wrack erlebt habe. Es gibt bestimmt viele Aspekte, die die Rosalie Moller schützenswert machen und neben den vielen spannenden Eindrücken sollte man nicht die Gründe vergessen warum der Frachter hier einst versank und auch nicht das Schicksal seiner Besatzung. Gleichwohl ist ein Wrack als ein künstliches Riff zu verstehen und verdient es auch wie ein solches behandelt zu werden. Es ist eine ökologisch vielfältig gegliederte Raumstruktur, welche besonders großen und besonders vielen kleineren Bewohnern ein Zuhause bietet. So sind auch die Masten der Rosalie Moller viel mehr, als nur ein interessantes Detail des Wracks, sind Zuhause für eine Vielzahl von Lebewesen und wenn man am Ende des Tauchgangs an einem der Masten vorbei schwimmt, scheinet es wie ein Pulsieren durch die vielen Fische und jene Tiere die direkt auf ihm und noch in den kleinsten Spalten leben. Es wirkt beinahe so, als sei er lebendig und nicht nur eine kalte Metallstruktur. Die Metallstruktur ist es jedoch die mittlerweile bedroht ist, seine Bewohner und die Gesamtheit des Wracks damit natürlich genauso. Und obwohl man den aktuellen Zustand des Wracks immer noch als sehr gut bezeichnen darf: Wenn jemand an dieser Stelle meint, die Sorge um den Erhalt dieses Zustandes sei unbegründet, der sollte sich die Zerstörungen anschauen die man dem Schwesterschiff, der Thistlegorm angetan hat, welches auf der anderen Seite der Straße von Gubal liegt.
Der ganze Mast ächzte und knirschte deutlich hörbar und genauso deutlich konnte man die Bewegung wahrnehmen, bei jedem Ruck, den unserer relativ kleines Bootes auslöste. Zweifelsfrei sind die Lademasten im alten Schottland so stabil gebaut worden, um einst auch Fracht mit sehr hohem Gewicht in den Bauch des Schiffes zu hieven, aber 65 Jahre auf dem Grund des Meeres und das unaufhörliche reißen und zerren der Besucherboote bei maximaler Hebelwirkung haben wohl dazu geführt, dass vermutlich der umgebende Schiffskörper zermürbt wurde, ja vielleicht sogar der Mast selbst an der Basis angebrochen ist. Die Gefahr, in der man sich befindet, wenn man den Mast beim Auf- und Abstieg nahe kommt, konnte ich am eigenen Leib spüren. Dabei bewegt sich das riesenhafte, tonnenschwere Gebilde plötzlich und im unruhigen Rhythmus des zerrenden Schiffes an der Oberfläche, ruckartig auf einen zu! Zudem fanden wir zu allem Überfluss eine Führungsleine die von der Spitze bis hinunter auf das Achterdeck führte. Diese war auch noch mehrmals um den Mast gewickelt und hatte bereits einen beträchtlichen Teil des Bewuchses zerstört. (Taucher die eine solche Leine benötigen, sollten sich die Rosalie lieber aufheben, bis sie sicher genug sind für einen freien Abstieg aus eigener Kraft und dann auch genug Tarierung mitbringen um sich direkt am Wrack sicher zu bewegen.)
Trotz der offensichtlichen Notwendigkeit etwas zu tun und obwohl gleich mehrere Leute aus unserer Gruppe beachtliche Wrackerfahrung mitbrachten, die Stimmung war eher zögerlich bei dem Gedanken auf eigene Faust an diesen Zustand etwas zu verändern. Darüber hinaus wussten wir auch, dass das unbefugte umsetzen eines Haltetaus nicht erlaubt ist und eigentlich Behördensache sein sollte. An diesem Tag begleitete uns die Leiterin einer vor Ort ansässigen Tauchbasis in El Gouna, die schon viele Tauchgänge zur Rosalie Moller machen konnte. Ihre Besorgnis war nicht zu übersehen und sie brauchte uns ehrlich gesagt auch nicht lange bitten, als dann doch beschlossen wurde am nächsten Tag ein neues Halte-Tau an einer anderen Stelle des Wracks anzubringen und anschließend das alte Seil an der Mastspitze zusammen mit der überflüssigen und unsinnigen Führungsleine zu entfernen. Ein Anruf bei der zuständigen Behörde bescherte dann auch noch die offizielle Erlaubnis für die Aktion. Eine entsprechend festes, neues Tau und weitere Ausrüstung wurde bis zum nächsten Morgen organisiert, vor Ort alles noch mal gründlich besprochen und glücklicherweise war uns an diesem Morgen auch das Wetter wohl gesonnen. Leichter Wind bei ruhiger See, die Sonne noch durch den Morgendunst verschleiert und die Sicht Unterwasser nur mäßig, aber völlig ausreichend für das Vorhaben und so ging auch alles reibungslos und ohne große Probleme vonstatten.
Und so ist es jetzt:
Das aktuelle Tau führt also nicht mehr zur Spitze des Mastes auf dem Achterdeck, dieses Tau wurde von uns entfernt und geborgen, nachdem die neue Leine an einer anderen Stelle am Wrack und an Bord unseres Tauchschiffs vertäut war. Das neue Tau führt nun direkt zum Schiffskörper, genauer zum Heck, etwas seitlich zu einer der Steuerbord-Klüsen im Schanzkleid, (Siehe auch Skizze und Bilder unten.) an der wir vorher noch die Reste einer älteren Leine entfernten, was auch die fehlende Brüstung in diesem Abschnitt erklärt. Diese Stelle wurde von uns gewählt, weil jene Klüsen dafür ausgelegt waren, einstmals das Schiff im Hafen zu vertauen und immer noch genug Stabilität haben sollten um dem Zug eines, oder sogar mehrere Safarischiffe stand zu halten. Zusätzlich ist auch noch genügend Abstand zu dem gefährdeten Mast geboten. Dabei war uns bewusst, dass sich dadurch die Tauchgangsplanung gerade für Sporttaucher verändern wird und an Bequemlichkeit verloren hat. Der Abstieg am Seil führt jetzt nicht mehr bis auf 18 m, sondern bis in annährend 30 m Tiefe und mit einem gewöhnlichen 12l Tank ist die Strecke bis zum Bug und wieder zurück nun etwas weiter geworden, wenn auch immer noch gemütlich zu bewältigen, da durch verringern der Tauchtiefe die Nullzeitgrenze gut kontrollierbar bleibt und die beiden Masten auch dafür eine gute Referenz sind. Wir möchten und können nur appellieren und um Verständnis bitten für diese Aktion. - Sind es nicht genau wir, die am besten auf dieses bisschen Bequemlichkeit verzichten können, um das zu erhalten, was wir alle doch so sehr schätzen? Wenn die Praxis der Schiffe sich an den Mastspitzen zu vertauen nicht gestoppt wird, werden diese Masten nicht mehr lange stehen. Um unser aller Willen sollte dieses fantastische Wrack und Mahnmal des Krieges in seiner Gesamtheit erhalten bleiben.
Empfehlenswerte Literatur:
´Schlafende Schiffe´, von Ned Middleton und Rico Oldfield, Verlag Kosmos, ISBN: 978-3440-10727-0, 34,90 Euro.
(Hervorragend recherchiertes Buch mit den weltbesten Zeichnungen der schönsten Wracks im nördlichen Roten Meer.)
´Wracktauchen SS Thistlegorm´ von Claus-Peter Stoll und Udo Kefrig, herausgegeben von ´Unterwasser´ und Verlag Heel, ISBN: 3-89880-336-2, 29,90 Euro.
(Ausschließlich über die Thistlegorm, aber viele Aspekte dieses schönen und ebenfalls sehr gut recherchiertes Buchs gelten wohl auch für die Rosalie Möller.)
Aktueller Artikel zu dieser Problematik:
H2o-Magazine Ausgabe No.1/07 von Mike Ward, ´The Masts of the Rosalie Moller. A plea for action, bevore it´s too late.´ www.h2o-mag.com
(Geschrieben in Anlehnung an diesen Bericht.)
Nicht die Rosalie Moller, aber ein Schiff von sehr ähnlicher Bauart und Größe.