Wrackexpedition im Golf von Suez

Teile:
28.06.2017 16:06
Kategorie: Diverses

Expedition Gulf of Suez(5) erfolgreich beendet

Das Team um den Schweriner Expeditionsleiter Rene Heese ist erfolgreich aus dem Gulf of Suez (Ägypten) zurückgekehrt. Schweres Wetter beim Auslaufen und in der Vorhersage ließen das Team nicht verzweifeln. Beharrlich steuerte die MY "Soul" den „Safe Anchorage F" gegen Wind und Welle an, um schnellstmöglich in die unmittelbare Nähe des Zielgebietes Sha'b Ali zu gelangen.

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Sturmfronten zwangen das Team immer wieder gen Süden abzulaufen. Jede Wetterbesserung wurde jedoch genutzt um aus der Deckung heraus wieder gen Norden anzugreifen: Es galt die recherchierten Schiffswracks zu finden. Es zahlte sich aus;  ein unbekanntes Wrack wurde entdeckt, die SS Carina am Sha'b Ali als SS "Marcobrunner" identifiziert, der Beweis für das Vorhandensein der Wracksektionen in 60 bis 80 Metern Tiefe der MS "Lara" am Jackson Reef erbracht und ein dritter Eisenbahnkesselwagon der SS "Thistlegorm" gefunden.

Interview  mit Rene Heese

DI: Rene, am Donnerstag,15.Juni 2017 seid ihr wieder erfolgreich und gesund in Deutschland gelandet. Elf Tage auf See, hat alles planmäßig geklappt?

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Rene (schmunzelt): Natürlich nicht! Das Rote Meer ist bekannt für Starkwind mit hohen Wellen und wenigen ruhigen Tagen, besonders im Gulf of Suez. Nach dem Auslaufen am Sonntagmorgen haben wir wetterbedingt gleich zwei Tage „verloren“ und diese mit Trainingstauchgängen an der SS "Thistlegorm" und der SS "Dunraven" genutzt. Dienstag und Mittwoch hatten wir dann eine recht ruhige See sodass wir einer unserer Hauptaufgaben nachgehen konnten. Es folgte nur noch Schwerwetter. Bis Ashrafi Lighthous sind wir zwar gekommen, mussten dort aber nach Süden ablaufen. Damit war die geplante Route weiter in nordwestliche Richtung hinfällig und wir haben ein neues Ziel definiert: Richtung Gulf of Aqaba in die Straße von Tiran.

DI: Die MY "Soul" mit ihren 36 Metern Schiffslänge ist doch eine der größeren Safariyachten und Wetter erprobt.

Rene: Du sagst es - für eine Safari. Da geht es gerade aus, es geht von (A) nach (B), es wird in Lee festgemacht und die Leute gehen in Lee tauchen. Wir fahren jedoch auf offener See Suchmuster. Das Problem hierbei ist das Wenden bei Welle. Zudem liegen unsere Wracks eher in Luv und sind somit Wind und Welle zugewandt.

Ein neues Wrack und die SS "Marcobrunner"

DI: Habt ihr ein neues Wrack entdeckt?

Rene: Ja, ich hatte vor Jahren einen Schatten auf Google Earth an der Südwestseite von Sha'b Ali ausgemacht und mir vorgenommen diesen irgendwann einmal vor Ort zu untersuchen. Aus der Recherche um den Verbleib der deutschen SS "Marcobrunner" ergab sich diese Position als eine von zwei möglichen Strandungsstellen. Nun war dieser Schatten also doppelt interessant. Der Einsatz des Side- und Downscansystems war wegen der geringen Wassertiefe und der Korallen nicht zielführend. Deshalb sind wir mit unseren Scootern ausgeschwärmt, und tatsächlich bin ich wenige Minuten später auf die Wrackreste eines Küstenmotorschiffes aus etwa 1955 gestoßen: Vermeintlich handelt es sich um die circa 70 Meter lange MS „Azur“; welche um 1975 dort aufgelaufen sein muss. Wir arbeiten derzeit daran, diese Angaben zu verifizieren.

DI: Dieses Wrack ist also ganz sicher nicht die SS "Marcobrunner"?

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Rene: Ohne Zweifel. Im Jahr 1889 wurden Balanceruder in der Art so nicht verbaut. Der Schiffsrumpf war zwar genietet, das Deck aber geschweißt. Auch sind andere Wrackteile in die Zeit Mitte des 20. Jahrhunderts einzuordnen, und das Deckshaus stand achtern wie bei einem KüMo (Küstenmotorschiff) üblich. Ich muss ergänzen: Der Schatten - also die vermeintliche MS "Azur" war als Anlaufpunkt unsere zweite Wahl, wir waren lediglich daran interessiert, was dort nun für ein Wrack liegt.
Primär hatten wir von Anfang an die als "Carina" bekannte Position im Visier. Holger Scherrer hat mit der Recherche im Tagebuch eines Passagiers (siehe Meldung "Start Expedition") einen wesentlichen Beitrag zu unserem Erfolg geleistet.

DI: Wie kommst du nun darauf, dass die auf www.wrecksite.eu als "Carina" bezeichnete Position deiner Meinung nach die SS "Marcobrunner" ist?

Rene: Schon in der Recherche sprachen viele Faktoren dafür. Erstens, in 1,5 Seemeilen wurde von Robert Alexander Blaschek Brixton laut Tagebucheintrag ein Wrack auf einem Riffdach liegend gesichtet. Das ist deckungsgleich mit dem Havaristen SS "Kingston". Zweites, acht Seemeilen westlich wird das Ashrafi Lighthouse vermerkt, ebenfalls deckungsgleich. Drittens, Feuer an Bord nach dem Auflaufen auf das Riff und während des Plünderns durch arabische Strandräuber. Wir haben geschmolzene, regelrecht verbackene Glasplatten, Gasflaschen und Gläser gefunden. Viertens, die Ladung der SS "Marcobrunner" bestand unter anderem aus Eisenbahnschienen. Und wir haben massenhaft parallel ausgerichtete Eisenbahnschienen gefunden. Fünftens, Konstruktion von Rumpf und die Maschinen- sowie Kesselanlage passen exakt zur SS "Marcobrunner". Ich werde nun versuchen an die Werftpläne des Dampfers zu kommen und die Meßprotokolle - Unterwasser angefertigt von unserem Archäologenteam Harald Dietrich und Philipp Wysotzki - vergleichsweise hinzuziehen.

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Der dritte Kesselwagon der SS "Thistlegorm"

DI: Habt ihr noch weitere Erfolge zu vermelden?

Rene: Das  stürmische Wetter zwang uns zu ständigen Planänderungen. So haben wir am Ankerplatz der SS "Thistlegorm - dem "Safe Anchorage F" - unsere Suchmuster vom Vorjahr fortgeführt und konnten in 135° Süd und etwa 250 Metern Entfernung von der SS "Thistlegorm" zwei dicht nebeneinander liegende Ausschläge erst auf dem Sidescan und dann auf dem Downview verzeichnen. Wir haben die Position mit einer Leine markiert und sind abgetaucht. Und einer der Ausschläge ist ein dritter Eisenbahnkesselwagon - relativ baugleich mit den beiden an Bord der SS "Thistlegorm" im Bereich Vorschiff. Der andere ist leider nur ein großer Korallenblock. Wir gehen aber davon aus, dass es noch einen vierten Kesselwagon gibt.

DI: Wir von DiveInside haben mal recherchiert. Vor vielen Jahren berichtete bereits ein Guide von einem dritten Kesselwagon.

Rene (schmunzelt erneut): Erst wurde von einer dritten Dampflok gemunkelt, dann mal von einem Tankwagen. Die angeblich abgeschossene Heinkel He111 soll schließlich dort auch noch liegen. Niemand hat dieses oder jenes bestätigt, geschweige denn handfest belegt. Wir waren dort und verfügen über die Beweise mittels Filmaufnahmen. Das(!)  nenne ich dann einen Fakt.

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DI: Du sagst, ihr seid auch in der Straße von Tiran gewesen.

Rene: Ist im Nordwesten Sturm passt das Wetter in der Regel im Nordosten. Zudem ist zwischenzeitlich unser Sonarsystem ausgefallen und musste aufwendig notdürftig instandgesetzt werden. Deshalb haben wir die Suchmusterfahrten und das Betauchen einer bereits durch uns in den vorangegangenen Expeditionen verbrieften Wrackposition im Gebiet der SS "Rosalie Moller" im "Safe Anchorage H" abgebrochen. Wir sind auf Ziele ohne erforderlichen Sonareinsatz ausgewichen. Es ging an die Nordspitze des Jackson Reefs. Wir wollten die gängige Angabe, dass dort Wrackreste der MS "Lara" bei Bergungsarbeiten in die See geworfen wurden, verifizieren. Zudem bestand die Möglichkeit, dass wegen der exponierten Lage des Riffs dort weitere Wracks liegen. In 60 bis 80 Metern Tiefe liegen tatsächlich nur die Wrackreste der MS "Lara" - quasi ganze Sektionen. Auch darüber haben wir einen Film. Ein weiteres Wrack konnten wir dort bei lediglich zwei Scootertauchgängen und hohem Wellengang nicht finden. Unsere Teammitglieder Philipp Rehekampf in der Funktion als äußerst zuverlässiger Mischgasblender , sowie die Scooterfraktion Vinni Magner, Frank und Andreas Zander sind ausgeschwärmt und haben mit mir zusammen das Gebiet weiträumig in Augenschein genommen.
Holger Scherrer berichtete uns noch von einem recht unbekannten aber sehenswerten Spot - Ras Peter bei Sharm el Sheik. Dort sollen Kriegsfahrzeuge aus dem 2.Weltkrieg - und zwar Universal Carrier, LKW und Jeeps absichtlich von der Klippe ins Meer geschoben worden sein. Das haben wir uns dann näher angesehen, und ebenso den Verlauf der Halde an dem abgerutschten legendären Jolanda-Toiletten-Wrack bis auf 82 Meter. Dort haben wir noch reichlich Wrackreste für uns entdeckt.

DI: Also in der Summe eine erfolgreiche fünfte Expedition, oder?

Rene: Mein Team und ich - wir sind sehr zufrieden. Wir haben auf der Rückreise sogar noch das Riff Shi'b Umm 'Ushsu zwischen Gubal und Abu Nuhas mit den Scooter komplett umrundet um dort nach Schiffswracks zu suchen. Wir können mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen - da liegt leider nichts!

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DI:
Danke für das Interview, Rene. Was liegt als nächstes an?

Rene (grinst): Gerne!
Ideen bzw. Pläne habe ich genug. Mal sehen was als Nächstes kommt!

Weitere Informationen & Links:
Startbericht zur Expedition Nr.5
Shillong Expedition IV
Shillong Expedition III
Shillong Expedition II
Jagd auf die Shillong
Wrackexpedition