Kapitän des Tauchbootes Conception wird angeklagt

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03.12.2020 10:41
Kategorie: News

Bootskapitän wurde nach Brandnacht mit 34 Toten angeklagt

Der Kapitän des Safarischiffes Conception, das im vergangenen Jahr vor der Küste Kaliforniens Feuer fing und sank wurde am Dienstag angeklagt. In der Katastrophennacht kamen 34 Menschen, die unter Deck eingeschlossen waren, ums Leben. Der Kapitän wurde vor einem Bundesgericht wegen mehrfachen Totschlags angeklagt.

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Jerry Boylan, 67, wurde aufgrund von "Fehlverhalten, Fahrlässigkeit und Unachtsamkeit" in 34 Anklagepunkten wegen Totschlags an Seeleuten angeklagt. Er hat verabsäumt seine Besatzung auszubilden, Feuerübungen durchzuführen und eine Brandwache auf der Conception einzuteilen, hieß es in der Anklageschrift. Jeder einzelne Anklagepunkt kann bei Verurteilung hierbei zu einer bis zu 10-jährigen Gefängnisstrafe in einem Bundesgefängnis führen.

Es wurde Bundesanklage gegen Boylan erhoben. Eine eher seltene Vorgehensweise. Der Staatsanwalt beruft sich hierbei auf ein Gesetz aus der Zeit vor dem Bürgerkrieg, das darauf abzielte, Dampfschiffskapitäne und Besatzung für die damals weitaus häufigeren Katastrophen sowohl in der Seefahrt als auch in der Flussschiffahrt verantwortlich zu machen.

Der ehemalige Kapitän der Conception Boylan und vier weitere Besatzungsmitglieder, die alle geschlafen hatten, entkamen von dem brennenden Boot, nachdem Boylan noch einen Notruf getätigt hatte. Alle 33 Passagiere und ein Besatzungsmitglied kamen im Kojenbereich ums Leben. Es handelte sich um eine der tödlichsten Schiffskatastrophen in der jüngeren US-Geschichte. (Siehe auch: Bericht vom 3.9.2019)

 

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Ermittler der Bundesbehörde NTSB* beanstandeten auch die mangelnde Kontrolle und Aufsicht durch die Eigentümer des Schiffes, aber diese wurden bisher nicht angeklagt. Die Untersuchungen sind aber noch am laufen.

In dem Gesamtkomplex wurden noch weitere Klagen eingereicht: Das Unternehmen, dem das Boot gehörte, hat Klage eingereicht. Die Firma Truth Aquatics Inc. hat vor einem Bundesgericht Klage gemäß einer Bestimmung im Seerecht eingereicht, um Auszahlungen an die Familien der Opfer zu vermeiden. Die Familien von 32 Opfern haben gegen die Bootsbesitzer Glen und Dana Fritzler und das Unternehmen Klage eingereicht.

Jeffrey Goodman, ein Anwalt, der die Familien von neun Opfern vertritt, sagte, er habe noch keine Gelegenheit gehabt, mit seinen Klienten zu sprechen, aber sie hätten natürlich erwartet, dass Anklage erhoben werde: "Die Fahrlässigkeit und das ungeheuerliche Verhalten sowohl von Captain Boylan als auch des Personals an Land sind eindeutig, so dass es nicht überrascht, dass die US-Staatsanwaltschaft zu dem Schluss kam, dass eine Strafverfolgung geboten ist", sagte Goodman.

Was geschah in der Unglücksnacht?

Das Feuer brach in den frühen Morgenstunden aus, als die "Conception" in Platt's Harbour in der Nähe der Insel Santa Cruz, südlich von Santa Barbara, vor Anker lag. Die Gäste des vollbelegten Schiffes waren auf einer Tauchausfahrt am Wochenende des Labour Day Feiertags.

Eine Untersuchung des US National Transportation Safety Board ergab, dass das Feuer in einem Bereich des Mitteldecks ausbrach, in dem wohl Lithium-Ionen-Batterien geladen wurden. Eine Vermutung, denn was genau der Grund für das entsetzliche Feuer war, konnte nicht mit letzter Gewissheit recherchiert werden.

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Die vier Überlebenden waren an Deck gewesen, als der Brand ausbrach. Sie entkamen, indem sie über Bord sprangen und zu einem anderen Schiff in der Nähe schwammen. Die Besatzungsmitglieder teilten den Ermittlern mit, dass die Flammen zu intensiv waren, um die im Unterdeck in den Passagierquartieren eingeschlossenen Personen zu retten. (Siehe auch: Bericht vom 13.9.2019)

Kapitän Boylan machte um 3:14 Uhr morgens einen Notruf bevor er das Schiff verließ.

Ein guter Ruf bei den Kunden

Kapitän Boylan und Truth Aquatics hatten wohl einen guten Ruf bei den Kunden und der Bootsfahrergemeinde in Santa Barbara, wo das Unternehmen über eine Flotte von drei Booten verfügte, wie die Ermittler der NTSB* recherchierten. Die Conception hatte ihre beiden letzten Sicherheitsinspektionen der Küstenwache bestanden.

Doch die Ermittler rügten das Unternehmen und den Kapitän wegen einer ganzen Litanei von Problemen, darunter das Versäumnis, die Besatzung in Notfallverfahren zu schulen.

Ryan Sims, der erst seit drei Wochen an Bord des Bootes gearbeitet hatte, sagte den Ermittlern, er habe den Kapitän gebeten, am Tag vor dem Brand Notfallpläne zu besprechen. "Wenn wir Zeit haben", antwortete Boylan, berichtete Sims. "Ich wusste nicht, wie die Verfahren sein sollten", sagte Sims und wiederholte, was andere Besatzungsmitglieder den Ermittlern sagten.

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Das NTSB sagte weiter, das Fehlen einer Nachtwache habe es dem Feuer ermöglicht, sich schnell auszubreiten und die Opfer unter Deck von jeglichem Fluchtweg abzuschneiden. Die Behörde beanstandete auch die Küstenwache, weil sie die Forderung nach einer Brand-/Nachtwache nicht durchgesetzt hatte, und zitierte Aufzeichnungen, aus denen hervorgeht, dass seit 1991 niemand mehr bestraft wurde, weil er keine Nachtwache gestellt hatte.


* Das NTSB (National Transportation Safety Board) ist eine US-amerikanische Verkehrsbehörde. Die unabhängige Behörde ist mit der Aufklärung von Unglücksfällen im Transportwesen befasst.


Alle Berichte zu diesem Themenkomplex

02.9.19 - Kalifornien: Brand auf Tauch-Safarischiff - mehrere Tote
03.9.19 - 34 - Todesopfer bei nächtlichem Brand auf Tauchschiff „Conception“ vor Kaliforniens Küste
13.9.19 - Voruntersuchung abgeschlossen: Neue Details zum „Conception“-Desaster