34 Todesopfer bei nächtlichem Brand auf Tauchschiff „Conception“ vor Kaliforniens Küste

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03.09.2019 13:56
Kategorie: News

Der Gruppen-Schlafraum wurde zur Todesfalle

Die unfassbare Feuer-Katastrophe auf dem US amerikanischen Liveaboard „Conception“ hat vermutlich 34 Todesopfer gefordert. Nach derzeitigem Ermittlungsstand überlebten nur fünf Menschen das Feuerinferno, das in der Nacht auf Montag gegen 3.30 Uhr morgens auf dem für Taucher konzipierten Schiff ausgebrochen war.

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Die dreitägige, bis Montagabend geplante Tauchreise, führte vom kalifornischen Santa Barbara hinaus zu dem rund 30 Kilometer vor der US-Küste liegenden Channel-Islands Nationalpark, einer besonders bei Tauchern beliebten Inselgruppe. Die “Conception“ lief am Samstag und Sonntag mehrere rund um die Insel Santa Cruz liegende Tauchplätze an und ankerte in der Nacht von Sonntag auf Montag auf der Nordseite der Insel in der Nähe von Twin Harbors unmittelbar unter der Küste nur wenige Meter vom Ufer entfernt.

Das Feuer ist laut Aussagen gegen 3.30 Uhr ausgebrochen und hat offenbar sehr schnell um sich gegriffen und das gesamte Schiff erfasst. Mitschnitte der US-Küstenwache verzeichneten den Mayday-Notruf eines Besatzungsmitgliedes, der kurz nach 3.30 Uhr einlief. Der Notrufabsender konnte dann aber wegen der starken Rauchentwicklung den Dialog mit der Coastguard nicht weiterführen.

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25 Opfer geborgen

Als Küstenwacht-Löschboote am Ankerplatz der „Conception“ eintrafen, bot sich ihnen ein verheerendes Bild, denn das 1981 in Long Beach, Kalifornien gebaute 24 Meter lange Tauchschiff war inzwischen fast vollständig bis auf den noch schwimmenden Rumpf heruntergebrannt.

Im Laufe des gestrigen Tages wurden  25 Tote geborgen, neun Taucher gelten noch als vermisst. Fünf der vermissten Taucher sollen bereits unter dem Schiff geortet worden sein. Wegen der widrigen Wetterbedingungen konnten die fünf gesichteten Toten aus dem maximal bis 20 Meter tiefen Wasser noch nicht geborgen werden.

Nur fünf Personen haben anscheinend den verheerenden Brand überlebt. Nach Meldung amerikanischer Medien soll es sich um den Kapitän und vier Besatzungsmitglieder handeln, die im Bereich des Oberdecks geschlafen hatten und sich durch einen Sprung ins Wasser retten konnten.

Erste Ermittlungen deuten darauf hin, dass der Brand im Bereich der zentralen Schlafunterkunft der Gäste oder im Stockwerk darüber - in der Küche, bzw. bei den Akku-Ladestationen - ausgebrochen sein muss. Das Schiff verfügt über keine Kabinen, wie es bei klassischen Liveaboards her üblich ist, sondern nur über einen zentralen Gruppenschlafraum in dem in 13 Doppelbetten und 20 Einzelbetten die bis zu 46 Gäste platziert wurden.

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Die Doppelbetten waren zweistöckig und die Einzelbetten als dreistöckige Schlafeinheiten übereinander positioniert (siehe auch Decksplan). Die enge Belegung im Schlafbereich erzeugte eine wirtschaftlich optimale aber wenig komfortable Belegung. Dieses Konzept war aber bei vielen Tauchern sehr beliebt, denn es handelte sich bei den Ausfahrten in der Regel nur um dreitägige Kurztripps die mit Preisen von etwa 600 € für US-Verhältnisse noch relativ günstig waren.

Das Schiff war offenbar mit einer vollautomatischen CO2-Löschanlage im Bereich des Maschinenraums ausgestattet und hatte nach Medienmeldungen vor kurzem noch eine Überprüfung durch die US Coastguard bestanden. „Die in den USA laufenden und zertifizierten Schiffe unterliegen sehr strengen Vorschriften und erfüllen sicherlich die weltweit führendsten Standards im Bereich Schiffssicherheit“, sagte Uwe Nehls von „Schöner Tauchen“ zu Taucher.Net. Der Tauchreisespezialist und absolute Kenner der Tauch-Liveaboard-Szene konnte zu dem abgebrannten Schiff aber keine näheren Angaben machen. „So etwas haben wir bei uns nicht im Programm“, sagte Nehls zu Taucher.Net.

 

Feuer blockiert Fluchtweg aus dem Schlafraum


Dieses auf Maximalbelegung ausgerichtete Konzept hat schon bei oberflächlicher Betrachtung der Deckspläne einige eklatante Schwächen, die auf deutschen Schiffen und in Liveaboard-Standards so nie genehmigt worden wären. Ein einziger Schlafraum mit bis zu 46 Personen mit nur einem einzigen Aufgang zum oberen Deck und ohne weitere Fluchtwege (bzw. ein Notausstieg der aber in den gleichen Raum führt wie der normale Ausgang - also kein Sicherheitsgewinn) würde von deutschen Behörden und vom TÜV so sicherlich nicht als genehmigungsfähig eingestuft werden.

Bernard Wächter von „Bluewater Safaris“ war bestürzt von der dramatischen Meldung und ebenfalls völlig überrascht: “Ein solcher Decksplan widerspricht allen bekannten Sicherheitsregeln. Für so viele Menschen nur ein einziger Ausgang ohne weiteren Fluchtweg, das ist ja Wahnsinn“, sagte Bernard, der zurzeit mit der M/Y Independence 2 und der M/Y Quick Shadow zwei Livaboards für Taucher in Ägypten betreibt.
Bei uns haben die unteren Kabinen einen Aufgang zum Restaurant und es gibt einen zweiten Fluchtweg durch die vorderste Kabine hinauf an den Bug des Schiffes also Fluchtwege in verschiedenste Bereiche des Schiffes. Jede Kabine ist zudem mit Feuerlöscher ausgestattet und die Aufenthaltsräume und das Restaurant sind mit größeren Löschanlagen versehen“, erläutert der seit Jahren im Liveaboard-Geschäft tätige Eigner von Tauchschiffen.

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Feuer an Bord

„Feuer an Bord“ ist ein Warnruf, der zu den gefürchtetsten der Seefahrt gehört. Und das betrifft nicht nur kleine Ausflugsschiffe oder Tauchboote, sondern auch die Großschifffahrt, die kürzlich mit dem Untergang des RoRo-Schiffes „Grande America“ vor der französischen Biscayaküste auch einen Totalverlust durch Feuer erlitt.

So dramatisch, wie die Vorkommnisse auf der „Conception“ abliefen, hatte es die für Taucher spezialisierte Touren-Schifffahrt bisher aber noch nicht erlebt. Über die Ursachen und den genauen Ort des Ausbruchs des Brandes wird zurzeit noch gerätselt. Die geretteten fünf Besatzungsmitglieder wurden von der Coastguard und den ermittelnden US-Behörden inzwischen schon verhört. Weitere Informationen zu den Ergebnissen der Befragung gibt es aber noch nicht.

In US-Medien wird die Vermutung geäußert, dass der Brand in dem zentralen Schlafraum oder der darüber liegenden Küche ausgebrochen sein könnte und der einzige Fluchtweg daher nicht passierbar war. Fast absurd, denn das Schiff lag nur wenige Meter vom rettenden Ufer der Insel Santa Cruz entfernt.

Was den Brand zusätzlich beschleunigt haben könnte, war der Umstand, dass auch Sauerstoffflaschen an Bord gewesen sein sollen.

Über den weiteren Verlauf der Bergungsaktion und die Ergebnisse der Ermittlungen wird Taucher.Net euch auf dem Laufenden halten. (hap)

 

Update 4.9.2019

 

Die kalifornischen Behörden haben mittlerweile offiziell bestätigt, dass 34 der insgesamt 39 Menschen auf dem brennenden Schiff „Conception“ vor der Küste von Santa Cruz Island ums Leben gekommen sind. Die Suche nach möglichen Überlebenden wurde mittlerweile beendet, die Bergung der Leichen dauert an.

 

Bislang konnten 20 Opfer aus dem Wasser geborgen werden. Die Einsatztaucher haben aber weitere Leichen in den gesunkenen Wrackteilen gesehen, teilte Sheriff Bill Brown mit. Aktuell wird mit höchster Priorität das Schiffswrack stabilisiert, damit die Taucher weiter arbeiten können. 

 

Noch immer ist nicht bekannt, wie das Feuer in den finsteren Morgenstunden des Montags ausbrechen konnte. Aber es verbreitete sich mit rasender Geschwindigkeit. Jeglicher Ausweg aus dem Unterdeck, wo die Menschen dicht beieinander in Kabinen schliefen, war anscheinend in kürzester Zeit von Flammen versperrt.


Weitere Informationen:
Originalmeldung zum Brand (2.9.2019)

Voruntersuchung zum Brand abgeschlossen (13.9.2019)