Club Aldiana auf Zypern

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27.04.2016 20:29
Kategorie: Reise

Tauchen unter Freunden?

Ferne Ziele, exotische Destinationen? Kein Problem! Richtig hart wird es für unseren Autor Linus Geschke erst, wenn ein All-inclusive-Club am Mittelmeer auf dem Programm steht. Wie man unter quietschvergnügten Kindern und Helden des Alltags dennoch sein persönliches Glück finden kann, zeigt dieses subjektiv geprägte Experiment.

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Bericht von Linus Geschke

Es ist eine Szene wie aus einem Gerhard Polt-Film: Ein All-inclusive-Ferienclub am Mittelmeer, mitten in den Sommerferien, bevölkert mit Horden schreiender Kinder. Für viele Taucher, seien wir ehrlich, ein Alptraum. Und dennoch bin ich jetzt hier: In einem All-inclusive-Ferienclub am Mittelmeer, mitten in den Sommerferien und umgeben von Kinderhorden. Wenigstens schreien sie nicht.

Schuld daran ist das eigene Kind. Emma heißt es, ist zehn Jahre alt und hat dummerweise nur in den Ferien Schulfrei. Also ausgerechnet dann, wann auch alle anderen Kinder Ferien haben. Ich schaue mich um und kann es kaum glauben: Erst sechs Wochen ist es her, dass ich mit dem Fotografen Martin Strmiska in Nicaragua war, auf einer abgelegenen Insel, von Dschungel und palmenbedeckten Stränden umgeben, eine Reise wie ein Traum – ist das jetzt die Strafe dafür?

Wenigstens meine Freundin hat sich schon wochenlang auf Zypern gefreut. Auf Sonnentage am Pool, auf den Genuss des süßen Nichtstun, auf Cocktails in den Abendstunden. Und, das auch: Auf den ein oder anderen Tauchgang. Innerhalb der Anlage gibt es eine Werner Lau Tauchbasis, und der Gedanke daran war in den Tagen vor der Abreise so etwas wie mein persönliches Trostpflaster. Egal, was über Wasser kommen mag – unter der Wasseroberfläche ist Ruhe!

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Der Club Aldiana liegt im Süden Zyperns, eine halbe Stunde vom Flughafen Larnaca entfernt, und wie alle anderen Aldiana-Clubs wirbt er mit dem Motto „Urlaub unter Freunden“, was bei mir den ersten innerlichen Schreikrampf auslöst. Und damit die Gäste dieses Motto auch nicht vergessen, gibt es sogar ein Lied dazu, welches die Animateure morgens am Pool singen, wobei sie mit den Händen immer ganz seltsam in der Luft wackeln. Ich verdrehe dabei die Augen, Emma findet es klasse, meine Freundin lacht, wahrscheinlich über mich.

Dabei bin ich gerade dabei, der Anlage positive Seiten abzugewinnen: Das Essen ist hervorragend, die Zimmer ebenso, und alles ist so weitläufig gehalten, dass man überall ruhige Ecken findet. Außerdem bekomme ich auf zehn Ascheplätzen die Gelegenheit, mal wieder den Tennisschläger zu schwingen: Der letzte Versuch liegt ja erst 20 Jahre zurück, war also quasi vorgestern.

Persönliches Fazit nach den ersten zwei Tagen: Es hätte schlimmer kommen können.

Tabaluga und die Alltagshelden

Korrigiertes Fazit nach drei Tagen: Es kommt schlimmer!

Schuld daran ist das clubeigene Theater, in dem nach dem Abendessen Shows aufgeführt werden, die sich bevorzugt an Kinder richten. Da das eigene unbedingt hinwollte („Biiiiiitte!“), sitzt man auf Bänken und schaut sich irgendeinen grünen Drachen an, der mit irgendeinem Schneemann irgendeine Meinungsverschiedenheit hat. Der Nachwuchs grölt, die Mütter lächeln und die Männer drumherum sehen ähnlich genervt aus wie ich. In diesem Moment fühle ich mich ihnen unglaublich verbunden, diesen Helden des Alltags, die stoisch Dinge ertragen, die man später an der Hotelbar selbst mit Bier „nicht mehr geraderücken kann“.

Doch dann passiert etwas, dass ich mir selbst rückblickend nicht so leicht erklären kann: Alles fällt ab. Der Stress, die Erwartungshaltung und das Gefühl, dass eine Reise unbedingt mit einem Abenteuer verbunden sein muss. Das Kind ist glücklich, die Frau ist glücklich, und ich bin es plötzlich auch. Lasse mich die nächsten Tage einfach nur treiben und beginne, das Clubleben anzunehmen, wie es ist. Lerne sogar die Vorteile schätzen: Die niemals aufdringlich wirkende Animation, die perfekte Kinderbetreuung, die dafür sorgt, dass man den Nachwuchs meist nur zu den Essenszeiten zu sehen bekommt und die Stunden auf dem Tennisplatz verbunden mit der Erkenntnis, dass 20 Jahre Pause vielleicht doch ihre Spuren hinterlassen haben.

Die restliche Zeit zieht an einem vorbei wie ein träge dahinfließender Fluss. Aufstehen, Frühstück, Pool, Sonne, Abendessen. Man tut nichts und dennoch rasen die Stunden, während man selbst stillsteht. Auch das Tauchen haben wir auf den nächsten Tag verschoben, dann auf den Tag darauf. Hier kann man jederzeit alles machen, müssen muss man nicht. Ich lese Bücher, die ich immer schon lesen wollte, und höre Musik, die ich ewig nicht gehört habe. Stelle fest, dass Don Winslow göttlich schreibt und Depeche Mode immer noch göttlich klingt. 

Natürlich könnte es einem leicht fallen, sich über einige Dinge lustig zu machen. Natürlich ist die Freundlichkeit, die einem überall entgegenschlägt, teilweise aufgesetzt und nicht mit der indigener Völker zu vergleichen. Aber ist das wirklich schlimm? Die Menschen, die hier arbeiten, machen andere Menschen, die hier ihren Urlaub verbringen, glücklich. Und das ist eine schwierige Aufgabe – schwerer zumindest, als sich darüber lustig zu machen. „Natürlich muss man vor den Gästen auch mal eine Rolle spielen“, sagt der österreichische Clubchef Walter Kril. „Aber das würde nicht immer und nicht jeden Tag gehen. Die Angestellten hier haben Spaß an ihrem Beruf, so einfach ist das. Deshalb sind die meisten Mitarbeiter ja auch schon lange hier.

Fazit nach fünf Tagen: So langsam glaube ich, dass ich das auch glaube.

Annäherung unter Wasser
Die  Frage nach der Klasse eines Tauchgebiets hat viel mit der eigenen Erwartungshaltung zu tun, das wissen wir alle. Zypern und Weltklasse-Tauchen? Passt nicht in einen Satz, auch wenn ein Hamburger Tauchmagazin das gerade noch behauptet hat. Das Fischleben ist mau, die Unterwasserlandschaft nicht sonderlich spektakulär, und dennoch: selbst erfahrene Taucher können hier auf ihre Kosten kommen. Sie müssen sich der Destination Zypern nur anders nähern als den Malediven.

Unweit von Larnaca, direkt vor der Hafenausfahrt, liegt das Wrack der Zenobia: Eine 172 Meter lange Fähre, die 1980 gekentert ist. Heute ruht sie in 43 Meter Tiefe auf der Backbordseite wie in einem ewig währenden Dornröschenschlaf. Man entdeckt dort Fischschwärme, Barrakudas und dutzende Zackenbarsche, aber vor allem einen stählernen Koloss, der zu Recht in jeder Bestenliste über Wracktauchgänge auftaucht. Ein Tauchgang ist bei weitem nicht genug, zwei müssen es mindestens sein und auch nach dem dritten oder vierten hat man noch lange nicht alles gesehen: Dieser Spot genügt wahren Altmetallenthusiasten für einen ganzen Tauchurlaub.

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Gerade dann, wenn es in die inneren Bereiche geht. Man gleitet die Passagiergänge entlang und springt dabei von Lichtkegel zu Lichtkegel, erzeugt durch die Fenster in der Bordwand. Anschließend ein Besuch in der Cafeteria. Oder, bei entsprechender Erfahrung, ein Vorstoß in den zweiten Laderaum, der durch eine kleine, quadratische Luke führt und sich dann zu einem riesigen Raum öffnet, in dem LKWs kreuz und quer liegen, als hätte ein zorniger Riese mit ihnen Domino gespielt. Die Tauchlampe gleitet über Reifen, Fahrgestelle und Aufbauten hinweg, reißt immer wieder neue Details aus der Dunkelheit, während man selbst sich nicht sattsehen kann an diesem Friedhof der stählernen Giganten. (Siehe auch detaillierte Berichte zur Zenobia: Ein ruhender Gigant)

Direkt nach dem Auftauchen das nächste Fazit: Zypern und ich – da geht was!  

Und sonst? Ist das Grotten- und Höhlensystem von Cap Greco ist ebenfalls mindestens einen Tauchgang wert, ebenso die beiden kleinen und künstlich versenkten Wracks bei Limassol. Dazu kommt ein Tagesausflug nach Nordzypern, den die Basis regelmäßig anbietet. Alles weitere, was im Programm steht, kann man machen, muss man aber nicht. Vielgereiste Taucher verpassen nichts Weltbewegendes, wenn sie es auslassen. (Nähere Informationen zu den Tauchplätzen)

Das sieht der Basenleiter ebenso: „Für einen Hardcore-Tauchurlaub mit drei Tauchgängen am Tag ist Zypern sicher das falsche Gebiet. Zu uns kommen Leute, die im Urlaub entspannen wollen. Viele Familien, bei denen sich Eltern über die Kinderbetreuung freuen, während sie ab und zu tauchen gehen. Und dafür gibt es kaum ein besseres Ziel: Wir haben zwar nicht viele Topplätze, aber die, die wir haben, sind wirklich gut!

Dieser Zielgruppe angepasst ist auch die Preisgestaltung. „Bei Destinationen wie den Malediven oder Ägypten, wo das Tauchen im Vordergrund steht, bieten wir immer Pakete mit zehn oder 20 Tauchgängen an“, sagt Stefanie Völkers, die das deutsche Werner Lau Büro leitet. „Auf Zypern jedoch ist das anders: Da haben wir aufgrund der Kundenvorlieben auch Pakete mit sechs Tauchgängen im Angebot, die bei Vorausbuchung schon ab 180 Euro zu haben sind.

Fremdwort: Langeweile
Und für Ausbildungen ist dieser Ort sowieso ideal: Kurze Wege bis zum Wasser, einfache Bedingungen, dazu finden die Kurse immer in kleinen Gruppen statt. Zwei Personen sind der Normalfall, mehr als vier werden es nie. Und wenn man das Mittelmeer nicht nur unter, sondern auch über der Wasseroberfläche erleben will, kann man einen Ritt auf einer gelben Gummibanane buchen oder sich einen gut motorisierten Jet-Ski leihen, der per GPS-Ortung automatisch auf Schrittgeschwindigkeit gedrosselt wird, sobald er sich dem Strand nähert.

Später dann, an der wunderschönen Strandbar, der Realitätscheck im Internet: Ist der immer stärker werdende „Wohlfühlfaktor“ subjektiv bestimmt oder kann man ihn durch Fakten belegen? Man kann: Bei Holidaycheck.de hat die Anlage eine durchschnittliche Bewertung von 5,5 von 6 Sternen, die Weiterempfehlungsquote liegt bei sagenhaften 95 Prozent. Wenn man andere Gäste vor Ort nach dem Warum fragt, gibt es die immer gleiche Antwort: Weil hier einfach alles passt, von den Zimmern über das Essen bis zur Tauchbasis. Es gibt keine versteckten Kostenfallen, keine aufdringliche Animation, dafür aber ein reiches Angebot. Und wenn das so viele behaupten, muss ja irgendwas dran sein.

Man sagt, dass Reisen bildet und Vorurteile über Bord gehen lässt: Bei mir zum Beispiel jenes, das ich zuvor von einem Cluburlaub hatte und das von nervigen Animateuren und aufgesetzter Fröhlichkeit geprägt war. Oder von Tauchgebieten, die immer toller und spektakulärer sein müssen. Müssen sie nicht. Und vielleicht ist dieses „nicht müssen“ auch das Geheimnis hinter allem: Wenn man alles kann und nichts davon muss, entsteht Freiheit.  

Mein letztes Fazit ziehe ich im Flieger, der uns zurück nach Deutschland bringt: Diesen Sommer bin ich nicht gereist. Ich habe nichts erkundet und nichts entdeckt, was nicht schon Tausende vor mir erkundet und entdeckt haben. Ich habe in den letzten Tagen, ganz einfach, nur Urlaub gemacht. Die Füße hochgelegt, die Seele baumeln lassen, kulinarische Köstlichkeiten genossen und ein Wrack betaucht, welches mich durchweg begeistert hat. Das klingt jetzt vielleicht nicht so spektakulär wie ein Trip nach Taka-Tuka-Land, aber es hat unglaublich gut getan: Ein „Urlaub unter Freunden“ halt.

Informationen Zypern

Insel:
Zypern ist die drittgrößte Insel im Mittelmeer und seit Mai 2004 Mitglied der Europäischen Union. Ihre Geschichte ist ebenso spannend wie abwechslungsreich. Viele Kulturdenkmäler, Bauten und historisch bedeutende Dörfer machen sie auch für Kulturinteressierte ebenfalls interessant.

Anreise:
Die rund 9250 Quadratkilometer große Insel wird von vielen deutschen Flughäfen direkt in rund vier Stunden angeflogen. Zur Einreise genügt ein Personalausweis. Der Transfer zum Club Aldiana vom Flughafen Larnaca aus dauert rund 30 Minuten, der von Paphos anderthalb Stunden. Die beste Reisezeit liegt zwischen Anfang April und Ende Oktober.

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Clubanlage:
Der Club Aldiana verfügt über insgesamt 300 Zimmer in zwei- und dreistöckigen Gebäuden, die sich auf dem 78.000 Quadratmeter großen Areal verteilen. Neben dem Tauchen werden auch Tennis, Yoga, Radsport, Aqua-Fitness, Windsurfen, Segeln und weitere Sportmöglichkeiten angeboten. Die Kinderbetreuung ist ebenso perfekt wie liebevoll organisiert, das Essen hervorragend. Mehr Informationen unter: www.aldiana.de

Tauchen:
Die meisten Tauchplätze sind für Anfänger geeignet. Highlights sind das Wrack der Zenobia und das Grottensystem bei Cap Greco. Siehe auch Zypern auf Taucher.Net.

Tauchbasis:
Die sich in der Anlage nahe des Strandes befindliche Tauchbasis gehört zu Werner Lau und bietet den von dem Unternehmen bekannt guten Service. Das Leihequipment ist durchweg neuwertig, getaucht wird in kleinen Gruppen. Ausbildungen finden nach den Richtlinien von SSI, IAC oder PADI statt. Für zertifizierte Taucher wird Nitrox kostenlos angeboten. Mehr Informationen: www.wernerlau.com. (Die Basis auf Taucher.Net).