Wahoo Diving, Santa Maria, Azoren

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rfrRescue298 TGs

Geheimtipps sollten ja normalerweise geheim bleib ...

Geheimtipps sollten ja normalerweise geheim bleiben, aber beim Tauchen auf Santa Maria kann getrost eine Ausnahme gemacht werden. Die 3 verfügbaren Boote von Wahoo-Diving sind die einzigen Tauchboote auf der Insel und brauchen wohl bis auf weiteres nicht am Boden nummeriert zu werden, damit die Taucher aufs richtige Boot zurückfinden.
Hier hat die Taucherei noch ihren ursprünglichen Reiz und – um es gleich vorneweg zu sagen – Taucher, die nur zu Wasser gelassen, ihre 200 Bar verblubbern und dann wieder aufgefischt werden wollen, werden hier nicht sehr glücklich.
Auch das Nachtleben auf Santa Maria ist bis auf das regelmäßig im August stattfindende Musikfestival eher nicht existent.
Wer aber etwas Besonderes erleben will und dafür auch mit anpackt, der kommt hier voll auf seine Kosten.
Los geht´s ganz einfach mit einem Blick auf ww.wahoo-diving.de und/oder einer Email an Mr. Wahoo – Robert Minderlein – und eine erste Beratung folgt auf dem Fuße. Ebenso unkompliziert ist die Rund-Um-Sorglos-Buchung mit Mietauto (unabdingbar, ohne Auto geht´s auf der Insel nicht), Ferienhaus und Tauchpaket.
Von München aus gibt es Direktflüge mit der SETA auf die Hauptinsel Sao Miguel, Flugdauer knapp 5 Stunden. Obwohl die Azoren fast auf dem halben Weg über den Grossen Teich liegen, betrachten die Einwohner von Sao Miguel die anderen 8 Azoreninseln als die ´Inseln´ und ihre Insel als Festland - Perspektive!
Weiter nach Santa Maria geht es dann nach kurzem Zwischenstopp mit einer Turboprop, für die zwar Bordkarten verteilt werden, aber ohne Sitzplatznummerierung. Ein erster Hinweis, dass auf den Azoren allgemein der eher locker familiäre Stil gepflegt wird. Nach einer halben Stunde Flug setzt der Stoppelhopser dann auch schon wieder zur Landung an und man traut seinen Augen nicht: der Airport ist für seine heutigen Zwecke mindestens 3 Nummern zu groß! War er doch vor noch nicht allzu langer Zeit der Zwischenlandeplatz der ganz großen Vögel bei Flügen von Europa nach Südamerika und umgekehrt.
Das Tauchgepäck im Schlepp – vorher anmelden schadet nicht – sucht der Taucher dann nach einem gutsichtbaren Hinweis oder einer Person, die so ausschaut, wie man sich eben Tauchbasisbetreiber vorstellt. In die aufkommende Gedankenkette, was alles hat schief gehen können, fragt dann plötzlich ganz vorsichtig von der Seite ein zierliches Frauenpersönchen: ´Ihr wollt doch sicher zu Wahoo-Diving?´ und stellt sich als Petra vor. Den Tauchlehrerschein und das Kapitänspatent sieht man Mrs. Wahoo bei der ersten Begegnung nicht an.
Den Taucherrucksack ins bereitstehende Mietauto und ab geht´s dem ´Tauchtruck´ hinterher quer über die Insel und, schon wieder staunen: nach einer knappen halben Stunde Fahrt fast immer bergauf – es wird immer dunkler und die Strassen immer enger – sind wir plötzlich da. Die erste Tauchbasis in einer langen Taucherkarriere auf dem Berg! Hinterher stellt sich diese, für eine Wassersportaktivität etwas ungewöhnliche Lage als ideal heraus. Je nach Windrichtung, nicht vergessen, wir sind mitten im Nordatlantik, ist die Insel-Lee-Seite immer einfach und schnell zu erreichen, wo eines der Boote festgemacht ist.
Zum normalen Tauchbetrieb treffen sich die Taucher gegen halb Zehn bei Robert an der Basis, es sei denn ein Trip zu den Formigas – 40 km nordöstlich von Santa Maria – steht auf dem Programm, dann sollten die Wecker mindestens eine Stunde vorher gestellt werden. Zum Eintauchen geht es zu den etwas leichteren Tauchplätzen in Inselnähe. Die Sichtverhältnisse sind üblicherweise gut bis sehr gut und der Fischreichtum steht dem in tropischen Gewässern in nichts nach, im Gegenteil! Nur riffbildende Korallen fehlen aufgrund der etwas niedrigeren Wassertemperaturen. Für Frierhutzel und Schlotterbecks ist daher ein 5 mm Zweiteiler mit Kopfhaube angeraten, weniger empfindliche Naturen kommen auch mit einem Einteiler zurecht. Der Tauchcomputer registrierte im August an der Oberfläche 24 Grad und am kältesten Punkt 20 Grad.
Zu den taucherischen Höhepunkten zählen zweifelsfrei die Freiwassertauchplätze Ambrosia und Mar da Barca. Hier geht’s zuerst auf 45m bzw. 40m am Bojenseil hinunter zu ebenso kapitalen wie neugierigen Zackenbarschen und, nach wie immer zu kurzer Grundzeit, in angemessenem Tempo wieder hinauf auf 15 bis 10 Meter zum Großfisch gucken. Schon beim Aufstieg lassen die unterschiedlichen Delphinarten ihr, für uns Blubbermonster, so faszinierendes Pfeifkonzert ertönen. Mantas, hier meistens Mobulas, und Schildkröten gehören zum Standardprogramm, mit etwas Glück schaut auch einmal ein Blauhai vorbei, laut Robert leider immer seltener, die unsägliche Jagd auf die Haie und ihre Flossen zeigt leider auch im Nordatlantik bereits fatale Wirkung. Bleibenden Eindruck auf die Taucherseele macht das freie Driften im unendlich erscheinenden Blau und in der sich nach unten ins Dunkel schließenden Kathedrale aus Bündeln diffuser Sonnenlichtstrahlen.
Ein Vergnügen besonderer Art sind die so genannten Inselausfahrten. Mit Neopren und ABC-Ausrüstung geht’s im Schlauchboot aufs offene Meer hinaus. Jede auch noch so kleine Unregelmäßigkeit auf der meistens etwas kabbeligen Oberfläche ist hier viel versprechend, von der ´ordinären´ Schildkröte über die verspielten Fleckdelphine, die oft bis 20 Minuten am Boot bleiben und den etwas reservierten Tümmlern bis hin zu den extrem scheuen Schnabelwalen sind sogar Pottwalsichtungen keine Seltenheit. Das absolute Highlight bei der Inselausfahrt sind aber die Schwärme von Bastardmakrelen, die, wenn sie an die Oberfläche kommen, durch eine kreischende Wolke von Gelbschnabelsturmtauchern, dem kleinen Bruder des Albatros, angezeigt werden. Die Fische, von unten durch Bernsteinmakrelen und Delphine und von oben von den Vögeln gleichzeitig attackiert, bilden dann zum vermeintlichen Schutz eine Fischwalze, die sich wie ein großer Organismus bewegend durch Flucht dem ´Großen Fressen´ zu entziehen versucht – meistens vergeblich.
Übrigens, die Ausfahrten dauern unter Umständen mehrere Stunden, also: Brotzeit nicht vergessen.
Die Brotzeit – für die Nordlichter: Brotzeit = kleiner, deftiger Snack – sollte auf keinen Fall fehlen, wenn die Formigas auf der Agenda stehen. Daß es sich hier um keine langweilige Kaffeefahrt handelt, unterstreicht schon die Zusatzausrüstung zum normalen Gerödel: zweiter Außenborder, doppelte Spritmenge und Notsegel. Der Ritt auf dem breiten Außenwulst des ehemaligen Bundeswehrpionierschlauchbootes dauert je nach Wetter- und das heißt hier vor allem Windverhältnissen, mindestens eine volle Stunde, meistens jedoch mehr. Die 40 km Fahrt zu den paar abgelegenen Lavafelsen im Atlantik, die von einem unbemannten Leuchtturm gekrönt werden, lohnt aber auf jeden Fall. Die Formigas sind ein im Fischereischutzgebiet liegender ´Sea Mountain´, der sich aus den Tiefen des Mittelatlantischen Rückens herauf bis knapp unter die Oberfläche erstreckt. Die vom warmen Golfstrom angelieferte Planktonfracht und die günstigen Strömungsverhältnisse sorgen dafür, dass im Wasser alles ein bisschen größer ausfällt als normal: Zackenbarsche und Bernsteinmakrelen mit 30 – 40 kg Gewicht, fette Meeräschen in Schwärmen. Wahoos, Mantas und Seidenhaie nahe der Oberfläche lassen das Taucherherz höher schlagen.
Etwas lästig kann sich die Dünung auswirken, die sich unter Wasser als Schwell fortsetzt und dem Taucher das Gefühl vermittelt, er schwimmt ständig gegen die Strömung, egal in welche Richtung er sich auch dreht.
Mit etwas Glück im Tauchgepäck bietet sich auf der Rückfahrt dann vielleicht – so zu sagen im Vorbeifahren - die Gelegenheit, mit Delphinen zu schnorcheln oder einen ´Potti´ zu sichten.
Auf jeden Fall schmeckt das Abendessen nach der Formigas-Tauchfahrt ganz besonders gut.

Für den Abenteuerfaktor, die individuelle Betreuung und die Begeisterung, die Robert bei jeder Ausfahrt aus den Augen blitzt und auf seine Taucher überträgt gibt es als Bewertung 6 Flossen. Ich fahre bestimmt wieder hin.

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