Teile:
07.07.2017 08:50
Kategorie: Reise

Tauchen auf der Grenze

Einsame Buchten, umhüllt von endlosen Sandstränden. Das knallige Türkis des Meeres im Wettstreit mit dem tiefen Grün des danebenliegenden Regenwaldes, gesäumt von Bergketten, an deren Spitzen die Wolken einen Nebeltanz veranstalten -  das ist Tobago. Unter Wasser hingegen präsentiert sich die Karibikinsel im Norden mit der rauen Vielfältigkeit des Atlantiks: bizarre Felsformationen und intakte Riffe, wie man sie nur noch selten findet.

Gallery 1 here

Ein Bericht von Sarah Wünsche

Sieben Uhr morgens. Sonnenstrahlen erleuchten das gemütliche Hotelzimmer, welches in karibischen Farben gestrichen ist. Schon während man die Balkontür öffnet hat man den Geschmack von Salz auf der Zunge, riecht das Meer, dessen Wellenrauschen einen Tag und Nacht begleitet. Untermalt von den Gesängen verschiedenster Vogelarten fällt  das Aufwachen nicht schwer: ein wahres Fest für die Sinne.

Stark wankend liegt das Tauchboot knapp drei Stunden später in den Wellen des Atlantiks. Mühsam reicht der 41jährige Steven sein Blei und seine Flossen nach oben. Noch eine letzte kleine sportliche Anstrengung, dann hat er das Deck des Schiffes erklommen. Die Augen des erfahrenen Tauchers leuchten. „Ich liebe die Brothers in Ägypten. Daher musste ich unbedingt einmal das Pendant – die Sisters vor Tobago – betauchen.“ Und er wird nicht enttäuscht. Aus über 40 Metern Tiefe ragen fünf Felstürme über die Wasseroberfläche hinaus, durchzogen von zerklüfteten kleinen Höhlen, welche die bizarre Unterwasserlandschaft der Sisters hervorbringen. Die Strömungen kommen von links, von rechts, von oben und unten. Dafür findet man eine Artenvielfalt, wie man sie um eine Karibikinsel herum nicht erwartet.


Während das Tauchboot in der Pause eine der zahlreichen Traumbuchten Tobagos anfährt, berichtet Steven von seinen bisherigen Tauchgängen vor der Nordküste. Besonders beeindruckt ist er von der völlig intakten Unterwasserwelt. „Egal wohin du schaust – du siehst unzählige farbenprächtige Schwämme, Korallen und haufenweise verschiedenste Schwarmfische, die um dich herumtanzen. Nach dem fünften Lobster suchst du keinen weiteren mehr und grinst nur noch vor dich hin.“  So wie Steven erlebt es die gesamte Tauchgruppe.

Tarpone auf der Achterbahn

Nach kurzer Fahrt erreicht das Boot den nächsten Tauchspot: Flying Manta.  Zwar wurde hier noch kein Manta gesichtet, aber wer hier taucht, weiß hinterher, wie schön fliegen sein kann. Von der Strömung getragen zieht das Riff wie ein Film an der kleinen Tauchgruppe vorbei. Unter einem Felsvorsprung entdecken sie eine  Schildkröte, welche sich  bereitwillig als Fotomodel präsentiert. Schwärme von Makrelen ziehen vorbei, hier und da fühlt sich eine Muräne in ihrer Ruhe gestört. Barrakudas und Gelbflossentunas jagen umher; es sieht aus als würden sie ein Wettrennen veranstalten. An einer anderen Stelle treffen die Taucher auf beeindruckende Tarpone: Mit einer Größe von zwei Metern und bis zu 150 Kilogramm Gewicht schwimmen die großen Raubfische wie schimmernde Silberpfeile durchs Wasser.

Gallery 2 here

Zum Abschluss des Tauchgangs leitet der Guide die Gruppe zu einem schmalen Canyon mitten im Riff. „Haltet euch unbedingt an der rechten Riffwand!“, haben alle noch in den Ohren. Der Canyon zentriert die vorherrschenden Strömungen und katapultiert die Taucher mit enormer Geschwindigkeit hindurch. Wer auf Achterbahnfahrten steht,  wird diesen Spot lieben! Die strahlenden Gesichter der Tauchgruppe bestätigen anschließend den Spaß. „Wow, das war der Hammer!“, und „Würde ich am liebsten noch einmal machen.“,  bekommt man an Bord zu hören.

Urlaub im Regenwald

Rund 25 Tauchspots werden von der Tauchbasis der Extra Divers Speyside im Norden der Insel angefahren – die meisten innerhalb von 10 bis 15 Minuten Fahrzeit. Einige davon könnten zur Wahl der attraktivsten Tauchgebiete in der Karibik nominiert werden und hätten sicherlich Chancen zu gewinnen. Wer jedoch Großfisch oder Tiefe sucht wird auf Tobago nicht wirklich fündig werden: Im Schnitt beträgt die maximale Tauchtiefe 30 Meter. „Immerhin haben wir Ammenhaie, ab und zu Mantas und selbst Hammerhaie werden dann und wann gesichtet.“, erfährt man von den Basenleitern.

Eingebettet in den Regenwald, am Fuße des Gebirgszuges Pigeon Peak, bietet das kleine Hotel Nabucco´s Speyside Inn seinen Gästen einiges. Mit einfachen, aber gemütlichen karibischen Zimmern mit Meerblick, einem Pool in dem wunderschönen Garten am Berghang, dem offenem Restaurant mit creolischem Essen, erfüllt es die Ansprüche der Taucher. Man findet hier hautpsächlich zwei Arten von Gästen: zum einen neoprentragende, salzverkrustete Taucher, die  leicht an ihren gebräunten Gesichtern und ihrem Sinn für Geselligkeit zu erkennen sind. Zum anderen die Vogelbeobachter; schlaue Leute nennen sie Ornithologen. Diese sind hellhäutig oder arg gerötet, tragen Brille, Hut und Fernglas, sprechen zumeist englisch  und treten  paarweise auf. Unterschiedlicher können Menschen wohl kaum sein. Hier treffen zwei Welten aufeinander. So wie auch auf Tobago.

Gallery 3 here

Zu den kleinen Antillen gehörend, liegt Tobago mit knapp 41 Kilometer Länge und 12 Kilometer Breite mit einer Seite im Karibischen Meer, mit der anderen im Atlantik. Im Süden der Insel findet man die Stadt Crown Point mit dem – wie die Tobagonians behaupten -  angeblich schönsten Strand der Karibik : Pigeon Point. Endloser weißer Pulversand, Palmen, die sich im Wind wiegen, kleine Felsen – und ein Meer, dessen Wogen in den unterschiedlichsten Türkis- und Blautönen schimmert.  Während hier in der kleinen bunten Strandbar mit Reggaeton karibische Atmosphäre und ein Hauch Tourismus versprüht wird, imponiert der Norden mit seinen Bergen und der Natur des Regenwaldes. Und Ruhe. In Fischerdörfern wie Charlotteville oder Speyside werden ab 20 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt – wenn es denn welche gäbe. Rund um die Uhr trifft man die Dorfbewohner – wie auch die übrigen Tobagonians - beim „liming“ an.  Sie fragen sich, was „liming“ ist? Der Volkssport der Einwohner. Schilder mit „lime and beach“ oder „lime and party“ deuten darauf hin, dass nichts ohne „limen“ geht. Dabei handelt sich um das Entspannen beim Rumsitzen auf der Straße. Allein, mit  Nachbarn oder Freunden. Limen ist das Lebensgefühl der Tobagonians. Immer mit der Ruhe, immer entspannt.

Jurrasic Park mit Traumstränden

Genauso ist Danny. Der gebürtige Tobagonian kennt seine Insel, die oftmals die wahre Robinson Crusoe Insel genannt wird. „Wusstet Ihr, dass Tobago 1498 von Kolumbus entdeckt wurde und den Namen „Bella Forma“ bekam?“ fragt Danny seine Gäste. Nahezu an jeder Ecke findet man eine Traumbucht, wo sich andere Karibikinseln bereits mit einer einzigen zufriedengeben würden. Auf Tobago, scheint es, liegen die Buchten in einem internen Wettbewerb, welche die einsamste und schönste ist.

Was Danny fast noch besser kennt, ist der Regenwald. 45 Meter hohe Bäume, an vielen Stellen mit Bromelien und Orchideen bewachsen. Unzählige immergrüne Gewächse, dazu über 2100 verschiedene blühende Pflanzenarten: Hier ist der Regenwald noch ursprünglich, liegt vielerorts meist im Nebel – eine Szenerie wie aus Jurassic Park, einzig  der T-Rex fehlt, der hinter einem Riesenfarn auftaucht.

Gallery 4 here

Ein Gast zuckt zusammen, als plötzlich mehrere Papageien laut schreiend davonfliegen. Danny lacht und widmet sich den Pflanzen. Er weiß um die Heilkraft vieler Pflanzen, weiß um deren Verwendungsmöglichkeiten. Er drückt die Rückseite eines Farns auf den Stoff seines T-Shirts. Ein weißes Pulver bleibt zurück. „Das ist gut gegen Nierensteine. Koch dir einen Tee daraus. Aber nur die weiblichen, die männlichen Blätter haben keine Wirkung“. Und so durchquert man entweder in Gummistiefeln oder barfuß einen Flusslauf, stapft  über schmale Trampelpfade durch den Regenwald, bis man das Ende des Argylewasserfalls erreicht. Über acht Meilen lang ergießt er sich in 40 Poolkaskaden. Baden erlaubt – und nötig! Wer sich ein Stückchen dieses urzeitlichen Paradieses erobern will, muss sich anstrengen: bei 30°C heißt es an steilen Hängen und Felsen nach oben zu klettern. Mit etwas Glück findet man an einer Liane Halt. „Pass auf wo du hintrittst!“ ermahnt Danny unentwegt. Wer schon einmal in einer Kletterhalle war, ist hier klar im Vorteil.

Drei Stunden dauert diese Tour. Einmal quer durch den Regenwald, vorbei an Kakaoplantagen, Mango- und Papayabäumen, Kokospalmen, Bananenstauden und unzähligen Fruchtbäumen, die man noch nie zuvor gesehen hat. „Alles, was auf Tobago wächst“, so Danny, „kann man auch essen.

Da ist es nicht schwer zu glauben, dass dies die wahre Robinson Crusoe Insel ist. Ein Paradies für Ruhesuchende, Naturliebhaber und Taucher.

Weitere Informationen

Anreise: Verschiedene Fluggesellschaften bieten teils günstige Direktflüge von unterschiedlichen deutschen Flughäfen an. Zur Einreise benötigt man einen gültigen Reisepass, Gültigkeit mindestens sechs Monate.

Hotel: Das Hotel der Nabucco Kette der Extra Divers verfügt über einen Empfangsbereich mit Rezeption, einer Sitzgruppe, Internetzugang, Pool,  Restaurant und Bar. 19 Zimmer, davon 16 Doppelzimmer mit einem Doppelbett oder zwei Einzelbetten, Dusche/WC, Klimaanlage, Safe, Kühlschrank sowie Balkon oder Terrasse mit direktem Meerblick. Für Familien stehen drei Cottages mit Verbindungstür, kleiner Küche, Klimaanlage und einem großen Balkon im Garten der Anlage zur Verfügung.

Tauchen: Tobago ist je nach Tauchspot sowohl für Anfänger, als auch für sehr erfahrene Taucher geeignet. Die Wassertemperatur beträgt je nach Ort und Monat 25°C - 28°C. Ein 5mm Anzug ist als Allrounder empfehlenswert. Tauchausbildung vor Ort möglich.
Tipp: Wer die Insel wirklich erleben möchte, sollte sich einen Mietwagen ausleihen (Achtung, Linksverkehr!) und die Insel auf eigene Faust erkunden. Es gibt nur zwei größere Straßen von Nord nach Süd - Verfahren unmöglich.

Mehr Infos und Buchung:  www.rcf-tauchreisen.de/

Nabucco's Resort, Extra Divers Tobago auf Taucher.Net