Kategorie: Medizin
Es trifft mehr Menschen als man denkt
Egal ob im Sommer am Meer oder im Schwimmbad – viele Menschen leiden unter dem Problem, dass Wasser in die Ohren kommt. Das ist grundsätzlich schon unangenehm – ein leichtes Druckgefühl und alle Geräusche leicht gedämpft.
Bericht von Dr. Armin Rath
Hüpfen auf einem Bein, den Kopf zur Seite neigen – es gibt viele Hausmittel, um das Wasser wieder heraus zu bekommen. Oftmals bleibt jedoch ein Rest Wasser zurück und es entwickelt sich eine Entzündung des äußeren Gehörgangs – auch Otitis Externa genannt.
Otitis Externa äußere Gehörgangsentzündung
Die häufigsten Symptome sind Juckreiz und mittlere bis starke Ohrenschmerzen. Strahlt der Schmerz bis auf die Ohrmuschel aus, ist ein Schlafen auf der Seite oftmals nicht mehr möglich.
Je nach Grad der Entzündung und der Art der Erreger kann die Haut auch gerötet oder geschwollen sein und es treten zusätzlich Krusten oder Pusteln auf oder der Gehörgang fängt an zu nässen. Schwillt der Gehörgang zu kann es zudem zu einem verminderten Hörvermögen kommen und auch das Druckausgleichsvermögen ist oftmals eingeschränkt, sodass z.B. Tauchen nicht mehr möglich ist.
Eine Entzündung des äußeren Gehörgangs entsteht in der Regel durch das Aufweichen der empfindlichen Gehörgangshaut durch Flüssigkeiten (wie z.B. eingeschlossenem Wasser) oder kleineren Verletzungen (z.B. durch Wattestäbchen, das Tragen von Ohrenstöpseln oder Hörgeräten). Dadurch ist die Hautbarriere geschwächt und Bakterien, Pilze oder Viren können eine Entzündung verursachen.
Risikofaktoren:
• Schwimmen, Feuchtigkeit, Schwitzen.
• Schlechte Wasserqualität.
• Warme Wasser-Temperaturen.
• Warmes Klima.
• Einsetzen von Ohrenstöpseln, Gehörschutz, Hörhilfen, In-Ear Kopfhörer.
• Reinigung mit Wattestäbchen, ungenügende Ohrenschmalzbildung.
• Lokale Verletzungen und Hauterkrankungen.
• Verunreinigungen.
• Anatomische Anomalien /Veränderungen (z.B. Verengung des Gehörgangs).
Die meisten Infektionen der Otitis Externa sind bakteriell und meistens durch Pseudomonas aeruginosa und Staphylokokkus Aureus verursacht (ca. 76%).
Pseudomonaden und Staphylokokken kommen oft in warmem Wasser vor und vermehren sich besonders gut bei höheren Temperaturen wie z.B. in beheizten Pools (Kinderbecken, Whirlpools, Schwimmbädern) oder auch in wärmeren Regionen auf den Malediven, Seychellen und überall dort, wo höhere Wassertemperaturen herrschen. Dadurch sind in Regionen mit höheren Wassertemperaturen Taucher auch überdurchschnittlich oft von Infektionen des Gehörgangs betroffen. Da Pseudomonaden zudem resistent gegen Chlor sind entstehen viele Entzündungen besonders bei aktiven Schwimmern oder Kindern und Familien, die viel Zeit in Schwimmbädern mit gechlortem Wasser verbringen. Daher kommt auch die Bezeichnung „Bade-Otitis“.
Entzündungen des Gehörgangs sind verbreitet
Entzündungen des Gehörgangs treten bei ca. 10% der Bevölkerung auf. Häufiger auch bei professionellen Wassersportlern, die sich regelmäßig zum Training im Wasser aufhalten (wie z.B. Profi- und Freizeit Schwimmer) oder aus beruflichen Gründen oft im Wasser sind (z.B. Tauchlehrer, Berufstaucher) oder einfach nur Freizeit-bedingt im Tauchurlaub, im Sommer häufiges Baden im See oder Schwimmbad mit Kindern, der ganzen Familie oder Freunden.
Verengung der Gehörgänge (Exostosen (Surfers-Ear / Schwimmer-Ohr)
Surfer, Schwimmer oder auch Taucher, die vom sogenannten „Surfers Ear“ oder „Schwimmer-Ohr“ betroffen sind (Gehörgangsexostose) leiden zudem besonders häufig unter einer Otitis Externa.
Laut einer neuseeländischen Studie sind Gehörgangsexostosen unter Surfern keine Seltenheit: Bei 73 % der untersuchten Sportler ist eine Verengung des Gehörgangs nachweisbar; bei 40 % der Untersuchten betrug die Einengung des Gehörgangs mehr als 50 %. Eine vergleichbare Häufigkeit wurde auch bei kalifornischen Surfern berichtet. Aber auch bei anderen Wassersportarten wie Schwimmen, Paddeln oder Tauchen treten Gehörgangsexostosen auf.
Oftmals werden die Gehörgangsexostosen als Zufallsbefund diagnostiziert, da sie anfangs schmerzfrei verlaufen und erst später zu häufig wiederkehrenden Entzündungen des Gehörgangs oder anderen Problemen führen, was den Besuch bei einem Ohrenarzt notwendig macht.
Verursacht wird die Gehörgangsexostose wohl durch Wachstumsanreize auf die Knochenhaut im anliegende Knochengewebe. Die genauen Ursachen sind nicht alle bekannt. Man geht davon aus, dass es sich um einen multifaktoriellen Prozess handelt. Eine der Hauptursachen für die Entstehung scheinen Kaltwasser- oder auch Warmwasser-Reize durch häufiges Eindringen von Wasser in den äußeren Gehörgang zu sein, wobei kaltes Wasser einen stärkeren Reiz ausübt als warmes Wasser. Eine fortschreitende Gehörgangsexostose kann die betroffenen Patienten massiv gesundheitlich einschränken und muss gegebenenfalls operativ behandelt werden. Wird eine Exostose rechtzeitig entdeckt, kann der weitere Verlauf gestoppt werden, wenn verhindert wird, dass regelmäßig Wasser in die Ohren kommt bzw. dort verbleibt.
Tauchen
Auch Taucher kämpfen häufig mit Ohrproblemen – die Belastung der Ohren durch den Druckausgleich, mehrfache Tauchgänge pro Tag und das Tauchen in wärmeren Gewässern rufen häufig eine Otitis Externa hervor. Das Vorliegen einer Gehörgangsexostose begünstigt hierbei die Entstehung von Entzündungen. Da diese Entzündungen meistens durch Pseudomonaden oder Staphylokokken hervorgerufen werden, welche bevorzugt in wärmeren Gewässern vorkommen, sind Taucher auf den Malediven oder anderen Regionen mit hohen Wassertemperaturen häufiger von Entzündungen des Gehörgangs und Ohr-Problemen betroffen. Oftmals müssen Tauchgänge abgesagt werden, wenn der Druckausgleich nicht mehr funktioniert und Entzündungen im Gehörgang vorliegen. Eine ärztliche Versorgung ist i.d.R. auch nicht gewährleistet und mitgeführte antibiotische Ohrentropfen wirken oft nicht so schnell oder ggfls. gar nicht. Dies ist besonders ärgerlich, wenn man sich gerade an einem einzigartigen Tauchplatz befindet. Ziel ist es daher, durch vorbeugende Maßnahmen Probleme mit den Ohren möglichst ganz zu verhindern.
Therapie Otitis Externa
Die Therapie der Otitis Externa erfolgt in der Regel lokal durch antibiotische Ohrentropfen. Beim Vorliegen eines Antibiograms kann eine gezielte Antibiotika-Therapie eingeleitet werden, was auch einer Resistenz-Entstehung vorbeugt. Bei stärkeren Symptomen und Gehörgangs Schwellungen können zudem Kortikoide zum Einsatz kommen – bei starken Schmerzen zusätzlich entsprechende Schmerzmittel. In jedem Fall sollte eine anhaltende Otitis Externa vom Arzt untersucht und gezielt behandelt werden.
Prophylaxe der Otitis Externa: Es gibt wenig vorbeugende Maßnahmen, die wirklich helfen.
Vorbeugende Maßnahmen Otitis Externa:
• Die Ohren nicht mit Wattestäbchen reinigen.
• Gut sitzende Badekappe / Schutzkappe
• Bei Verwendung von Ohrstöpsel darauf achten, dass die Stöpsel weich sind und gut sitzen. (individuelle Anpassung)
• Bei Wasser im Ohr, den Kopf zur Seite zu neigen, damit es wieder herauslaufen kann. Ein leichtes Ziehen am Ohrläppchen sowie Hüpfen kann zusätzlich helfen.
• Nicht zu oft Ohrstöpsel zum Schutz vor Lärm, Staub oder Wasser oder In-Ear Kopfhörer verwenden.
• Verwendung wasserabweisender, antiinfektiv wirkender Ohrentropfen, die verhindern, dass Wasser eingeschlossen wird.
Bei Schwimmern ist der Einsatz einer eng anliegenden und über die Ohren gehenden Badekappe möglich oder auch der Einsatz von (angepassten) Ohrenstöpseln. Letzteres ist in seiner Wirkung umstritten, da schlechtsitzende und harte Ohrenstöpsel ebenfalls die Entstehung einer Otitis Externa begünstigen können. Auf die regelmäßige Reinigung der Ohren durch Wattestäbchen sollte ebenfalls verzichtet werden, da dies die schützende Schicht an Ohrenschmalz zurückdrängt und entfernt und so zu Störungen im Selbstreinigungs-Prozess der Ohren führt.
Sogenannte „Taucher Tropfen“ werden nach dem Schwimmen / Tauchen angewendet und sollen durch Ihren sauren Charakter (oftmals ist Essigsäure oder Borsäure enthalten) und zusammen mit Alkohol vorhandene Bakterien bekämpfen. Ein positiver Effekt konnte in einigen Untersuchungen nachgewiesen werden – eine häufige und längere Anwendung kann jedoch durch den sauren Charakter und Alkohol die empfindliche Haut des Gehörgangs schädigen. Die einzigen aktuell im Markt befindlichen Ohrentropfen, welche vorbeugend eingesetzt werden können sind Earol und SwimSeal. Earol besteht aus Olivenöl und Teebaumöl und nach Applikation soll ein wasserabweisender Film im Ohr entstehen. Durch das Teebaumöl wird zusätzlich eine natürliche, antiinfektive Prophylaxe angestrebt. SwimSeal arbeitet nach dem gleichen Prinzip, besteht aber aus medizinisch zugelassenem Silikonöl und ebenfalls australischem Teebaumöl. Die Silikonverbindung liegt als klare Flüssigkeit vor, ist chemisch und biologisch inert und wird weder metabolisiert noch absorbiert und findet in vielen Präparaten Verwendung wie z.B. Medikamenten & Kosmetika. Es entfaltet seine Wirkungen ausschließlich lokal und ist wesentlich stärker wasserabweisend als z.B. andere Öle, wie z.B. Olivenöl oder Teebaumöl. Durch seine höhere Viskosität erscheint eine gleichmäßigere Verteilung im gesamten äußeren Gehörgang zum Aufbau eines wasserabweisenden Schutzfilms wahrscheinlicher. Eine natürliche antiinfektive Wirkung wird ebenfalls durch das zugesetzte australische Teebaumöl erreicht. Klinische Tests haben zudem für SwimSeal eine positive Wirksamkeit bei einer Gruppe von Schwimmern belegt.
Prophylaxe Surfers Ear / Schwimmer-Ohr
Um die Entstehung eines Surfers Ear oder Schwimmer-Ohr zu vermeiden wird empfohlen zu verhindern, dass (kaltes) Wasser in die Ohren gelangt und dort verbleibt und so Wachstumsreize auf die Knochenhaut ausüben kann. Bei kalten Bedingungen kann dies durch Kopfhauben oder auch Mützen erreicht werden – zusätzlich kommen oftmals Ohrenstöpsel zum Einsatz. Wie bereits erwähnt sind diese in Ihrer Wirkung umstritten, da schlechtsitzende und harte Ohrenstöpsel ebenfalls die Entstehung einer Otitis Externa begünstigen können. Weiterhin ist besonders bei anfangenden Verknöcherungen des Gehörgangs eine Anpassung oder guter Sitz von Ohrenstöpseln ggfls. schwierig. SwimSeal könnte hier eine Alternative darstellen, da durch den stark wasserabweisenden Film verhindert wird, dass Wasser im Ohr verbleibt. Durch seine flüssige Textur und Anwendung als Ohrentropfen ist eine Verabreichung auch bei verengten Gehörgängen möglich.
Fazit
Um häufige Entzündungen des Gehörgangs oder auch Exostosen zu vermeiden bzw. aufzuhalten sollten die Ohren möglichst effektiv vor Wasser geschützt werden und keine externen Reize gesetzt werden. Dazu sollte das Tragen von In-Ear Gehör- oder Wasserschutz bzw. von Kopfhörern nicht regelmäßig erfolgen. Enganliegende Badekappen oder Schutzhauben scheinen sinnvoll – ebenso wie die vorbeugende Anwendung von Ohrentropfen, welche einen stark wasserabweisenden Schutzfilm aufbauen und antiinfektive Eigenschaften haben (z.B. SwimSeal).
Siehe auch: Das gemeine Taucherohr
Quellen:
1) Hajioff D, MacKeith S. Otitis externa. BMJ Clin Evid 2015.
2) Chaplin & Stewart: The prevalence of exostoses in the external auditory meatus of surfers. In: Clin Otolaryngol Allied Sci. 1998; 23, S. 326–330.
3) Reia, M.: Facharztwissen HNO-Heilkunde. Springer, Heidelberg 2009
4) J. David Osguthorpe, M.D., David R. Nielsen, M.D, Am Fam. Physician 2006 Nov 1;74(9):1510-1516.
5) Andreas Neher et al; ÖÄZ, 3, 10. Feb. 2012
6) https://de.wikipedia.org/wiki/Otitis_externa
7) www.swim-seal.co.uk
8) Arnold, W.: Checkliste Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Thieme, Stuttgart 2011
9) https://www.gesundheitsinformation.de/gehoergangsentzuendung.2218.de.html#sources
10) Boenninghaus, H. G., Lenarz, T.: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Springer, Heidelberg 2012
11) www.hlhealthcare.co.uk