Das Taucher-Elend mit Corona: Spätschäden auch für genesene Covid-19-Patienten?

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21.04.2020 12:26
Kategorie: News

Nach Covid-19-Heilung trotzdem ausgetaucht?

Die Corona-Pandemie gehört inzwischen zur täglichen Routine und mancher einst aufmerksamer Nachrichten-Konsument hat sich inzwischen an die täglichen Wasserstandsmeldungen von RKI-Chef Lothar Wieler, die undeutlichen Ansagen der Politik und die tägliche Pandemie-Routine gewöhnt. Aufgeschreckt hat allerdings eine Nachricht, die in den letzten Tagen für reichlich Wellen zumindest in der Tauchszene sorgte...

Dr. Frank Hartig, Leitender Oberarzt im Klinikum Innsbruck und zurzeit zudem noch Krisenkoordinator für die Betreuung der in der Innsbrucker Klinik behandelten Covid-19 Patienten hat bei Nachuntersuchungen von geheilten Covid-19-Patienten eine Sorgen bereitende Entdeckung gemacht: Auch Covid-19-Patienten, die ohne schwerere Symptome die Krankheit in Heimquarantäne quasi en passant überstanden hatten, zeigten in von Dr. Hartig initiierten Nachuntersuchungen bei sechs Tauchern Veränderungen der Lunge, die typische Krankheitsbilder darstellen. Zwei der sechs Taucher zeigten bei Belastung eine deutliche Sauerstoff-Unterversorgung, zwei andere zeigten bei Belastung erregbare Bronchien wie bei Asthmatikern und vier der sechs radiologisch kontrollierten „Geheilten“ zeigten deutliche Lungenveränderungen.

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In Belgien machte die Belgische Gesellschaft für Tauch- und Hyperbare Medizin BVOOG (Vereniging voor Overdruk- en Onderwater Geneeskunde) ähnliche Entdeckungen und hat jetzt schon erste Schlüsse aus dieser gefährlichen Entwicklung gezogen und veröffentlicht. An Covid-19 erkrankten tauchende Patienten, die auf einer Intensivstation mit Sauerstoff behandelt wurden, empfiehlt BVOOG eine mindestens dreimonatige Pause mit dem Tauchsport und danach eine eingehende fachärztliche Untersuchung der Lunge mit einem Thorax-CT. Für Patienten, die beatmet wurden und diese Veränderungen der Lunge zeigen, befürchten die belgischen Fachleute ein wahrscheinliches Ende des Tauchsports.

Wir sprachen mit Dr. Hartig vom Innsbrucker Universitätsklinikum und Dr. Hartig verknüpft verschiedene Welten für uns Taucher zurzeit perfekt: Er ist nicht nur Internist und, obwohl kein Lungenfacharzt, an der Betreuung und der Symptomatik von Covid-19 Patienten sehr nahe dran. Zudem gehört er zu den wenigen handverlesenen Experten im tauchmedizinischen Bereich und er ist international sehr gut vernetzt. „Die BVOOG-Empfehlung liest sich sehr gut und hört sich auch vernünftig an“, sagt der Innsbrucker Mediziner zu den Empfehlungen der belgischen Kollegen. „Wir sind international sehr gut vernetzt und tauschen uns zurzeit intensiv aus. Dieses Phänomen wurde auch schon in Wuhan, Chinas Ausgangspunkt der Pandemie, erkannt.“ sagt Dr. Hartig.

Er nennt eine Fallstudie des Korean Journal of Radiology (KJR) die er Taucher.Net vorlegte, in der radiologisch dokumentierte starke Veränderungen der Lunge bei einem als geheilt geltenden Patienten in Wuhan bis zu sechs Wochen nach der Entlassung dokumentiert wurde. Ob diese Veränderungen und Lungenschädigungen nur vorübergehender Natur sind oder Langzeiteffekte entwickeln, ist zurzeit noch nicht klar. Zudem ist es (noch) ein Einzelfall. Aussagen hierzu werden von Fachleuten als zurzeit noch als spekulativ bezeichnet. Hier will Dr. Hartig mit seinem Innsbrucker Team in Zusammenarbeit mit anderen Fachleuten jetzt ein wenig mehr Licht hinein bringen. Eine Reihenuntersuchung gerade von tauchenden Patienten wird zurzeit vorbereitet und soll zeitnah gestartet werden. Für alle interessierten Taucher.Net Leser hat Dr. Hartig eine Zusammenfassung und tauchmedizinisch interessante Stellungnahme verfasst, die die medizinische Problematik dieses Phänomens klar macht. (Link: Stellungnahme Dr. Hartig)

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Wir haben uns gefragt, wie es denn bei den Betroffenen aussieht. Was passiert da eigentlich in den Krankenhäusern, auf den Intensivstationen mit Patienten, die an Covid-19 behandelt werden müssen. Andreas B., ein guter Freund unserer Redaktion, war Ende Februar aus einem traumhaften dreiwöchigen Tauchurlaub an der Baja California, den er gleich nach der Messe boot in Düsseldorf angetreten hatte, nach Hamburg zurückgekehrt. Am 15. März dann erste Covid-19-Symptome. Zehn Tage später bestätigte Infektion und Krankenhaus. Was folgte war ein Albtraum mit Intensivstation, Sauerstoffatmung und Schmerz, den Andreas uns für euch geschildert hat, um vor allzu leichtfertigem Umgang mit dem heimtückischen Virus zu warnen (Bericht Andreas Covid-19 Krankengeschichte).

Inzwischen gilt er als geheilt, nur leider mit denselben Lungenschädigungen, die auch Dr. Hartig schon in seinen Befunden dargestellt hat. Wir haben den Hamburger Unternehmer und Tauchlehrer mit dem tauchbegeisterten Innsbrucker Mediziner verbunden und die Taucher.Net-Redaktion wird dabei sein, wenn Andreas in Innsbruck von Dr. Hartig eingehend untersucht wird und wir werden weiter darüber berichten. (hap)

Die Links zur Artikelreihe:
Ausführungen Dr. Frank Hartig
Taucher-Spätschäden nach überstandener Covid-19 Krankheit
Diskussion Medizin Forum Taucher.Net

Ergänzende pdf-Dokumente
Empfehlung BVOOG  Belgien
Studie aus Korea (Covid emphysema)