Brand auf der M/Y Sea Legend

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04.03.2024 10:16
Kategorie: News

Informationen und Interview mit drei Mitreisenden

Ein tragischer Brand führt zum Untergang der Sea Legend im Roten Meer: Aufgrund eines Kabelbrandes fing die Sea Legend, ein von Dive Pro Liveaboard betriebenes Tauchboot, am 22.2. Feuer und geriet in Vollbrand. Das Schiff sank in Folge. Der Vorfall geschah in der Nacht während eines Tauchtrips etwa 3 km von der Küste entfernt. Eine deutsche Taucherin ist seitdem vermisst.

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Offizieller Sprachgebrauch

Die offiziellen Meldungen aus Ägypten ließen einige Tage keinen Zweifel daran, dass alles getan wurde um eine Katastrophe zu verhindern:
Trotz der drohenden Katastrophe konnten alle Personen an Bord der Sea Legend unverletzt gerettet werden. Zum Zeitpunkt des Vorfalls befanden sich 17 Touristen aus verschiedenen Ländern und eine 14-köpfige Besatzung an Bord des Schiffes.
Alle 31 Personen an Bord der Sea Legend wurden als sicher bestätigt“,
teilte eine weitere Quelle der Zeitung Kairo 24 mit und hob die Effizienz der Rettungsmaßnahmen hervor. Interessant dagegen der O-Ton von Michael, einem der Geretteten, der von Unfähigkeit und Arroganz spricht (siehe weiter unten oder direkt im Taucher.Net Talk) und viel Glück dass es keine weiteren Opfer bei der Rettungsaktion gab.

Die in Ägypten veröffentlichten Berichte und die Hartnäckigkeit mit der man an den bekanntermaßen falschen Informationen festhielt, sind leider ein sich wiederholendes Muster. Angesichts der sich häufenden Katastrophen ist es für ein Umdenken der offiziellen Stellen höchste Zeit.

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Interview mit 3 Tauchern der M/Y Sea Legend

Am 1.März haben wir alle verfügbaren Infos zum Unglück der M/Y  Sea Legend zusammengefasst, und am Sonntag ein Interview mit den Tauchern veröffentlichen, die bei dem Unglück mit an Bord waren. Wenn wir hören, was alles bei dem von Dive Pro Liveaboard betriebenen Schiff bei diesem Unfall und der Rettung schief gelaufen ist, sind wir sprachlos. Nehmt euch die Zeit, es ist sehr ausführlich, und erklärt auch warum eine Person nicht gerettet werden konnte.

Erschreckende Einblicke in die Katastrophe um die M/Y Sea Legend

Eine mangelhafte Sicherheitseinführung; mehr eine Übersicht der Angebote und die generelle Schiffsausstattung waren Inhalt der „Einführung“ an Bord. In dieser Einführung wurde zudem von 13 Crewmitgliedern gesprochen, nach der Rettung waren es aber 14 ägyptische Mitarbeiter die von Bord kamen. Diese Abweichung der Personenzahl bei den Mitarbeitern führte dazu, dass die Behörden davon ausgingen, dass keine Person fehlte und bei dieser Aussage über einige Tage blieben.

Die Kabinen waren nur zum Teil mit Rettungswesten, diese aber in mangelhafter Ausführung, ausgestattet. Es wurde keine Rettungsübung durchgeführt und noch dramatischer – keinerlei Einweisung in mögliche Rettungswege von den unteren Decks nach oben. Die installierten Rauchmelder waren wohl überwiegend nicht funktionsfähig; die Gäste haben zumindest kein Blinken der integrierten LED bemerkt.

In der Unfallnacht bemerkte Michael Tauchgeruch gegen 3:30 /3:40 Uhr. Dieser kam aus einer Klappe im Unterdeck die zur Küche führte. Nach wenigen Minuten schlugen schon Flammen aus der Luke. Jana und Vater Heinrich (Kabine am Oberdeck) wurden durch einen Mitreisenden mit „Get out, get out“ gewarnt. Michael der seine Kabine im Unterdeck hatte, wurde auch durch ein „Get out“ gewarnt, kann aber nicht sagen wer das gewesen ist.

Ein Schweizer Mitreisender hat versucht selbst zu löschen, die Crew lief eher unkoordiniert herum, aber erst mit dem dritten Feuerlöscher wurde einer gefunden der funktioniert hat. Insgesamt gab es keinerlei vernünftige Rettungskette, die Passagiere durften sich selbst orientieren und zu den Zodiaks begeben - einige Mitarbeiter haben derweil zu Allah gebetet und das Chaos an Bord wohl recht heftig. Jana sprach von einer extrem unkoordinierten Aktion. Keiner der Crew hat Verantwortung übernommen. Verschärft wurde die Situation dadurch, dass das Schiff während der „Rettungsminuten“ beschleunigt hat was einerseits das Feuer angefacht hat, den Rauch in die Passagier-/Crewgruppe geblasen hat und last not least das Umsteigen in die Zodiacs sehr erschwert hat. Im Endeffekt mussten die Leute ohne Rettungswesten in die unbeleuchteten Zodiacs umsteigen; wobei umsteigen hier hieß: Sprung in die recht bewegte See und zu den Zodiacs schwimmen.

Einer der Zodiacs war nicht korrekt aufgepumpt oder leck; die Luftkammern deshalb nur teils gefüllt. Zudem funktionierte der Motor des anderen Schlauchbootes nicht; das Boot musste durch das funktionierende, aber problematisch gefüllte, geschleppt werden. Nachdem die Zodias etwas Entfernung zum Schiff zurücklegen konnten, waren Explosionen von der Sea Legend zu hören und zu sehen. Auf den Schlauchbooten hat sich die Crew auch nicht um die Gäste gekümmert; durch Zufall wurde bekannt, dass nicht einmal ein Notruf abgesetzt wurde worauf einige Gäste mit Handys – nach gut einer Stunde Notrufe abgesetzt haben (Netzerreichbarkeit). Lampen oder andere Lichtquellen waren auf den Zodiacs nicht vorhanden.

Das bereits seit Anfang problematische Zodiac füllte sich über die Zeit mit Wasser. Jana sprach von einer dramatischen Situation. Der Mitarbeiter der den Motor steuerte stand bereits knietief im Wasser. Die Leine zum geschleppten Zodiac wurde nach gut zwei Stunden gekappt und versucht mit voller Kraft zur Küste zu fahren um vor dem endgültigen „Untergang“ des Zodiacs küstennahe Gewässer zu erreichen; nach Einschätzung von Heinrich, erreichten sie das Küstenriff in der allerletzten Minute. Das Zodiac hätte wohl nicht mehr länger durchgehalten. Das zweite Schlauchboot, das antriebslose Zodiac, hat auch Wasser aufgenommen, die Insassen des Zodiacs konnten aber alle zusammen den Wassereintritt einigermaßen „in Zaum halten“. Diese trieben aber nun ohne Motor auf dem offenen Meer und mussten weiter auf Rettung warten.

Die „Rettung“ durch die Ägyptische Marine war dann auch eine unkoordinierte Aktion die erstmal komplett gescheitert ist, weil der Umstieg vom Zodiac zum Marineschiff in der bewegten See – aufgrund nicht ausgebildeter Mannschaft in Kombination mit schlechtem Equipment einfach nicht funktionierte. Erst später via Zodiac des Militärschiffes konnte mit Müh und Not ein Umstieg der Passagiere durchgeführt werden. Michael, der auf diesem Zodiac war sprach von schlechter Ausbildung der Mannschaft gepaart mit großer Arroganz was zu diesem katastrophalen Einsatz führte wo zum Glück niemand verletzt wurde. Das Anlanden später an der Küste war dann wohl recht skurril mit ausgerolltem rotem Teppich und Spalier stehenden Soldaten und einer Menge an Fotografen und Journalisten; die essentiellen Dinge wie medizinische Untersuchung oder Interviews über Vollständigkeit der geretteten Safarigäste gab es dagegen erstmal nicht.

Erst nach dem Anlanden aller geretteten Passagiere und der Wiedervereinigung mit den Insassen von Zodiac 1 konnten die Tauchgäste selbst feststellen, dass von den 17 internationalen Gästen nur 16 angekommen waren. Eine Passagierin fehlte. Weder die Marine noch die Crew haben solch eine Aktion veranlasst.

Auch die weiteren Erlebnisse der Gruppe bis hin zu den Problemen der Heimreise sind in Teilen haarsträubend. Auch der katastrophale Umgang mit der fehlenden Passagierin ist exemplarisch für dieses fürchterliche Unglück. Um eine komplette Übersicht der Abläufe zu bekommen, lohnt es sich das Interview (Taucher.Net Talk) in Gänze anzuhören.

youTube Interview - Taucher.Net Talk

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Taucher.Net Talk mit 3 Mitreisenden der M/Y Sea Legend, unserem Schiffs-Sicherheitsexperten Jan-Philipp Lauer und als Moderator Armin Süß.


Bachelorarbeit zur Sicherheit auf Safarischiffen

Nach der Kenterung des Tauchsafarischiffs Carlton Queen vor knapp einem Jahr in Ägypten am 25. April 2023 wurden eine Reihe von Aktivitäten gestartet, um den Ursachen solcher Unfälle auf den Grund zu gehen. Eine dieser Maßnahmen ist eine Bachelorarbeit mit dem Titel „Untersuchung einer Reihe an Unfällen von Yachten für Tauchurlaube“, die zwischen Juni und November 2023 von Justus Schiszler an der Fachhochschule Kiel im Studiengang Schiffbau und maritime Technik erstellt wurde. In der Arbeit wurden Unfälle von Tauchsafarischiffen seit 2006 erhoben und nach den vermutlichen Unfallursachen gruppiert.

Newsmeldung zur Bachelorarbeit zur Schiffssicherheit

Weitere Informationen:
Untergang der Sea Legend
Taucher.Net Talk zum Untergang der Sea Legend / Interview mit Mitreisenden