Tren Maya Projekt: Umwelt in Gefahr

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19.09.2022 18:27
Kategorie: News

Cenoten, einzigartige Urwälder und kulturelle Schätze der Mayas in Gefahr

Der Tren Maya mit seinen gut 1.550 Kilometern geplanter Schienenstrecke ist das mit Abstand teuerste Infrastrukturprojekt Mexikos in den letzten Jahrzehnten. Das Bauvorhaben ist auf knapp 8,5 Milliarden Euro budgetiert. Der Zug soll ab 2024 auf einer 40 Meter breiten Trasse mit einer Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h verkehren. Die Halbinsel Yucatán soll dabei quasi umrundet werden. Zum Teil soll er auf bestehenden Eisenbahnstrecken verlaufen, der größte Teil wäre aber ein Neubau. Insgesamt sieben Streckenabschnitte sind projektiert, wobei noch kein einziges der Teilprojekte fertiggestellt wurde. Der Zug startet in Palenque (Chiapas). Nach rund 200 Kilometern teilt sich die Strecke ab Escárcega (Campeche) in eine westliche und östliche Route, die sich beide in Cancún (Quintana Roo) treffen.

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Bericht von Herbert Gfrörer und Dirk Penzel 

 

In den späten 1800er und frühen 1900er Jahren wurden viele Zugstrecken durch das Land gebaut. Bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts war die Bahn eine beliebte und aufstrebende Reisemethode, bis sie aufgrund der Konkurrenz durch andere Verkehrsmittel zurückging. Jetzt gibt es einen Vorstoß zur Wiederbelebung des Zugverkehrs. Diese Züge sollen den Einheimischen helfen, zur Arbeit zu pendeln, und Touristen in neue Gemeinden bringen. Man hofft, dass die Luftverschmutzung verringert wird, wenn mehr Menschen mit der Bahn statt mit dem Auto fahren.

Das Leuchtturmprojekt für alle neuen Zugstrecken ist der Tren Maya. Auf einer Strecke von gut 1.550 Kilometern soll er in einer großen Schleife zwischen Cancun und Palenque, Chiapas, verkehren. Passagiere und Fracht sollen auf die Halbinsel Yucatán befördert werden. Er soll den Tourismus in abgelegenen Gebieten ermöglichen und viele neue Arbeitsplätze schaffen, um das Wirtschaftswachstum in der Region anzukurbeln. Die Theorie klingt recht gut.

Große Zerstörungen befürchtet

Umweltschützer kritisieren das Projekt wegen der Belastung der Grundwasserversorgung, der Störung oder sogar Zerstörung von Kulturstätten indigener Völker sowie der Zerstörung von unersetzlichen Naturschutzgebieten und der dort lebenden Tierwelt. Insgesamt sind wohl dreiundzwanzig Naturschutzgebiete durch die Bautätigkeiten betroffen, darunter auch UNESCO Welterbestätten.

Unter dem Dschungel der mexikanischen Halbinsel Yucatán befinden sich einige der schönsten Cenoten der Welt. Die Halbinsel war ursprünglich ein Korallenriff, das durch die Schwankungen des Meeresspiegels während verschiedener Eiszeiten der Atmosphäre ausgesetzt wurde. Saure Niederschläge durchdrangen den porösen Kalkstein, lösten die Felsen auf und bildeten Lösungshöhlen. Durch diesen Prozess entstanden Stalagmiten, Stalaktiten und Säulen. Nach den Eiszeiten füllten sich diese Höhlen mit Wasser, so dass sich die Formationen nicht mehr verändern konnten und mit der Zeit erstarrten.

Einige der Höhlendecken stürzten ein und bildeten Cenoten. Diese überschwemmten Höhlen sind seit jeher von großer Bedeutung für die Region. Die Cenoten sind wichtige Süßwasserquellen, und die Maya, die sie als heilig betrachteten, bauten in ihrer Nähe und nutzten einige von ihnen als Opferplätze. Archäologen haben Artefakte gefunden, darunter Schmuck, Töpfe, Kleidung, Skulpturen sowie Menschen- und Tierknochen.

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Theorie und Realität prallen aufeinander

Die mexikanische Regierung hat begonnen, einen Zugkorridor durch den Dschungel zu bauen; ein schlecht durchdachtes und schlecht geplantes Projekt.  Es hat u.a. zur Enteignung von Maya-Land geführt und unersetzliche Naturschätze des Landes bereits zerstört. Nicht unerhebliche Teile des Dschungels werden abgeholzt und Pfeiler in diese fantastischen Höhlensysteme – wohl die längsten der Welt – versenkt, wodurch deren Einsturz droht. Dies könnte die Höhlen komplett zerstören und zudem den lebenswichtigen Fluss von frischem Grundwasser zu den Küstenriffen des mesoamerikanischen Barriere-Riffsystems unterbrechen.

Wie schon erwähnt, in der Theorie könnte das Projekt Tren Maya eine großartige Idee sein. Man stelle sich einen modernen Hochgeschwindigkeitszug vor, der über dem Urwald „schwebt“. Er würde die Touristen vom Flughafen Cancun nach Süden bis nach Tulum bringen. Entlang der Küste mit einem atemberaubenden Blick auf das türkisfarbene Wasser. Der Zug könnte auch westlich nach Merida fahren, entlang des dichten, üppigen Dschungels. Was für eine wunderbare Art, die Yucatán-Halbinsel zu sehen und zu erleben!

Nichts von alledem scheint die Realität des Tren Maya zu bieten. Der erste karibische Abschnitt des Projekts wird lediglich von Playa del Carmen nach Tulum führen. Eine Wegstrecke die bereits recht gut ausgebaut ist. Die Autobahn ist geräumig und nicht überfüllt, und die Fahrt dauert etwa vierzig Minuten. Der ebenerdige Zug wird keinerlei Aussicht bieten. Man könnte jetzt noch sagen es wäre ein Vorteil für die Umwelt den Verkehr von der Straße auf die Bahn zu verlagern, wenn da nicht der nächste Realitätsschock wäre: Uralte Dieselloks, die die Regierung wohl erst kürzlich in Kenia gekauft hat, sollen die Strecke bedienen (man vergleiche dies mit dem wunderbaren Werbebild des Tren Maya am Anfang des Artikels). War da nicht irgendwas mit Luftverschmutzung? Richtig, ein Ziel des Projektes ist die Verringerung der Luftverschmutzung durch den Einsatz hochmoderner Züge…

Yucatán, Naturparadies und bedeutendes Touristenziel

Heute hat sich die Halbinsel Yucatán zu einem bedeutenden Touristenziel entwickelt, das als Riviera Maya bekannt ist. Besucher aus aller Welt kommen, um die karibischen Strände Mexikos zu genießen und in den Cenoten zu baden. Viele der Strände werden von Meeresschildkröten zum Nisten genutzt. Der Dschungel von Yucatán ist die Heimat von Jaguaren, Affen, Wildschweinen, Hirschen und vielen Vogelarten. Leider verschwindet dieser Lebensraum im Zuge der Entwicklung der Region, wodurch ein Großteil der Tierwelt gefährdet ist. Das mexikanische Agouti zum Beispiel ist eine Nagetierart, die in dieser Gegend häufig vorkommt, aber vom Aussterben bedroht ist.

Die geplante Trasse des Tren Mayo führt zudem genau an der bekannten Fledermaushöhle nahe Calakmul vorbei. Es wird befürchtet, dass der Zug die Tiere vertreiben würde, die jede Nacht Tonnen von Moskitos und andere Insekten vertilgen und damit das Ökosystem im Gleichgewicht halten. Ein Beispiel von vielen wie das Projekt die Natur verändern könnte.

Das Meeresleben in den Cenoten ist begrenzt, aber es ist möglich, Welse, Mollies und Salmler anzutreffen. Diese Fische leben in den offenen Wasserbereichen. Besucher der Höhlen können auch Fische ohne Augen sehen, eine Anpassung an das Leben in völliger Dunkelheit. Die Kalksteinfelsen und Mangrovenbüsche um die Öffnungen der Cenoten sind der perfekte Lebensraum für verschiedenste Tiere.

Höhlentauchen ist hier vor Ort eine der wichtigsten touristischen Aktivitäten, und zum aktuellen Zeitpunkt soll die Zugstrecke direkt durch den berühmtesten Tauchplatz führen: den Ökopark Dos Ojos.

Gigantische Schäden an der Umwelt

Abgesehen vom Tauchen wird durch den möglichen Einsturz der Höhlen der Grundwasserspiegel grundlegend und unwiderruflich gestört. In dieser Region Mexikos gibt es keine oberirdischen Bäche oder Flüsse, und die unterirdischen Flusshöhlen sind die einzige Quelle für das wertvolle und lebensnotwendige Süßwasser.

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Das Süßwasser fließt aus dem riesigen Dschungel durch die Höhlensysteme zum Riff, ein Fluss, der für die Gesundheit und den Lebensunterhalt der Küstenmeere unerlässlich ist. Der Grundwasserstrom, der durch die Küstenmündungen fließt, schafft wichtige Lebensräume für Jungfische. Eine Störung dieses Flusses kann Lebensräume zerstören, was wahrscheinlich zu einem Rückgang der Fischpopulationen führt, was wiederum zum Absterben von Korallen führt, was wiederum zu ungesunden Ozeanen und toten Riffen führt. Es hängt alles zusammen.

Direkt durch den Dos Ojos Park

Die ursprüngliche Strecke, die entlang der einzigen Straße auf der Halbinsel in Richtung Süden führte, wurde leider geändert, um den Zug direkt durch den Dos Ojos Park zu leiten, wo er über eine dünne Kalksteinschicht oberhalb der empfindlichen Höhlensysteme der Region fährt. Der Zug wird in einer Entfernung von weniger als 1.000 Fuß an einem Cenoten-Tauchplatz namens Dreamgate vorbeiführen und könnte Sac Actún, eine der größten überfluteten Höhlen der Welt, zum Einsturz bringen. Dieser Bau könnte der Umwelt, den Maya-Dörfern, archäologischen Stätten und den Höhlen, die wir so faszinierend finden und so gerne betauchen, dauerhaften Schaden zufügen.

Ziemlich sicher ist, dass Bau und Betrieb des Tren Maya zu einer erheblichen Verschmutzung führen wird, die die Korallenriffe vor der Küste beeinträchtigen würde. Der Nationale Wissenschafts- und Technologierat Mexikos berichtete bereits 2019, dass die Zugstrecke mindestens 10 Naturschutzgebiete, 1.300 archäologische Stätten und mehr als 143.000 in der Region lebende Maya-Indianer gefährden würde.

Abgesehen von den Umweltschäden bezweifeln viele Experten, dass ein Hochgeschwindigkeitszug, der über Kalkstein fährt, sicher ist. Es ist lt. den untersuchenden Geologen zu befürchten, dass die regionalen Gegebenheiten dem Gewicht eines Zuges nicht standhalten könnten. Diese Gefahr könnte zum Scheitern des Projekts führen, dummerweise erst nachdem die irreversiblen Umweltschäden eingetreten sind.

Das Tren Maya-Projekt birgt leider so viele Problemstellen mit der aktuellen Planung, dass es mehr schaden als nutzen könnte. Die beste Alternative scheint wohl momentan zu sein, die Bahnstrecke wieder auf ihre ursprüngliche Trasse entlang der bestehenden Autobahn zu verlegen. Höhlenforscher, u.a. der Mexican Cave Studies, sind der Meinung, dass eine Verlegung der Bahnstrecke 7 bis 8 Meilen von der Küste entfernt den Einsturz vieler Höhlen drastisch minimieren würde. Das Gebiet in der Nähe der Autobahn ist bereits erschlossen, aber selbst dann wird das Tren Maya-Projekt noch Umweltschäden verursachen, aber eben deutlich weniger.

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Helft mit, die Petition zum Erfolg zu bringen

Taucher, Wissenschaftler, Archäologen und Aktivisten fordern die mexikanische Regierung dringend auf, das Projekt zu verlangsamen und sich mehr Zeit zu nehmen, um alle Umweltbelange zu berücksichtigen.

Wer dies unterstützen möchten, findet eine Petition unter www.change.org/p/lopezobrador-no-al-tren-maya

Bitte unterzeichnet die Petition, und hofft mit uns, dass das Ergebnis der Petition nicht auf taube Ohren stößt.