Kategorie: Ausrüstung
Praxistest eines Kallweit Trockentauchanzugs
Wer kennt das nicht aus eigener Erfahrung? Der alte Trocki ist defekt und ein neuer muss her. Aber welcher Anzug ist jetzt wirklich perfekt? Auf was sollte ich achten? Welche Vor- und Nachteile haben die einzelnen Hersteller und welches Fabrikat ist das Beste für mich?
Testbericht von Gerald Nowak
Wie so manch andere beschließe ich auf verschiedenen Messen diverse Hersteller an ihren Ständen zu besuchen und mir die Anzüge anzuschauen. Mir wird viel erklärt und einiges gezeigt. Die Anzüge sehen so an der Stange alle super aus. Tolle Verarbeitung und vernünftiges Material, aber wie trägt es sich in der Praxis? Wie unter Wasser? Ja, da gibt es noch einiges an Möglichkeiten, was die Hersteller dem Endkunden da vor dem Kauf anbieten könnten.
Bei Kallweit komme ich mit Daniel ins Gespräch und erzähle ihm mein Dilemma. Er schaut mich nur verwundert an und fragt mich, ob ich nicht weiß, dass man bei Kallweit auch Testanzüge tauchen kann. Gesagt getan. Noch am Stand nimmt er meine Maße und vereinbart mit mir die Zusendung eines Testanzugs, denn ich unter extremen Bedingungen testen werde.
Arbeitseinsatz in Kanada
Zuerst geht es nach Kanada, wo ich den Auftrag habe am Salmon Run (dem Laichen der Rotlachse) teilzunehmen. Hier kann ich den Anzug unter sehr ungewöhnlichen Bedingungen testen: Es wird nur sehr wenig getaucht, aber viel im Wasser gelegen, denn die Lachse ziehen in die Seitenarme des Adams Rivers, wo sie im Flachwasser ablaichen.
Um dieses Spektakel zu fotografieren, liegt man meist im Flachwasser im Kiesbett. Eine besondere Herausforderung für das Material, auch für einen Trocki. Schon einmal war ich hier und bin zwei Wochen durch den Kies gerobbt. Eine besondere Beanspruchung für den Anzug seine Konstruktion: Nicht nur dass er ständig über den Kies gezogen und das Oberflächenmaterial dabei kräftig geschunden wird, auch der Reißverschluss muss einiges aushalten, wenn er über die Front läuft. Beim X-TREME ist mir eine Besonderheit aufgefallen, die mir hier zum Vorteil gereicht, denn der Anzug hat einen diagonalen Frontzip, der Schutzreißverschluss ist gegenläufig. Damit sind die beiden Verschlüsse nicht übereinander und tragen weniger auf. Auch ist der Schutzreißverschluss im geschlossenen Zustand oben, weshalb ich beim Robben im Kies den Anzug nicht versehentlich aufschieben kann.
Ebenfalls aufgefallen ist mir die Länge der Reißverschlüsse: Wenn man so den ganzen Tag am Wasser verbringt, möchte man nicht mehrmals täglich den Anzug ausziehen müssen, nur um mal schnell zu pinkeln, geht bei uns Herren –bei den Damen ja leider so nicht möglich.
Die Ventile scheinen eine gute Qualität zu haben, denn auch hier konnte ich keinen Verschleiß feststellen, obwohl ich sicher das ein oder andere Mal über jenes gerutscht bin. Positiv ist auch der fest am Anzug montierte Verschluss für das Einlassventil: so vergisst man nicht so leicht den Stöpsel aufzustecken, wenn kein Mitteldruckschlauch montiert ist - was ansonsten eine sehr feuchte Angelegenheit wäre …
Bei der Halsmanschette war ich anfangs etwas skeptisch, da ich seit Jahren nur Silikonmanschetten tauche. Mit einem etwas kräftigeren Hals, sind die Latexmanschetten meistens ganz schön unbequem. Die bei Kallweit verbauten Latexmanschetten sind jedoch recht angenehm zu tragen und drücken mir die Luft nicht ab.
Eignung für die Antarktis
Das Schuhsystem ist einfach eine Innovation. Die angesetzten Neoprensocken sind dick, aber nicht zu dick und passen perfekt zu den Überschuhen von Kallweit. In Kanada habe ich noch sehr dünne Socken darunter getragen, aber bei der anschließenden Reise in die Antarktis musste ich deutlich dickere Unterzieher und Socken anziehen. Trotzdem waren die Schuhe sehr bequem und ich hatte nicht das Gefühl, dass es in den Flossen drückt.
Zusammen mit den Unterzieher von Kallweit war mir der Anzug in der Antarktis immer warm genug, selbst ohne Heizweste. Diese hatte ich im Gepäck, aber trotz 1,5 Grad Minus nie im Einsatz. Nur die mitgelieferten Unterzieher-Handschuhe für das Handschuh-Trockensystem waren mir zu dünn. Gott sei Dank hatte ich meine Lama-Haar-Handschuhe eingepackt. Damit konnte ich auch gut 50 Minuten unter den extremen Bedingungen im kalten Wasser der Antarktis verbringen, ohne dass mir die Finger abgefallen sind.
Alles in allem bin ich sehr begeistert von der Qualität und der Verarbeitung des Anzugs. Die angesetzten Taschen sind riesig und bieten genug Platz für meine Utensilien. Die Ventile arbeiten perfekt und haben auch die Extrem-Beanspruchung im Kies Kanadas gut überstanden. Den Reißverschluss mit der gegenläufigen Anordnung finde ich eine Innovation und das Material scheint unkaputtbar. Der Anzug war immer dicht und die Manschetten angenehm zu tragen. Wie gut die Nähte und Dichtungen über die Jahre sind, werde ich dann bei meinem gerade bestellten, eigenen Anzug testen. Mein Test während dieser beiden Reisen ist zwar individuell, zeigt aber für mich, dass der Trocki das erfüllt, was ich von einem guten Trockentauchanzug erwarte. Der Kallweit X-TREME ist der Anzug meiner Wahl und ich freue mich schon auf meinen Eigenen.
Kallweit
Ein Anzug für jeden Tag – jeden Tauchtag! Sport- und Berufstaucher schwören auf die Handarbeit in Perfektion: Jeder Anzug eine individuelle Umsetzung für jeden Kunden. Seit 1992 liefert Kallweit innovative Produkte, die nach Bedarf an die persönlichen Wünsche angepasst werden. Wer sich nicht sicher ist, welches Produkt für ihn passend ist, kann aus einem Pool von über 100 Trockentauchanzügen wählen und diesen vor der Bestellung seines persönlichen Anzugs erst einmal ausprobieren.
Fakten:
Xenon Front X-TREME kostet je nach Ausführung von 2.139 € bis 3.220 €
- Auslassventil Apeks mit Automatikfunktion
- Einlassventil Apeks drehbar
- Aufwendige Knieverstärkung
- Inflatorschlauch mit Standardkupplung
- Einstellbare Hosenträger
- Transporttasche
- Wärmekragen mit zwei Reißverschlüssen
- Armmanschettenschutz aus Neopren
Kontakt:
KALLWEIT GmbH, Südweg 7, 75245 Neulingen
www.kallweit.de
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