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Nordmeer so warm wie nie
Die Meeresoberfläche im Nordatlantik hat in der letzten Juli Woche nach vorläufigen Messungen mit 24,9 Grad die höchste Temperatur aller Zeiten erreicht. Der Wert sei mehrere Wochen vor der üblichen Jahreshöchsttemperatur gemessen worden, teilte die US-Umweltbehörde NOAA am Freitag letzter Woche unter Berufung auf vorläufige Daten mit.
Steigende Meerestemperaturen
So warm wie in der aktuellen Messung war die Meeresoberfläche des Nordatlantiks noch nie. Die erhöhte Temperatur – ein Rekord seit Beginn der Aufzeichnungen der Meerestemperatur - hat womöglich einen nicht unerheblichen Einfluss auf das diesjährige Sommerwetter in Europa. Auch am Mittelmeer wurde ein Temperaturrekord gemessen. Vor der Küste von Florida wurde auch letzte Woche die möglicherweise wärmste Meerestemperatur aller Zeiten gemessen, knapp 38,9 Grad Celsius.
„Basierend auf unserer Analyse liegt die rekordhohe durchschnittliche Meeresoberflächentemperatur im Nordatlantik bei 24,9 Grad Celsius“, erläuterte NOAA-Wissenschaftler Xungang Yin das Ergebnis. Der Wert war am Mittwoch gemessen worden. Eine Bestätigung der vorläufigen Ergebnisse wird in zwei Wochen erwartet.
Normalerweise erreicht der Nordatlantik nach Angaben der Behörde seine Höchsttemperatur Anfang September. „Der bisherige Rekordwert wurde im September 2022 mit 24,89 Grad Celsius gemessen“, sagte Yin.
„Leider erwarten wir, dass die Meeresoberflächentemperatur im August noch ansteigt“, sagte er weiter. „Es ist höchstwahrscheinlich, dass der Rekord erneut gebrochen wird. Der neue Höchstwert von 24,9 Grad Celsius ist mehr als ein Grad wärmer als der 30-jährige klimatologische Normalwert, berechnet von 1982 bis 2011“, so der Experte.
Sahara-Sand oder Aerosole?
El Ninjo ist ein möglicher Auslöser, aber weitere Theorien werden auch diskutiert: Eine erste mögliche Erklärung für die Temperaturanomalie abseits von El Ninjo, ist Sahara-Sand, beziehungsweise die Abwesenheit davon. Der Sand der nordafrikanischen Wüste ist so fein, dass er mit Winden Tausende Kilometer weit getragen werden kann. "Der Sand in der Luft legt eine Art Schatten auf die Meeresoberfläche und reduziert so die Sonnenernergie, die dort ankommt", sagt Anders Levermann, Leiter der Klimaforschung am Potsdam-Institut für Klimaflogenforschung.
In diesem Jahr ist um einiges weniger Sand in der Atmosphäre unterwegs. Das führt dazu, dass mehr Sonnenstrahlung das Meer erreicht und dieses sich in der Folge stärker erwärmt. Diese These vertritt unter anderem auch der Meteorologe und Klimaforscher Michael Mann von der Pennsylvania State University.
Auch ein Fehlen bestimmter Schwefelaerosole könnte eine Rolle spielen. Seit 2020 darf Treibstoff von Schiffen nur noch 0,5 statt 3,5 Prozent Schwefelanteile enthalten. Dadurch gelangen weniger dieser Moleküle - die ebenfalls einen dämmenden Effekt auf die Meeresoberflächen haben - in die Atmosphäre. "Aerosole in der Luft können die Temperatur regional durch ihren dämmenden Effekt auf die Sonneneinstrahlung durchaus beeinflussen. Wie stark der Einfluss in dieser Situation ist, kann man aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Dazu braucht es weitere Untersuchungen", so Levermann.
Die deutliche Abweichung der Temperaturen, die Größe der betroffenen Fläche und der Zeitpunkt sind ungewöhnlich – und abschließend erklären lassen sie sich bisher nicht. Überrascht zeigen sich die Forscher deshalb aber nicht, sind aber wg. der relativ schnellen Temperatursteigerung beunruhigt.