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14.08.2016 09:21
Kategorie: Biologie

Lauernde Großmäuler

Von Harald Mathä – einem alten Freund aus Hamburg gewidmet

Der abgeflachte, riesige Kopf schnellt nach oben und reißt das Maul weit auf. Bevor das Opfer reagieren kann, wird es von einem kräftigen Wasserschwall ins Maul des emporschießenden Seeteufels gezogen und von dessen spitzen Zähnen aufgespießt. Bruchteile einer Sekunde später liegt der Raubfisch wieder regungslos am Boden. Nur eine Staubwolke und ein paar glitzernde Fischschuppen erinnern an die erfolgreiche Jagd am Meeresgrund.

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Man sagt, er sei ein hässlicher Fisch, der Seeteufel. Stimmt nicht, meine ich! Oder doch? Der gigantische, abgeflachte Kopf und das riesige Maul mit den spitzen Zähnen wirken überproportional groß zu dem kleinen Körper, der dahinter folgt. Dazu die fransigen Anhängsel am Kopf, die wie der ungepflegte Bart eines heruntergekommenen Seemanns in einer ebensolchen Hafenspelunke wirken. Fast skurril wirken die Brustflossen, die zu primitiven Händen umfunktioniert wurden. Auf ihnen robbt der Fisch langsam und bedächtig über den Meeresgrund, um möglichst nur nicht erkannt zu werden.

Der Seeteufel (Anglerfisch, Lotte)
Arten: 28 in 4 Gattungen
Englisch: Monkfish
Lat: Lophiidae
Größe: meist bis 1 Meter
Aussehen: Großer, flacher Fisch mit riesigem Kopf und Maul. Gut getarnt.
Lebensraum: Bodenbewohner, 10 bis 1000 Meter
Nahrung: meist Fisch
Verbreitung: Nordostatlantik und Nebenmeere
Verwechslungsmöglichkeit: Wobbegongs (Teppichhaie) in Australien und Krokodilfische im Roten Meer. Dort gibt es aber keine Seeteufel und vice versa!
Wirtschaftliche Bedeutung: hervorragender Speisefisch
Bilder: Seeteufel Galerie auf Taucher.Net

Namen sind Schall und Rauch (und manchmal auch ziemlich blöd)
„Monkfisch“ sagen die Engländer zu ihm. Also Mönchsfisch. Sollte man auf der Speisekarte irgendwo am Mittelmeer „monkfisch“ lesen, dann sollte man sich nicht wundern und glauben, die kleinen schwarzen Mönchsfische serviert zu bekommen. Ganz im Gegenteil, der Seeteufel ist ein hervorragender Speisefisch, mit köstlichem, festem Fleisch. Zugreifen! Hier sieht man wieder einmal wie blöd und willkürlich eigentlich Fischnamen sind. Mönchsfisch, Lotte oder Seeteufel, was ist zutreffender? Eigentlich keiner dieser Namen. Anglerfisch würde besser passen, ist wissenschaftlich aber bereits vergeben! Und die deutsche Bezeichnung Mönchsfisch sollte bei der Gelegenheit auch in Seeamsel umbenannt werden, meine ich.

Eigentlich ein Angler
So wie der Anglerfisch hat auch der Seeteufel den ersten Strahl seiner Rückenflosse zu einer Angel (Illicium) umgewandelt. An dieser hängt ein Köder (Esca), mit dem die Beute angelockt wird. Mit rhythmischen Bewegungen imitiert er perfekt die Bewegungen des Köders. So perfekt, dass die Beute auf den Trick hereinfällt und in der Hoffnung auf ein leckeres Fresschen näher kommt. So nahe, bis es zu spät ist. Mit einem gewaltigen Schlag seiner Schwanzflosse schießt der Seeteufel seiner Beute entgegen und reißt sein riesiges Maul weit auf. Der Beutefisch wird durch den gewaltigen Sog in den Schlund des Raubfisches förmlich eingesaugt. Sekundenbruchteile später ist alles vorbei und nur mehr ein Fisch zu sehen. Der Seeteufel, dem vielleicht noch ein Stück vom Schwanz des Fisches aus dem Maul hängt. Aber auch dieser Rest wird rasch hinuntergewürgt.

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Armflosser
Seeteufel gehören biologisch zur Ordnung der Armflosser und dieser Name beschreibt schon sehr gut, wie sich Seeteufel gerne fortbewegen. Bei den nahe verwandten Anglerfischen sieht man diese Art der Fortbewegung besonders schön. Auf ihren Brustflossen krabbeln und hüpfen sie langsam über den Meeresgrund. Unsere Arme sind ja auch nichts anderes als im Verlauf der Evolution umgebildete Brustflossen, die erst zu Vorderbeinen und schließlich zu Armen wurden! Und aus den Bauchflossen wurden unsere Beine. Extremitätenevolution sagt man wissenschaftlich dazu und eine lateinische Bezeichnung gibt es sicher auch dafür.

Fortpflanzung
Seeteufel werden mit einer Länge von etwa 40 cm und Seeteufelinnen mit 70 cm geschlechtsreif. Sie sind dann ca. sechs Jahre alt. Bei der Laich geben sie etwa eine Million violetter Eier ab. Diese werden von einem Laichband, welches  etwa so groß wie eine Fahne an einem Fahnenmast ist, zusammengehalten. Dieses treibt frei im Meer und wird durch Wind und Wellen nach und nach zerrissen. Die Larven leben noch einige Zeit im Freiwasser und kehren mit einer Länge von etwa 7 cm zum Bodenleben zurück.

Ein prominenter Seeteufel
war Felix Graf von Luckner. „Seeteufel“ war sein Spitzname als erfolgreicher militärischer Taktiker zur See, Titel eines seiner Bücher und Name seines Zweimastschoners. Dieses elegante Schiff stellte er in den 40er Jahren dem jungen Tauchpionier Hans Hass zur Verfügung, der es als Expeditionsschiff ausrüstete. Doch der Krieg beendet seine Pläne: Die „Seeteufel“ wurde 1945 von den Russen beschlagnahmt und Hans Hass musste bis 1951 auf sein später weltberühmtes Forschungsschiff „Xarifa“ (griech: schöne Frau) warten. Aber das ist eine andere Geschichte...

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Zusammenfassung
Hässlich und heimtückisch, aber wohlschmeckend. Ja, so kann man den Seeteufel in einem abschließenden Satz beschreiben, wenn man will.
Durch ihre hervorragende Tarnung werden Seeteufel von Tauchern meist übersehen; im Gegenzug sehen Seeteufel viel mehr Taucher als umgekehrt!

 

Video zum Thema

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