Neues vom Triton

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05.04.2016 16:51
Kategorie: News

Vom Sauerstofffilter zum Flüssigsauerstoff

Ein zünftiger Aprilscherz muss glaubhaft gut gelogen und am besten so dermaßen umfassend übertrieben sein, dass jeder der ihn durchschaut auch über die gutgemachte Lüge ordentlich ablachen kann.

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Kürzlich berichteten wir über das neue „Kiemen-Atemgerät“ Triton, das sich wie ein gutgemachter Aprilscherz anhörte. Der Gründer Jeabyun Yeon hatte mit seinen beiden schwedischen Partnern Saeed und John Khademi innerhalb weniger Tage auf der Gründerplattform IndieGoGo mehr als 900.000 US Dollar eingesammelt. Das Projekt wollte damit die Produktion und Markteinführung des ersten „Kiemenatmers“ der Welt zum Tauchen bis in viereinhalb Metern Wassertiefe finanzieren.

Hier zur "alten" Story: Triton Gills – Ein neues Tauchgerät sorgt für Furore

Dass wir Zweifel haben, dass das vorgestellte Konzept technisch so funktionieren könne, hatten wir schon in unserem Beitrag gemutmaßt. Wir erwägten sogar auch, dass es sich um ein cleveres Betrugskonzept oder einen „worldwide Aprilscherz“ handeln könne. Der 1. April verstrich, der vermutete Scherz war keiner. Aber was sich dann ereignete, überraschte alle, die sich mit dem Thema und dem Gerät befasst hatten.

Das Gründerteam schloss die Kampagne auf der Plattform IndieGoGo und erstattete allen Teilhabern die inzwischen auf mehr als 900.000 US Dollar eingezahlten Beiträge. Doch nur ein Scherz? Mitnichten, denn postwendend wurde eine neue Kampagne eröffnet und dazu einige Erklärungen abgegeben. Saeed Khademi erklärte, dass man seit der Gründung bemüht war, die eigene Technologie zu schützen und deshalb zur Funktion des Gerätes nicht alles mitgeteilt hatte. Die neue Wahrheit lautet nun, dass die technischen Komponenten des Triton (= die "künstlichen Kiemen", mikroporöse Hohlfasern die mittels eines Miniatur-Powerkompressors Sauerstoff aus dem Wasser herausfiltern ohne Wassermoleküle mit ins System zu ziehen) zusätzlich zu dem aus dem Wasser generiertem Sauerstoff mit flüssigem Sauerstoff versorgt werden würden, der aus kleinen integrierten Sauerstofftanks geliefert würde. Und die können beim Hersteller gekauft und selbst ausgewechselt werden. Über Preise könne man noch nichts sagen und an einer wieder auffüllbaren Version werde gearbeitet...

Um dem Ganzen nun noch mehr Glaubwürdigkeit als ohnehin schon zu verleihen, wurde ein Film gedreht und veröffentlich, der – schön unscharf gehalten – Mitgründer Saeed Khademi 12 Minuten im Pool sitzend zeigt, wie er aus dem Gerät atmet. Wer Böses dabei denkt, könnte vermuten, dass er seinen Kopf bewusst nicht bewegt um einen durchsichtigen Schlauch der externen Luftversorgung die sich möglicherweise an seiner rechten Seite verbirgt, nicht ins Bild zu bewegen.

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Die vermuteten zwei integrierten Flüssigsauerstoff-Behältnisse mit geschätzten maximal 4 cm Durchmesser und 10 cm Länge ergäben  (V= π ∙ r² ∙ h) ein Gesamtvolumen von etwa 250 ccm. Ob das wohl ausreicht für zweimal 45 Minuten angekündigter Atmung unter Wasser? Mal laienhaft nachgerechnet (ohne den Sauerstoff den die künstlichen Kiemen aus dem Wasser "generieren") kommt man bei 250 ccm Flüssigsauerstoff (bei einer möglichen Expansionsrate von 860:1 bei 20 Grad Celsius Umgebungstemperatur) auf ein Sauerstoffgas-Volumen von etwa 215 Liter. Bei einem angenommenen relativ geringen Atemminutenvolumen von durchschnittlich 12 Litern pro Minute (gerechnet auf maximale Tauchtiefe 4,5 Meter) kämen nur knapp 18 Minuten und nicht einmal annähernd ein Viertel der angekündigten Tauchzeit von 2x45 Minuten heraus. Und das ganze bei voller Ausschöpfung des O2 Vorrats.

Und wie kommt man von den mehr als -200 Grad des flüssigen Sauerstoffs herunter zu einem atembaren Sauerstoffgas? Und was sagen Airlines zu einem Tauchsport-Produkt, das zwei kleine „Bomben“ mit an Bord bringt? Dass Lithium-Ionen-Akkus ohnehin schon im Visier der Sicherheitsfachleute stehen, ist bekannt. Dass solch ein kritischer Akku nun auch noch links und rechts von zwei hochexplosiven Flüssigsauerstoffbehältnissen „flankiert“ sein soll, ist schwer vorstellbar...

All diese Fragen scheinen diejenigen, die es glauben wollen, nicht abzuhalten ihr Geld erneut zu investieren. Die neue Kampagne des koreanisch/schwedischen Technik-Marketing-Trios hat Stand heute schon wieder mehr als 290.000 US Dollar eingesammelt. Tendenz: steigend! Geld genug scheint ja allüberall vorhanden zu sein und wer glaubt, gewinnt! Manchmal jedenfalls... Auf jeden Fall werden wir die Entwicklung weiter im Auge behalten ;-) (hap)

Link zur Kampagne auf IndieGoGo: Triton, World's First Artificial Gills Re-breather