Nachruf Dr. Erich Ritter

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01.09.2020 16:03
Kategorie: News

Ein etwas anderer Nachruf von Gerhard Wegner

Der Tod Erichs hat mich überrascht und persönlich sehr betroffen gemacht. Als Herbert Gfrörer von Taucher.Net mich fragte, ob ich einen Nachruf schreiben kann, bat ich zunächst um Bedenkzeit. Besonders die Taucherszene weiß, dass zwischen Erich und mir seit vielen Jahren Eiseskälte herrschte und jede Äußerung von mir zu seinem Tod bestimmt sehr kritisch gesehen wird.

In der ziemlich schlaflosen darauf folgenden Nacht, kamen mir so viele gute Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit, dass ich am nächsten Tag zusagte. Hierzu möchte ich eine Geschichte erzählen:

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Es begann auf Walker`s Cay. Am Abend vor Erichs Haiunfall saßen wir an der Bar und diskutierten. Über Haischutz und Haiunfälle. Ich präsentierte ihm meine Philos einer für damalige Zeiten revolutionären Haischutzorganisation und er hörte mir geduldig zu.

Das Grundproblem des Haischutzes liegt im Image der Haie. Wir müssen aus den Monstern in unserem Kopf erst normale Tiere machen, bevor wir sie schützen können“, argumentierte ich.

Er schaute mich nachdenklich an und antwortete: „Würde es helfen, wenn wir beweisen können, dass Haie sprechen? Daran arbeite ich nämlich gerade.

Wir verstanden uns auf Anhieb!

Was daraus geworden wäre, wenn Erich nicht am nächsten Tag von einem Bullenhai gebissen worden wäre? Ich bin sicher, zu Hause hätten tausend Alltagsprobleme die Idee zugeschüttet und SHARKPROJECT wäre nie geboren worden.

Doch mit dem Unfall fing es an. Ich stand daneben, als Erich gebissen wurde und war Zeuge all der blutigen Einzelheiten. Am Abend saß ich mit den anderen Gästen am Lagerfeuer. Tief getroffen warteten wir auf die Nachricht, ob Erich den Biss überlebt hatte. Da klingelte plötzlich das Telefon an der Bar. Der Barkeeper nahm den Anruf entgegen und blickte sich suchend um. Da er wusste, dass ich aus Deutschland war, gab er den Hörer an mich weiter. „Ein dringender Anruf aus Deutschland“, sagte er zur Erklärung.

Am anderen Ende war der Mitarbeiter einer bekannten deutschen Boulevard-Zeitung, der unbedingt mit einem Überlebenden des „Hai-Massakers“ reden wollte. Ich war bestürzt. Ausgerechnet der Unfall des Mannes, der mit all seiner Kraft für den Schutz der Haie eintrat, war auf dem besten Weg, das Image der Tiere noch weiter zu zerstören.

An diesem Abend schrieb ich meine Idee. Zurück in Deutschland, gründete ich mit Gleichgesinnten die Haischutzorganisation SHARKPROJECT, die zunächst nur eine Aufgabe hatte: Haie zu entkriminalisieren.

Als Erich wieder telefonieren durfte, war ich der Erste, der mit ihm sprechen durfte. Wir blieben im engen Kontakt und nach seiner Genesung wurden wir zum „Dreamteam des Haischutzes“, wie es die Tauchsportmedien nannte. Ausverkaufte Vorträge, Presseauftritte, zwei gemeinsame wegweisende Bücher, zwei gemeinsame Dokumentarfilme, einmalige Erlebnisse mit Haien und Menschen und unzählige durchdiskutierte Nächte machten uns zu besten Freunden.

Dann traf uns der Blitz – besser gesagt, der Streit zweier um den zukünftigen Weg kämpfender Alphatiere entbrannte. Aus heutiger Sicht nicht mehr zu verstehen, kein bisschen nachzuvollziehen.

Und das Schlimmste: Wir beide haben es in all den Jahren nicht geschafft, uns wieder zu versöhnen.

Ich bedaure das aus tiefstem Herzen.

RIP Erich.