Kategorie: Reise
Die wilde Halbinsel Kroatiens
Weit im Süden Kroatiens ragt eine schmale Halbinsel wie der Daumen einer rechten Hand 70 Kilometer weit in die Adria. Die bis fast 1000 Meter hoch aufragenden Berge sind mit Steineichen und Aleppo-Kiefern bewaldet. In ihnen leben und heulen Schakale. Auch Wildschweine fühlen sich in den Wäldern wohl. Neben viel Natur, Ruhe und hervorragenden Rotweinen lockt hier eines der schönsten Wracks der Adria, das Torpedoboot S 57.
Bericht von Harald Mathä
Tauchen am Pelješac
So wie die Berghänge der Halbinsel ins Meer stürzen, so setzen sie sich unter Wasser fort. Was heute aus dem Wasser schaut und Dalmatien genannt wird, sind die Spitzen eines Gebirges, das aus dem Meer ragt. Das Wasser hat überall Grotten und Höhlen in den Karst gewaschen. Es ist ein heiteres Tauchen, ja fast schon herumhuschen und Versteckenspielen zwischen riesigen Felsblöcken mit Überhängen und kleinen Grotten. Fällt der Meeresgrund mal flacher ab, dann dominiert bis über 20 Meter Tiefe Seegras, Seegras und nochmal Seegras. An manchen Tauchplätzen erstreckt es sich wie in den Prärien von Wyoming bis zum Horizont. Dazwischen sorgen nur einige rote Geweihschwämme für Abwechslung. Dann gibt wieder gibt es Tauchplätze, die das Taucherherz hochschlagen lassen: Drop-offs mit Überhängen und Spalten aus denen Garnelen ihre Fühler dem Taucher entgegenstrecken.
Der versenkte Windhund: Das Wrack von Torpedoboot S 57
Einen Steinwurf von den steil abfallenden Bergen des südwestlichen Pelješac liegt ein Wrack aus dem zweiten Weltkrieg, das zu den schönsten im Mittelmeer zählt. Nach wenigen Minuten wird das Monoton einer Seegraswiese durch die Silhouette des Wracks abgelöst, das sich aus dem Blau schält. Auch wenn die Holzbeplankung längst verschwunden ist: Der Schiff hat immer noch etwas unglaublich schnittiges und dynamisches an sich. Der Bug ist leider in den letzten Jahren abgebrochen. Das 33 Meter lange Wrack liegt auf seine Steuerbordseite geneigt am Abhang.
Angetrieben von drei 12-Zylinder Daimlermotoren mit 3960 PS donnerte das schnittige Schnellboot mit knapp 40 Knoten über das Meer. In der Nacht auf den 19. August 1944 begann die letzte Fahrt des deutschen Schnellbootes. Es sollte einen Geleitzug nach Dubrovnik schützen, doch die Schiffe gerieten in einen Hinterhalt und S 57 wurde Opfer der Granaten englischer Torpedo- und Kanonenboote. Die schwer beschädigte und in Brand geschossene S 57 wurde noch in der Nacht von seiner Besatzung nahe der Küste versenkt.
Seither liegt das beeindruckende Wrack auf einem Abhang zwischen 18 und 38 Metern. Die Holzbeplankung ist längst verfault, durch die Spanten aus Metall sieht man tief ins Innere des Schnellbootes. In den Torpedorohren an beiden Seiten des Wracks stecken die immer noch scharfen Torpedos! Gleich dahinter warten Reservetorpedos auf ihren Einsatz. Am Heck ist die Zwillingsflak unübersehbar. Auch sie ist noch immer scharf aufmunitioniert, die vollen Magazine mit 2 cm Munition stecken immer noch so in der Kanone. Die Flak kann bis heute bewegt werden!
Schakale in der Nacht
Durch seine isolierte Lage ist die dünn besiedelte Halbinsel zu einem Rückzugsgebiet der letzten Goldschakale (Canis aureus) Europas geworden. Die Rudel scheinen sich in den schwer zugänglichen Wäldern und Schluchten wohl zu fühlen. Die Einheimischen meinen, dass die Tiere in den letzten 30 Jahren deutlich mehr geworden sind. Scheint der Mond vom Himmel, dann hört man die Schakale heulen- und die Dorfhunde singen mit.
Rotwein vom Feinsten!
Weine vom Pelješac, besonders der Dingač, ist in ganz Europa bekannt. Viel Sonne, mineralische Böden und viel Liebe zur Arbeit im Weinberg machen aus dem Wein hier ein Tröpfchen, das den Kenner lustvoll mit der Zunge schnalzen lässt. Vor Ort kann man bei berühmten und unbekannten Winzern verkosten, plaudern und einkaufen. Die Paläste der großen Winzer erinnern an Napa Valley in Kalifornien, die Preise auch. Beim kleinen Weinbauern ist es aber gemütlicher und günstiger!
Lokaltipp: Konoba Solar in Žuljana
Manches bessert sich mit der Zeit: Seit 2018 kann man in auch Žuljana richtig gut essen! Mitten an der „Hauptstraße“ (die eigentlich eine Gasse ist) im Ort eröffnete eine kleine Konoba mit einem selbstgebauten Grill- und auf den ist der Chef so richtig Stolz. Er spielt mit Holz, Feuer und Glut wie auf einem Instrument. Die Resultate können sich sehen und schmecken lassen. Alle Produkte kommen aus dem eigenen Garten, der Bucht oder aus der Umgebung. Tipp: Wildschwein aus der Peka!
Die „chinesische Mauer“ Europas
Beim Städtchen Ston ganz im Süden der Halbinsel schnürt sich die Landenge auf wenige hundert Meter Breite ein. An diesem strategisch wichtigen Punkt wurden im 15. Jahrhundert mächtige Wehrmauern über die Berge gebaut um die bedeutenden Salzsalinen in Ston verteidigen zu können. Die 40 Kilometer langen Wehrmauern gelten als die längsten Europas. Sie überstanden die Jahrhunderte, Kriege und sogar das schwere Erdbeben von 1996, das sein Epizentrum nahe Ston hatte. Sogar im Jugoslawienkrieg erfüllten die Mauern noch ihren Zweck: Die Angriffe der Serben wurden von hier aus zurückgeschlagen. Der Anstieg ist steil und schweißtreibend. Am höchsten Punkt der Verteidigungslinie angelangt wird man aber mit einem herrlichen Ausblick über das Städtchen Ston, die Salinen und das Meer belohnt.
Zusammengefasst
Der Weg an den Pelješac im Süden Dalmatiens ist weit. Landschaftlich gehört die wilde Halbinsel aber sicherlich mit zum Reizvollsten, das die kroatische Küste zu bieten hat. Es gibt an Land viel zu entdecken und unvergessliche Erinnerungen: Begegnungen mit den Goldschakalen beispielsweise und ihr nächtliches Heulen. Auch kulinarisch kann die Halbinsel wirklich was. Liebhaber von großen Rotweinen werden hier selig. Unter Wasser kann der Pelješac vor allem mit einem punkten: Dem Wrack des Schnellbootes S 57.
Infos PELJEŠAC
Lage: Süddalmatien/Kroatien
Größe: 66x7 km
Anreise: Über Split und Neum (Bosnien-Herzegowina) nach Ston. Alternativ mit der Fähre von Ploče am Festland nach Trpanj
Nächster Flughafen: Dubrovnik (Transfer ca. eine Stunde)
Währung: 7,5 Kuna= 1 Euro
Empfohlene Tauchbasis: Diving Žuljana www.divingcentrezuljana.com (Infos auf Taucher.Net)