Im Interview: Katarina Linczenyiova, Apnoetaucherin

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10.06.2016 18:43
Kategorie: Diverses

Ein aufstrebender Stern

Katarina Linczenyiova ist ein aufstrebender Stern am Apnoehimmel. Ein Stern, der im deutschsprachigen Raum aber noch recht unbekannt ist. Wir haben die faszinierende junge Frau bei der Spring Academy in Kroatien kennengelernt und mit ihr gesprochen.

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Interview von Harald Mathä

Taucher.Net (TN): Hallo Katie, ich freue mich sehr dich interviewen zu dürfen. Kannst du uns etwas über dich erzählen?
Katarina Linczenyiova (KL): Ich bin offizielle Repräsentantin der Slowakei im Apnoetauchen. Neben dem Training studiere ich Sportwissenschaften und forsche im Bereich der Ökopsychologie. Ich halte auch Vorträge, nehme an Expeditionen teil und bin Trainerin für Stressmanagement. Aber das Wichtigste: Ich liebe das Meer und das Abenteuer!

TN: Welches Buch liest du gerade?
KL: “Biology of Love” von Artur Janov. Die Idee des Buches ist, dass pränatale Erfahrungen und eine traumatische Geburt Spuren im Nervenkostüm hinterlassen, die Ursachen für psychische Probleme und Erkrankungen im späteren Leben sind. Nach der Geburt, wenn der Säugling liebevolle Zuwendung benötigt, kann zu wenig davon ebenso schädlich sein, wie ein Sauerstoffmangel. Dieses Buch kann ich jedem, nicht nur Psychologen, empfehlen!

TN: Was ist dein Lieblingstier?
KL: (grinst) Ich liebe Kängurus! Allein schon wie die rumhüpfen! Im Meer liebe ich Schildkröten. Wenn sie zur Oberfläche kommen und nach Luft schnappen, dann ist das genau so, wie wenn ich nach einem langen Tauchgang auftauche oder wenn ein Neugeborenes zum ersten Mal seine Lungen füllt.

TN: Was sind deine Ziele im Leben?
KL: Ich will ein glückliches und erfülltes Leben und das tun, was ich liebe. Ich will als Sportlerin immer besser werden und die wissenschaftlichen Hintergründe von Sport und Evolution tiefer verstehen. Ich interessiere mich auch sehr für Kunst und arbeite an meinem ersten Buch. Für mich ist lebenslanges Lernen sehr wichtig. Meine Lebensziele sind also Sport, Wissenschaft und Kunst und so will ich mein Bestes denen geben, die es am Nötigsten brauchen: der Umwelt und den Menschen.

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TN: Glaubst du an einen Lebensweg, der einem vorbestimmt ist?
KL: Ich glaube, dass man seinen Lebensweg selbst bestimmen kann. Vielleicht gibt es so etwas wie Vorbestimmung, aber man sollte seine Träume nicht aufgeben, nur weil etwas nicht so läuft, wie es soll und man das dann “Schicksal” nennt und es einfach hinnimmt.

TN: Bei wem hast du Apnoetauchen gelernt?
KL: Ich wurde von einigen der besten Apnoetauchern der Welt trainiert und dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Mein Trainer ist Martin Zajac vom Apneaman Team. Er ist sehr streng und nennt mich faul, aber er hat es geschafft, dass sich meine Leistungen verbessern, ohne dass er allzuviel sagen muss.

TN: Wann und warum hast du mit diesem Sport angefangen?
KL: Ich tauche seit ich neun Jahre alt war, aber mit dem Freitauchen habe ich erst mit 17 begonnen. Ich war damals sehr krank und viel im Krankenhaus. Als ich zum ersten Mal Apnoetauchen war, bemerkte ich, dass es mir helfen könnte, auch mein Leben in den Griff zu bekommen. Es half mir, meine Krankheit auf geistiger Ebene zu meistern.

TN: Hast du Vorbilder?
KL: Ja, meinen Großvater. Er war Architekt, Jazzmusiker, Maler und Reisender. Er kam in der ehemaligen Tschechoslowakei zu Welt, hat den 2. Weltkrieg und den Eisernen Vorhang überlebt. Er hat sich um seine Familie gekümmert und in Algerien großartige Gebäude errichtet. Er hatte nie viel Geld, er war sogar immer sehr arm, aber Geld alleine bedeutete ihm nicht so viel. Worum es ihm in seinem Leben ging, war glücklich zu sein und das zu tun, was ihm wichtig war. Selbst, als er sehr krank war oder sein Geld wieder einmal nicht bekam. Ich glaube, er wusste, was Glück und Liebe wirklich bedeuten.
TN: Was für ein Mensch!

TN: Was sind deine persönlichen Rekorde in Apnoe?
KL: Ich bin seit 2013 weltweit drittbeste Taucherin in der Disziplin “konstantes Gewicht”. Ich habe einige nationale Rekorde in der Slowakei errungen, habe vier Mal die Bronzemedaille beim “Suunto Vertical Blue” auf den Bahamas geschafft und bin die einzige Frau, die in 2000 Metern Seehöhe unter Eis Apnoe getaucht ist.

TN: Was war das Verrückteste, das du jemals unter Wasser gemacht hast?
KL: (lacht) Du fragst nach verrückten Dingen, die ich in meinem Leben gemacht habe? Damit könnte man ein Buch füllen! Unter Wasser aber mache ich keine Verrücktheiten, das ist zu gefährlich. Ich muss jedoch zugeben, dass ich mich ziemlich eigenartig gefühlt habe, als wir für einen Film unter Wasser tanzen mussten. Sexy, im Bikini, aber ohne Maske oder Nasenclip. Eine ganz einfache Aufgabe, sexy auszusehen, wenn man dabei fast ertrinkt...

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TN: Mit welchen Entspannungstechniken bereitest du dich vor?
KL: Ich arbeite mit Visualisierungstechniken und autogenem Training. Visualisierung ist eine einfache Technik, die jeder erlernen kann und die nicht viel Willenskraft erfordert. Dabei stelle ich mir meinen gesamten Tauchgang in kleinen Schritten vor. Ein 90 Metertauchgang dauert mit meiner Monoflosse drei Minuten; in Gedanken kann dieser dabei eine Stunde dauern. Ich kann den Tauchgang 100mal durchdenken und mich auf alle Eventualitäten, die passieren könnten vorbereiten. So kann ich herausfinden, was mich stressen würde und lerne mit diesen Emotionen umzugehen.

TN: Harpunieren wird bei uns sehr kritisch gesehen. Wie stehst du dazu?
KL: Du hast recht, harpunieren wird in ganz Mitteleuropa sehr kritisch gesehen, ich habe aber in Australien und Indonesien harpunieren gelernt. (runzelt die Stirn) Das ist ein sehr sensibles Thema, das man nicht in wenigen Sätzen diskutieren kann. OK? Meine Meinung ist: Wenn du Fisch isst, beispielsweise weil du Sportler bist und Fett benötigst, dann ist es besser, wenn du ins Meer jagen gehst, als in den Supermarkt. Denn dort stammt er aus kommerzieller Fischerei und die zerstört das Meer. Wenn er aus Fischzuchten stammt, dann ist das auch nicht gut, weil da Antibiotika und Hormone verfüttert werden. Verantwortungslos zu jagen ist schlecht, egal ob eine riesige Fischfangflotte mit ihren Netzen oder ein Taucher, der alles harpuniert, was ihm in die Quere kommt. Ein verantwortungsvoller Jäger aber erlegt nur was er wirklich braucht und wo es erlaubt ist. Verantwortungsvolle Harpunierer achten die Umwelt und engagieren sich im Meeresschutz!

TN: Wie groß ist dein Lungenvolumen und wie lange kannst du die Luft anhalten?
KL: Meine Vitalkapazität sind nur vier Liter. Aber ich trainiere meine Lunge jeden Tag. Ich glaube, dass es wichtiger ist, zu lernen mit einer bestimmten Menge an Luft zu haushalten und Sauerstoff zu sparen, als die Menge überzubewerten. In Bewegung kann ich 3½ Minuten die Luft anhalten und in Ruhe 7 Minuten.

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TN: Tauchst du auch mit Gerät?
KL: Natürlich! Ich liebe es mit Gerät zu tauchen! Es ist für mich aber noch immer fremdartig unter Wasser zu atmen. Viele Freitaucher hören auf mit Gerät zu tauchen, aber ich genieße jeden einzelnen Tauchgang. Wenn ich mit Gerät tauche, erlebe ich die Unterwasserwelt draußen, Apnoe blicke ich mehr in mich hinein.

TN: Wohin möchtest du noch unbedingt reisen und warum?
KL: In die Antarktis! Davon hab ich immer schon geträumt! Bereits als Kind habe ich Bücher über den Südpol verschlungen. Ich möchte dort mit den Seeleoparden freitauchen und ich möchte an einer Steilwand aus Eis apnoetauchen. Solche Eiswände gibt es nur in der Antarktis. Es ist so ein raues Land- und das erzeugt rohe Gefühle in mir!

TN: Herzlichen Dank für das nette Gespräch!
KL: Es war mir ein Vergnügen!

Weitere Informationen Katarina Linczenyiova
Wohnort: Bratislava, Slowakei
Alter: 23 Jahre
Web: katarinalincz.com