Im Blindflug auf den Spuren des Riesenhais 'Megalodon'

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13.07.2016 14:49
Kategorie: Diverses

Bill's Thrill

William „Bill“ Eberlein taucht seit 1986. Er hat's mit den Zähnen. Nicht mit den eigenen, mit fremden, deren Träger aber inzwischen Geschichte sind. Meistens jedenfalls. Bill taucht in den Küstengewässern von Georgia nach Fossilien und das mit großem Erfolg. Kürzlich krönte er sein Hobby, das inzwischen zu seinem Beruf geworden ist, mit einem sensationellen Fund, der in Wissenschaft und Medien viel Wirbel verursachte. Er barg aus den muddigen, meistens undurchdringlichen, strömungsreichen Gewässern vor Savannah einen großen Teil eines Mastodonkiefers. Das Teil war so schwer, dass er es mit seinem Jacket kaum aus den rund 15 Metern Tiefe emporbringen konnte.

Bericht von Harald Apelt

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Mastodons sind schon seit mehr als 12.000 Jahren ausgestorben. Es waren Mammuts, die bis zu drei Meter hoch und über 6.000 Kilogramm schwer wurden. Gewaltige aber liebenswerte, wenig aggressive Lebewesen, die mit ihren Stoßzähnen die Erde aufwühlten und nach Fressbarem suchten. Der geborgene Mastodonkiefer ist noch mit zwei mehr als faustgroßen Zähnen bestückt, die komplett mit Wurzel erhalten, lose in dem Kieferfragment sitzen und herausgenommen werden können. Ein beeindruckender Fund.

Meistens hat Bill es aber mit martialischeren Funden zu tun, denn er sammelt inzwischen sehr professionell Zähne von den prähistorischen Riesenhaien Megalodon. Diese Giganten von mehr als zwanzig Metern Länge durchzogen vor Millionen Jahren die Weltmeere, erreichten etwa Größe und Gewicht eines heutigen Pottwals und waren gefährliche Räuber, in deren Kiefer ein Mensch hochkant spielend hineinpasste und deren messerscharfe Zähne zu Hunderten in dichten Reihen den gewaltigen Kiefer besetzten.

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Bill hat schon viele hundert Megalodonzähne aus dem muddigen, strömungsreichen und brackigen Gewässern an Georgias Küste geborgen. Sein größter Zahn misst mehr als 17 Zentimeter Höhe und zwölf Zentimeter Breite und wiegt in der versteinerten Form über ein Kilo. Seine Flanken sind mit kleinen Sägezähnen besetzt, die den spitz zulaufenden Zahn zu einem perfekten Beißwerkzeug machten.

Jeder Zahn ist ein Unikat

Bill begann sein Hobby als Sporttaucher,  wurde dann Mitglied in einem Search & Rescue Team und später NAUI-Tauchlehrer. Als er nach Georgia in den Südosten der Vereinigten Staaten zog, begleitete er eines Tages einen Fossilientaucher in die trüben, strömungsreichen Küstengewässer vor Savannah in denen sich die Süßwasserflüsse mit dem Salzwasser des Meeres vereinigen. „Schon beim ersten Mal war ich fasziniert und als ich meine ersten Funde mit hoch brachte, war es um mich geschehen“, erzählt Bill aus der Anfangszeit, als er seine ersten Megalodonzähne heimbrachte. Anfang 2001 hatte er schon so viele Zähne aus dem Schlamm geborgen, dass er entschied einige zu verkaufen. 2008 gab er dann seinen Beruf als IT-Lehrer an einem Technical College auf und widmete sich ganz der Unterwassersuche nach Fossilien. Er baute seine Webseite (www.megateeth.com) und richtete hier einen Shop ein in dem interessierte Kunden stöbern und ab etwa 150 US Dollar einen Megalodonzahn erwerben können. Die Prachtstücke, um die sich inzwischen auch die Museen weltweit bemühen, kosten dann auch schon mal über 1.000 Dollar.

Jeder Zahn ist ein Unikat, alle Zähne sind von Bill zertifiziert, überwiegend selbst geborgen und nicht mit chemischen Werkstoffen geflickt oder überarbeitet, wie man sie oft im Internet auf ebay-Auktionen sehen kann.

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Er taucht in Tiefen zwischen 10 und 20 Metern, meistens mit null Sicht, sodass er selbst mit seiner 50 Watt-Tanklampe oftmals kaum seine Instrumente ablesen kann. Manchmal ist er bei seinen Tauchgängen fast eineinhalb Stunden unter Wasser. „Das ist nichts für Anfänger“, sagt Bill. „Es ist ein Tasten im Schlamm und man muss sich hüten, was man anpackt! Denn wenn dein „Fund“ sich zu bewegen beginnt, ist Eile geboten! Denn es kann ein Rochen sein, der, aufgeschreckt, wild mit seinem gefährlichen Schwanz um sich schlägt und schmerzhafte Verletzungen verursachen kann. Und wenn man dann gelegentlich meint, einen prächtigen Megalodonzahn in den Handschuhen zu halten, kann es auch die geschlossene Schere eines blauen Krebses sein, der einem im nächsten Moment zu zeigen versucht, wieviel Kraft in seinen Scheren steckt“, berichtet Bill und lacht dabei.

Er hat schon alles erlebt und weiß, wie er sich zu verhalten hat. Und selbst Kollisionen mit Haien, die gelegentlich im Blindflug auf der Suche nach Fressbarem durch die Küstengewässer streifen, hat es schon gegeben. „Tiger-, Hammer- und Bullenhaie gibt's in diesen Mischgewässern ebenso wie Alligatoren. Gott sei Dank scheinen diese Fleischfresser kein allzu großes Interesse an mir zu haben“, erklärt Bill ganz entspannt.

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Und auch die Strömung macht manchmal das Tauchen zu einem unkalkulierbaren Erlebnis. „Da wird man manches Mal dermaßen über den Grund gespült, dass man am Ende kaum noch weiß, wo man gerade steckt. Das Auftauchen ist dabei natürlich auch nicht ganz ungefährlich, denn in den Küstengewässern hat es auch viel Schiffs- und Sportbootverkehr und die genaue Ortung der Wasserfahrzeuge ist für uns Taucher kaum möglich“, erklärt Bill. Und wenn man dann das eigene Boot aus den Augen verloren hat und bei voller Strömung im Freiwasser einen Sicherheits-Dekostopp einlegen muss, ist das ganze Prozedere bisweilen nicht mehr so richtig entspannt.

Bill ist aber ein Profi und hat noch immer Spaß an seinem Hobby, das inzwischen schon seit fast zehn Jahren auch sein neuer Beruf ist. Oft haben Leute ihn schon gefragt, wie er es denn merken würde, wann es Zeit zum Auftauchen sei, wenn er die Instrumente gar nicht ablesen kann. „Wenn der Atemwiderstand der fast leeren Flasche größer wird, dann wird’s Zeit“, lautete seine wohl nicht ganz ernst gemeinte Antwort. Aber das weiß man bei William „Bill“ Eberlein nie so genau, wenn dabei ein breites Lächeln seinen Mund umspielt. (hap)

Bill auf Facebook:
www.facebook.com/megateethfossils

Zu Bills Webseite und Shop:
www.megateeth.com