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Höchste Wassertemperatur seit 400 Jahren
Noch nie in den letzten 400 Jahren war das Meer um das Great Barrier Reef so warm wie in diesem Jahr. Eine neue Studie macht menschliche Einflüsse als Hauptursache für die Erwärmung aus: "Wenn sich die Situation nicht ändert, werden wir wahrscheinlich bald Zeuge des Untergangs eines der größten Naturwunder der Welt", sagt einer der Autoren der Studie.
Es war die fünfte Korallenbleiche in nur acht Jahren, die Anfang des Jahres in Australien begann. Für die Korallenpopulationen des Great Barrier Reefs ist das katastrophal, denn sie stoßen die bunten Algen ab, mit denen sie sonst in Symbiose leben. Die Folge: Die Korallen bleichen nicht nur aus, sie verlieren auch die für sie oft lebenswichtigen Energielieferanten und sterben in der Folge ab.
Nach Angaben des Klimaforschers Benjamin Henley von der Universität Melbourne war der Hauptgrund für die erneute Korallenbleiche in Australien das überdurchschnittlich warme Meerwasser. Von Januar bis März waren die Wassertemperaturen vor der Küste Australiens höher als im gleichen Zeitraum der letzten 400 Jahre.
Die Studie zeigt, dass es von 1960 bis 2024 einen stetigen Anstieg gab: Im Zeitraum von Januar bis März wurde eine durchschnittliche Erwärmung von 0,12 Grad pro Jahrzehnt gemessen. "Die Korallenbleiche der letzten Jahre war extrem und beispiellos, selbst über einen so langen Zeitraum von 400 Jahren", sagte der Klimaforscher am Dienstag vor Journalisten. Gemeinsam mit einem Team rekonstruierte Henley die langfristigen Veränderungen der Wassertemperaturen rund um das Great Barrier Reef. Dazu nutzten die Forscher Temperaturdaten aus der Vergangenheit und Proben von besonders alten Korallenskeletten. "Aufgrund der Beschaffenheit der Skelette konnten wir neue Erkenntnisse über die Meerestemperatur vor Hunderten von Jahren gewinnen."
Der Mensch ist hauptverantwortlich
Es liegt auf der Hand, dass der Mensch die Hauptverantwortung für die steigende Hitze im Meer vor Australiens Küsten trägt. Die Daten der Studie, die das Team jetzt in der Fachzeitschrift "Nature Climate Change" vorstellt, sind laut Henley ein klarer Beleg dafür. Vor dem 20. Jahrhundert waren die Wassertemperaturen noch weitgehend stabil. Erst ab 1960 konnten die Forscher einen stetigen Anstieg beobachten, den sie auf die vom Menschen verursachte globale Erwärmung zurückführen.
Allerdings weisen die Forscher selbst darauf hin, dass auch die rekonstruierten Temperaturdaten aus der Zeit vor 1900 mit Unsicherheiten behaftet sind: Einige der chemischen Komponenten in den Korallen, die zur Modellierung der Temperaturen verwendet wurden, können auch von anderen Variablen wie dem Salzgehalt des Wassers beeinflusst worden sein. Zusätzliche Probenahmen von Korallenbohrkernen aus der Region könnten diese Unsicherheiten jedoch in Zukunft beseitigen.
Korallen kommen mit steigenden Temperaturen nicht zurecht
Dass die Korallen mit den steigenden Temperaturen nicht zurechtkommen, zeigt sich auch an der Zahl der bisherigen Korallenbleichen. Erstmals wurde ein solches Ereignis im Jahr 1980 beobachtet - seither tritt es immer häufiger auf. Das Forscherteam konnte anhand der Daten auch zeigen, dass es in den Jahren der letzten Korallenbleiche (2016, 2017, 2020, 2022 und 2024) in den Monaten Januar bis März im Durchschnitt deutlich wärmer war als in jedem Jahr der Rekonstruktion vor 1900.
Globales Problem
Doch nicht nur die Korallen des Great Barrier Reefs leiden zunehmend unter den steigenden Temperaturen. Die Forscher schätzen, dass 70 bis 90 Prozent der Korallen weltweit verloren gehen könnten - selbst wenn die künftigen Klimaschutzbemühungen greifen und die globale Erwärmung auf 1,5 Grad begrenzt wird.
Sollte dies tatsächlich eintreten, wären die Folgen für die Umwelt gravierend. "Man schätzt, dass weltweit bis zu einer Million verschiedene Tierarten auf und an Korallenriffen leben. Und etwa die Hälfte davon ist noch völlig unbekannt", sagt Hoegh-Guldberg.
Darüber hinaus hätte das großflächige Absterben von Korallenriffen auch wirtschaftliche Folgen - allein in Australien bringen Touristen, die das Great Barrier Reef besuchen, jedes Jahr mehrere Millionen Dollar ins Land. Auch in anderen Ländern sorgen Korallenriffe für wirtschaftliches Einkommen und sind für manche Menschen lebenswichtig.
Umso wichtiger sei es, so das Forscherteam, Klimaschutzmaßnahmen auf globaler Ebene voranzutreiben und vor allem den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren, um zumindest einen Teil der Korallenarten vor dem Aussterben zu bewahren. "Jeder Bruchteil eines Grades, um den wir die globale Erwärmung reduzieren können, ist wichtig und verringert die Risiken für die Korallenriffe der Welt", sagt Henley.