17.06.2008 20:01
Kategorie: News
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Vom Leben, Sex und Sterben in Mitteleuropa vor 70 Millionen Jahren
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Da liegt er in meiner Hand. Gut zwei Zentimeter groß und bräunlich
glänzend. Seine Oberfläche ist völlig glatt. Er ist dreieckig
mit fast gleich langen Kanten. Ein Multitalent. Geschaffen dafür, die
Panzer seiner Beute zu zermalmen. Für manchen Hummer oder Krabbe waren
er und seine Nachbarn das Todesurteil. Doch er konnte nicht nur zermalmen.
Er konnte sich auch in das Fleisch seiner Beute schlagen und faustgroße
Stücke aus dem zuckenden Leib reißen. Im Miozän, vor 70 Millionen
Jahren, fiel er aus dem Maul eines Haies und sank auf den Grund des Paratethysmeeres.
Dort am Äquator wurde er von Sediment und Sand überdeckt. Im heutigen
Oberösterreich sollte er erstmals wieder im Sonnenlicht glänzen:
Ein fossiler Haizahn. |
| Die Entwicklung der Haie war vor 70 Millionen Jahren abgeschlossen. Schließlich jagten sie damals schon seit 130 Millionen Jahren in den urzeitlichen Meeren. Die damaligen Arten sahen bereits so aus wie die noch heute existierenden. Haie besitzen viele Zähne, das ist jedem bekannt. Etwa einen Zahn davon verlieren sie pro Tag. Das stört den Hai nicht weiter, da der Reservezahn schon bereitsteht und aus seinem Revolvergebiss innerhalb weniger Tagen nachgeschoben wird. Wo sich | |
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Durch die Plattentektonik wurden Kontinente und Meere in den letzten 70 Millionen
Jahren so verschoben, dass sich heute ungefähr zwischen München
und Wien (Molassezone) ein Gebiet befindet, welches damals an tropischen Meeresufern
lag. In diesem urzeitlichen Meer tummelten und wuselten die Meeresbewohner
nur so umher. Unter ihnen viele Haie der unterschiedlichsten Arten. Das ist
der Grund, warum sich hier in den Phosphoritsanden so viele Fossilien finden.
Besonders oft Haizähne, aber auch gelegentlich die Überreste urzeitlicher
Muscheln, Schnecken, Seeigeln, Schildkröten und Krokodilen. Eine solche Sandgrube war am Samstag, den 14. Juni 2008 das Ziel von etwa 40 biologisch Interessierten. In Prambachkirchen in Oberösterreich suchten die Teilnehmer unter der Leitung von Dr. Robert Hofrichter mit Schaufeln und Sieben im hellgelben Sand einen Tag lang nach den fossilen Haizähnen. Stundenlang wurde der Sand an den steil aufragenden Wänden
Ergänzend zur Suche erzählte Dr. Hofrichter (Bild re.) über
die Biologie der Haie, ihre 200 Millionen Jahre alte Geschichte und ihre
heutige Gefährdung. Groß und Klein lernten dabei, dass die Brustflossen
unseren Armen entsprechen und die Bauchflossen unseren Beinen. Dass männliche
Haie zwei Begattungsorgane besitzen, hat einen guten Grund. Die Teile werden
im Alter zwar immer größer, verkalken dabei aber. Dies kann im
schlimmsten Fall dazu führen, dass das 'Teil' bei der Begattung abbricht.
Gut wenn man(n) da noch ein redundantes Organ mit sich führt! Beim Liebesakt
verbeißen sich Haie ineinander, weil ihre Brustflossen zum Umarmen
und Festhalten nicht taugen. Dies und die Vorteile einer inneren Befruchtung
haben sich wohl alle Erwachsenen gemerkt! Beim abendlichen Abschluss wurden
noch offene Fragen geklärt und versucht, möglichst alle gefundenen
Zähne 'ihren' prähistorischen Besitzern zuzuordnen. Die sehr empfehlenswerte und lehrreiche Veranstaltung wird vom "Forum Natur und Zukunft" organisiert und findet mehrmals im Sommerhalbjahr statt. Sie ist für Kinder zwischen 5 und 75 Jahren bestens geeignet!