Der DMT-Kurs von DAN Europe

Teile:
16.03.2022 10:11
Kategorie: Medizin

Ausbildung zum Diver Medical Technician

Ganz gleich ob es sich um eine Expedition, eine militärische Operation oder ein wissenschaftliches Forschungsprojekt an entlegenen Orten handelt: Leute mit bestimmten Fertigkeiten werden immer gebraucht. Rettungshelfer und Sanitäter gehören dazu, und zwar am besten solche, die mit den spezifischen Verletzungen und Krankheiten vertraut sind, die in der jeweiligen Situation auftreten können.

Bericht von Andy Torbet

Ein Erste-Hilfe-Kurs lohnt sich immer. Er gibt uns das Selbstvertrauen, die Initiative zu ergreifen und in Not geratenen Menschen zu helfen, und die Menschen in unserer Umgebung wissen, dass sie sich im Falle eines Falles auf uns verlassen können. Wenn es um die Versorgung schwererer oder komplexerer Verletzungen geht, insbesondere an Orten, an denen bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes etwas länger dauern könnte – auf See, in Höhlensystemen, oder in entlegenen Gegenden der Welt – reicht ein Grundkurs allein jedoch möglicherweise nicht aus.

Die Ausbildung zum Rettungshelfer – z. B. in den Kursen, die ich im Zuge meiner Teilnahme an Teams zur Berg- und Höhlenrettung absolviert habe – geht mehr in die Tiefe und vermittelt fortgeschrittenere Techniken. Diese Techniken können Leben retten, wenn die einfache Erste Hilfe überfordert ist. Als Taucher sind wir jedoch Risiken ausgesetzt, die im normalen Leben praktisch nicht vorkommen und daher in den üblichen Kursen auch nicht behandelt werden. Vergiftungen durch Quallen oder ein geplatztes Trommelfell beispielsweise können vorkommen, sind aber sehr selten. Dekompressionsverletzungen wiederum kommen außerhalb des Tauchsports überhaupt nicht vor und können von Rettungshelfern nur nach entsprechender Ausbildung behandelt werden. Hier kommt der Diver Medical Technician ins Spiel.

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Ich habe an einem Kurs unter der Leitung von DAN Europe Ausbilderin Chantelle Newman teilgenommen, der Gründerin der Organisation The Diver Medic. Diese Kurse dauern eigentlich zehn Tage. Inzwischen besteht jedoch die Möglichkeit, den Theorieteil online zu absolvieren, wodurch sich der Präsenzunterricht auf fünf Tage verkürzt. Im Online-Teil werden die Themen mit Präsentationen, Lektüre, sowie in Audio- und Videolektionen behandelt. Kursteilnehmer können diesen Teil ohne Druck in ihrer Freizeit absolvieren. Angesichts meines hohen Arbeitspensums und unregelmäßiger Arbeitszeiten wäre es schwer für mich gewesen, mir zehn Tage am Stück Zeit zu nehmen, um diesen Kurs zu belegen. Nachdem ich das Online-Studium nach und nach im Laufe mehrerer Wochen absolviert habe, waren fünf Tage für den Präsenzteil für mich machbar.



Wenn es um die Versorgung schwererer oder komplexerer Verletzungen geht, insbesondere an Orten, an denen bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes etwas länger dauern könnte – auf See, in Höhlensystemen, oder in entlegenen Gegenden der Welt – reicht ein Grundkurs allein jedoch möglicherweise nicht aus.

Präsenzunterricht in Woche 2

Auch wenn wir es durch Covid-19 gewohnt sind, online und virtuell zu lernen, gibt es dennoch bestimmte Themen und Fertigkeiten, die 'in Fleisch und Blut' erlernt, eingeübt und geprüft werden müssen. Für die zweite Woche ist der Präsenzunterricht in der Gruppe essenziell, um es den Teilnehmern zu ermöglichen Fragen zu stellen, unterschiedliche praktische Erfahrungen und Standpunkte in der realen Welt zu diskutieren und sich ein möglichst umfassendes Bild von den möglichen Szenarien, Risiken und Lösungen zu machen.

Es besteht außerdem Gelegenheit, den Gebrauch von Diagnosegeräten an realen Personen einzuüben, realistische Szenarien durchzuspielen und Behandlungsmethoden anzuwenden, entsprechend den Sicherheitsanforderungen teils an anderen Kursteilnehmern, teils an Übungspuppen. Diese praktischen Übungen sind ein Kernbestandteil des Kurses, dessen primäre Zielsetzung nicht die Vermittlung theoretischer Kenntnisse zum Bestehen einer schriftlichen Prüfung, sondern die Ausbildung von Menschen zu kompetenten Helfern in der realen Welt ist.

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Zusätzlich zu den in der Erste-Hilfe-Ausbildung behandelten Themen decken der Theorie- und Praxisteil dieses Kurses außerdem Messungen, Aufzeichnungen, Einschätzung des Patientenzustands und die Interpretation der Anzeichen und Symptome des Unfallopfers zur Bestimmung geeigneter Maßnahmen ab. Zu den erlernten Techniken gehören Überwachung und Kontrolle von Blutzucker, Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung, Blutdruck und Urin. Die anhand dieser Informationen gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen Absolventen dieses Kurses die Diagnose und Behandlung einer deutlich größeren Anzahl Probleme als dies mit einer einfachen Erste-Hilfe-Ausbildung möglich ist. Zu den gelehrten Techniken gehören außerdem fortgeschrittenes Atemwegsmanagement, Wundversorgung und Schienen von Brüchen, Zahnprobleme, Nähen von Wunden, das Legen von Kathetern und das Anlegen eines Tropfs.



Diese Fertigkeiten können Leben retten, wenn die einfache Erste Hilfe nicht ausreicht.

Unfälle auf Tauchreisen sind nicht besonders ungewöhnlich

Dann gibt es noch die tauchspezifischen Themen. Meiner Erfahrung nach sind Unfälle auf Tauchreisen nicht besonders ungewöhnlich und nicht weniger erst als in anderen Situationen: blutende Wunden, Knochenbrüche, ausgekugelte Gelenke, Gehirnerschütterung, allergische Reaktionen, Unterkühlung, Hitzschlag, Herzattacken und mehr. Ich habe auf Booten mehr Unfälle erlebt als unter Wasser; medizinische Grundkenntnisse sind daher sehr wichtig. Im Unterschied zu normalen Sanitätern und Rettungshelfern müssen wir als Taucher jedoch zusätzlich mit tauchspezifischen Problemen umzugehen wissen.

Neben der bereits erwähnten Dekompressionskrankheit gehören hierzu Druckverletzungen der Ohren, Nebenhöhlen, Lungen und Augen, ein erhöhtes Risiko zu ertrinken sowie von Sauerstoff-, Kohlenmonoxid-, und Kohlendioxidvergiftung. Die Kursinhalte werden ständig aktualisiert, kürzlich kamen Rekompression im Wasser und improvisierte Medizin hinzu, die an entlegenen Orten nützlich sein können. Außerdem wird das Thema Tauchen und Kinder behandelt, um dem zunehmen Anteil junger Menschen in unserem Sport Rechnung zu tragen.

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Rettungshelfer und Sanitäter sind nicht dazu ausgebildet, Menschen zu heilen. Sinn und Zweck der gelehrten Maßnahmen ist, die Verschlechterung des Zustands aufzuhalten oder auch nur zu verlangsamen, um ausreichend Zeit zu gewinnen, ein Krankenhaus und professionelle medizinische Hilfe zu erreichen, so dass der Patient stabilisiert und der Heilungsprozess eingeleitet werden kann. Ein Erste-Hilfe-Kurs vermittelt Grundkenntnisse zur Behandlung von Unfallopfern bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes. Die Ausbildung zum Diver Medical Technician geht deutlich weiter und vermittelt die Fertigkeiten zum Umgang mit deutlich komplexeren und ernsteren Situationen und zur Bereitstellung lebenserhaltender Maßnahmen über längere Zeiträume.



Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass die in diesem Kurs gelehrten Fertigkeiten in einer andernfalls tödlichen Notlage den entscheidenden Unterschied machen können.

Kursinhalt kann den entscheidenden Unterschied ausmachen

Die zusätzlich gelehrten Fertigkeiten zur Einschätzung und Behandlung von tauchspezifischen Verletzungen kommen auch beim Tauchen in entlegenen Regionen der Welt zum Tragen – und 'entlegen' muss nicht unbedingt ein See im Amazonas oder ein Höhlensystem in Indonesien sein. Schon bei einem Tagestrip auf dem Boot oder auf einer Tauchsafari kann es vorkommen, dass professionelle medizinische Hilfe viele Stunden entfernt ist und Situationen eintreten, bei denen normale Sanitäter ohne Kenntnisse in hyperbarer Medizin überfordert sind. Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass die in diesem Kurs gelehrten Fertigkeiten in einer andernfalls tödlichen Notlage den entscheidenden Unterschied machen können.

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Das erste Mal, dass ich an einem Kurs dieser Art teilgenommen habe, ist fast 20 Jahre her. Ich war Mitglied der britischen Streitkräfte, und der Kurs hieß Defence Diver Medical Technician. Seitdem habe ich meine Qualifikationen alle paar Jahre erneuert. Dies gibt mir nicht nur das Selbstvertrauen, im Notfall Hilfe zu leisten, sondern auch die Fertigkeiten, die dafür sorgen, dass meine Hilfe tatsächlich hilfreich ist. Das Leben als Taucher, beruflich oder als Hobby, besteht aus der Anhäufung von Wissen – und die in diesem Kurs gewonnenen Kenntnisse können Leben retten.



Der DMT-Kurs

Der Kurs Diver Medic Technician richtet sich an Taucher aus einer Vielzahl an Bereichen (Sport-, Militär, Polizei, Feuerwehr, Rettung und Bergung). In diesem Kurs erwerben Sie Kenntnisse für den Umgang mit Tauchnotfällen. Gerätetaucher sind einem anderen Risikoprofil ausgesetzt als Berufstaucher, die hochriskante Arbeiten verrichten und von der Oberfläche aus versorgt werden. Dennoch ist bei Gerätetauchern die Unfall- und Todesrate höher und das Niveau der medizinischen Ausbildung geringer.

Im Kurs Diver Medic Technician lernen Sie nicht, wie man taucht. Stattdessen lernt man Leben zu retten, bei der Behandlung von Tauchverletzungen Hilfe zu leisten, unter Druck zu arbeiten und wichtige, lebensrettende Entscheidungen zu treffen.

Kursinhalte: Lageeinschätzung, Einschätzung von Patienten, menschliche Anatomie, Verfahren zur Überwachung von Lebenszeichen, Versorgung vor Ort und während des Transports, Diagnose und Management der Atemwege, Sauerstoffgabe, HLW und Defibrillation, Behandlung von leichten und schweren Blutungen, Nähen von Wunden, Behandlung von Vergiftungen und mehr.

Der Autor

Andy Torbet ist ein schottischer Unterwasserforscher, professioneller Höhlentaucher, Fallschirmspringer, Apnoetaucher, Kletterer, Filmemacher und Fernsehmoderator. Andy ist langjähriges DAN-Mitglied und DAN-Botschafter.

Weitere Informationen:
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