Azoren: Santa Maria

Teile:
15.12.2020 22:40
Kategorie: Reise

Mobulamania in Walhaisuppe?

Lange haben wir uns Gedanken gemacht, wo man dieses Jahr im Herbst überhaupt vernünftig Tauchurlaub machen kann. Wir sind dann in Europa fündig geworden, genauer gesagt auf der Azoren-Insel Santa Maria, die Großfisch, warmes Wasser und spannendes Tauchen verspricht - und das bei null Corona-Fällen auf der ganzen Insel – eigentlich kaum zu glauben. Schnell war uns klar - das müssen wir uns anschauen!

Bericht von Jan Finsterbusch und Christoph Schaffelhuber

Die Wochen vor unserer Reise waren ein Mix aus Vorfreude und Ärger – Vorfreude, wenn wir von Walhai Begegnungen auf Santa Maria erfahren durften und Ärger, wenn die Arline TAP die täglichen Flugplanänderungen ankündigte, letztendlich wurden dadurch sogar Übernachtungen in Lissabon vor und nach dem Weiterflug nach Santa Maria nötig. Aber gut! Reisen war schon immer ein Luxus und in Zeiten von Corona noch viel mehr, wir waren letztlich glücklich, einen Tauchurlaub hinzubekommen - etwas, das dieses Jahr leider nicht oft geklappt hat.

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Ein Grund näher auf unser Reiseziel einzugehen. Santa Maria ist die südlichste Azoreninsel und wird auch die „Sonneninsel“ genannt. Warum konnten wir in unserer Anwesenheit nicht feststellen, aber wir wollten ja auch nicht sonnenbaden, sondern tauchen. Darüber hinaus verzeichnet Portugal eine vergleichsweise positive Entwicklung in Sachen Corona und die Azoren, haben nur wenige oder im Fall von Santa Maria gar keinen Fall zu verzeichnen. [Update inzwischen leider auch zwei Fälle auf Santa Maria]

Grund dafür sind unter anderem strikte Einreiseregeln. Jeder Einreisende muss ein negatives Testergebnis vorweisen, das nicht älter als 72 Stunden vor Abflug am Heimatflughafen ist. Sechs Tage nach diesem Test muss man sich auf der Insel nochmal zu einem Nachtest melden.

Endlich auf Santa Maria angekommen, erklärt uns Steffen, Inhaber von „Wahoo Diving“, auf dem Weg zu Basis die Abläufe: Treffen ist zum vereinbarten Zeitpunkt am Hafen von Santa Maria, wo das Equipment schon wartet, man muss nur noch „aufrödeln“ und sein Gerät zum Boot tragen.

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Als nächstes hören wir, dass die Wettervorhersagen für die kommenden Tage nicht ganz so rosig sind (wo ist das Azorenhoch?). Willkommen auf den Azoren! Aber dafür haben wir uns ja bewusst zwei Wochen Zeit genommen. Und auch, dass die letzte Walhai-Sichtung schon fast eine Woche her ist.
Aber egal, die Hoffnung stirbt zuletzt!

Mit deutlich reduzierten Erwartungen geht es dann am nächsten Tag ins Wasser. In den Schutzgebieten rund um Santa Maria und an Ambrosia ist das Tauchen reguliert. Dies bedeutet, dass jeweils nur ein Boot den Tauchplatz besuchen darf. Man sieht daher keine anderen Taucher an den Plätzen, was uns sehr gut gefallen hat. Die Tauchspots werden jeweils angemeldet und dürfen pro Boot nur einmal am Tag angefahren werden, auch die Anzahl der zulässigen Taucher pro Boot ist reguliert.

Das Tauchgebiet rund um Santa Maria hat viele küstennahe Plätze mit faszinierenden Formationen aus Vulkangestein, Höhlen, Swimthroughs und Grotten. Das Wasser ist warm, im Schnitt 22° bis 24°. Man kann sehr entspannt tauchen. Das Highlight ist der Platz Ambrosia, der weit über Santa Maria hinaus bekannt ist, obwohl er nur aus einem Seil besteht, welches in 60 Meter tiefe verankert ist.

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Nicht, dass wir nachschauen, wo der Grund ist, das brauchen wir gar nicht! Alles was so rundherum im Meer ist kommt zu uns. Nach zirka zehn Minuten entspanntem Warten am Seil zeigen sich erste dunkle Schatten unter uns. Immer wieder sieht man um die grauen gegen den dunklen Grund kaum auszumachenden Figuren helle Flossensäume aufblitzen und es sind viele. Noch besser, dieses Rudel bewegt sich direkt auf uns zu! Mobulas! Nicht ein Einzelner, ein ganzer Schwarm. Innerhalb von einer Minute sind alle Taucher verstreut. Die einen hängen entspannt an der Leine, die Erfahreneren halten sich im Bereich rund um das Seil auf. Und dann sind sie da. Jeder egal ob am Seil oder frei im Wasser findet unter den wachen Augen von Steffen einen neuen Buddy in Form eines Mobulas. Der Zauber dauert zirka eine halbe Stunde, in der jeder Taucher auf Tuchfühlung mit den nahen Verwandten der Mantas gehen kann. Dann wie auf Kommando ziehen sich die „Tarnkappenflieger der Meere“ wieder zurück. Egal! Jeder Taucher hat während der Rückfahrt ein glückliches Grinsen im Gesicht. Und Steffen hat wieder sein leichtes Lächeln während er uns fragt ob wir danach direkt nochmal nach Ambrosia wollen? Ja klar – immer wieder!

Bei unserem zweiten Tauchgang an diesem Unterwasserberg sind kaum Mobulas zu sehen. Auch 30 Minuten später noch nicht. Typisch Azoren! Wechselhaft und unbeständig aber immer für eine Überraschung gut. Und genau die zeigt sich dann auch. Ein weiterer dunkler Fleck, welcher sich schnell nähert und sich als Walhai entpuppt. Von wegen Aktivität nachgelassen. Der Riese der Meere nimmt kurz von uns kleinen Tauchern Notiz und verschwindet dann wieder in den Weiten des Ozeans.

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Tauchtag eins vorbei und schon Zeit für ein kurzes glückliches Zwischenfazit. Schon allein wegen der Mobulas und des Walhais hat sich der Trip gelohnt. Egal was jetzt noch kommt ist Zugabe. Die Azoren gestalten sich wie die ganze Anreise und auch das Wetter als extrem abwechslungsreich. Es kann 30 Minuten nichts passieren und mit einem großen Knall enden oder auch nicht. Das Wetter kann eben noch sonnig sein und zehn Minuten später einen Regenschauer produzieren wie man ihn so noch nicht erlebt hat. Mit einem zufriedenen Lächeln schlafen wir ein und freuen uns auf die kommenden Tage.

In den Tagen darauf fahren wir wetterbedingt einige küstennahe Plätze an, von denen Pedrinha mit viel Fisch und etlichen großen Barrakudas das Highlight ist, aber auch nach Ambrosia kommen wir wieder – erneut mit einer Walhai-Begegnung – man mag es kaum glauben.

Dann gibt uns das Wetter ein kurzes Fenster und wir können zu einem der weiteren Hotspots fahren. Formigas – je nach Wetter und Welle zweieinhalb Stunden entfernt und trotzdem jede Minute Anreise Wert. Kaum ins Wasser gefallen begrüßen uns extrem neugierige und zutrauliche Zackenbarsche. Ohne Scheu nähern sie sich uns und beäugen uns aus allen möglichen Winkeln. Wer beobachtet hier eigentlich wen? Der zweite Tauchgang an den Formigas findet an einer Steilwand statt. Diesmal keine Zackis aber Barrakudas und anderer Schwarmfisch, der uns zum Teil während des ganzen Tauchgangs folgt. Und das in kristallklarem Wasser an einer Steilwand an der man den Grund nicht ausmachen kann. Auch dieser Tauchspot hat seinen Ruf nicht umsonst. Wenn es das Wetter zulässt sollte man auch die Formigas besuchen.  
Am letzten Tauchtag geht es nochmal nach Ambrosia. Diesmal sind wir alleine am Boot und haben 70 Minuten Tauchzeit. In dieser Zeit haben wir im Durchschnitt aller zehn Minuten eine Walhaibegegnung. Kaum hat man sich auf die vereinzelten Gruppen von Mobulas eingelassen und mit ihnen ein kleines Fotoshooting gestartet, zeigt sich wieder einer der Riesen von hinten und passiert an uns vorbei. Mal vom dunklen Grund kommend, mal an der Oberfläche und dann wieder direkt auf gleicher Höhe auf uns zu schwimmend. Taucherherz was willst du mehr?

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Und damit endet unsere kleine Europareise. Ja, die Azoren gehören zu Europa und sind kein Risikogebiet. Sie sind aber auch viel mehr als eine Notlösung, sondern in jedem Fall und unter allen Umständen eine Reise wert. Wechselhaft und launisch, aber immer wunderschön. Grundsätzlich sollte man gerade aufgrund des Wetters etwas mehr Zeit einplanen, will man die Hotspots sehen. Auch ein Inselhopping ist mit genug Zeit durchaus möglich. Allerdings empfiehlt sich dann auf jeden Fall zwei bis drei Wochen einzuplanen.

Und jetzt ganz zum Schluss müssen wir Steffen gegenüber noch ein Versprechen einlösen: Die Häufigkeit der Walhaibegegnungen in diesem Jahr war ungewöhnlich. Sie sind zwar immer um die Insel, aber selten so nah, dass man sie so häufig beim Tauchen sieht, wie in diesem Jahr. Typisch Steffen! Erstmal Erwartungen bremsen und herunterfahren und dann voll liefern. Eigentlich sympathisch! Typisch Azoren!

Weitere Informationen:
Wahoo Diving auf Taucher.Net