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Und zur Deko eine „Fat Boy“
Ein Spezialschiff der Royal Canadian Navy wird zu einer unglaublichen Fahrt auslaufen. Spezialisten an Bord sollen eine Atombombe inspizieren und eventuell auch bergen. Die Bombe war am 13. Februar 1950 beim Absturz eines US-Langstreckenbombers vom Convair Typ B36 B der 436th Bombardement Squadron vor der Küste von British Columbia, Kanada, abhanden gekommen.
Jahrzehntelang war über den Verbleib der Atombombe vom Typ „Mark 4“ spekuliert worden. Die „Fat Boy“ oder „Fat Man“ wie sie im Volksmund auch genannt wird, entspricht der Bombe, die in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen wurden.
Die Geschichte der verlorenen Bombe und ihre Auflösung nach inzwischen mehr als 66 Jahren ist so kurios, dass man sie nur schwer glauben kann... Ein Sporttaucher war mit seinem Hobby der Schlüssel zu dem spektakulären Fund. Sean Smyrichinsky fand das ihm unbekannte Objekt bei einem Tauchgang bei Banks Island vor Britisch Columbia. Vier Meter sei es etwa lang gewesen und er habe solch ein merkwürdiges Objekt zuvor noch nie gesehen, berichtete der Sporttaucher gegenüber cbc News Canada.
Als er zurück an Bord des Tauchbootes kam, glaubte er noch, ein UFO entdeckt zu haben. Später aber, als er vom damaligen Absturz des US-Langstreckenbombers im Jahre 1950 nur wenig entfernt vom Tauchgebiet hörte, wurde er neugierig. Bei Google-Recherchen und auf Fotos in Wikipedia stellte der überraschte Smyrichinsky dann schnell fest, dass er eine „Fat Boy“ entdeckt hatte und informierte das Militär.
In einem Buch über den Kalten Krieg sind der Absturz der Convair B34B und das Abwurfgebiet der Fat Boy skizziert. Der Langstreckenbomber war zu einem nächtlichen Übungsflug von einem Luftwaffenstützpunkt in Alaska gestartet. Es sollte ein Atombombenangriff auf San Francisco simuliert werden. Vor der Küste British Columbias fingen dann aber drei der sechs R-4360-41-Propeller-Motoren mit je 3500 PS Feuer. Die Besatzung hat dann die Atombombe noch über dem Meer abgeworfen. Zwölf Mitglieder der 17-köpfigen Crew konnten sich rechtzeitig aus dem brennenden Flugzeug mit Fallschirmen retten ehe die Maschine abstürzte. Der Absturzort ist nicht völlig gesichert, möglicherweise aufgrund von gezielten Fehlinformationen des US-Militärs. Variante 1 ist ein Absturz über dem Pazifischen Ozean, knapp 50km vom Fundort der Bombe entfernt. Variante 2 ist in dem bergigen Gebiet nahe der Küste British Columbias, knapp 200km vom Fundort der Bombe entfernt.
Was folgte war die bekannte Form der Verharmlosung und es dauerte Jahre, bis das US-Militär, nachdem das Flugzeugwrack gefunden worden war (es gibt Hinweise auf einen Fund in den Bergen British Columbias und Hinweise auf eine Bergung aus dem Meer), den Verlust des Flugzeuges und der Atombombe einräumte. Ob es sich um eine zündfähige und einsatzfähige Bombe handelte, ist bis heute nicht geklärt. Es wird immer wieder behauptet, dass es sich nur um eine Bombenattrappe handele und von der Bombe keine Gefahr ausginge. Das will die Kanadische Marine nun ab selbst aufklären.
Der Absturz des Convair-Bombers mit der „Fat Boy“ an Bord war der erste bestätigte Vorfall, der sich mit nuklearen Waffen ereignete. Unter dem Codenamen „Broken Arrow“ werden diese Zwischenfälle inzwischen geführt. Laut offiziellen US-Statistiken sollen es wenig mehr als 30 Zwischenfälle in den letzten Jahrzehnten gewesen sein. Von mehreren hundert Beinahe-Unglücken oder Verlusten von Nuklearwaffen sprechen indes Fachleute und unabhängige Analysten dieser unseligen Szenarien.
Eine weitere Atombombe hat das US-Militär acht Jahre nach dem British-Columbia-Absturz an der US-Ostküste von Georgia vor Savannah verbummelt.
Die 3,5 Tonnen Mark-15-Bombe musste im Winter 1958 vor der Küste Georgias abgeworfen worden. Der B47-Bomber, der die Mark-15 an Bord hatte war bei einer Geheimübung mit einem F-86 Kampfflugzeug kollidiert und hatte sich der gefährlichen Fracht vor der Notlandung auf dem heimatlichen Flughafen im Ozean entledigt. (hap)