Actioncam für Taucher: Actionpro X7neo

Teile:
12.08.2017 12:06
Kategorie: Ausrüstung

Test für Unterwasserfilm

Vier Jahre nach der erfolgreichen X7 hat Actionpro dem Flaggschiff mit der X7neo ein spannendes Update verpasst. Bereits die X7 hatte von Anfang an sowohl Taucher als auch Schnorchler als Zielgruppe im Visier. Bei der Actionpro X7neo ist das nicht nur genauso, es sind darüber hinaus noch ein paar Features hinzugekommen, die unter Wasser sehr nützlich sein können.

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Bericht von Andreas Abstreiter

Für Taucher sind gerade bei so winzigen Kameras wie Actioncams vor allem zwei Dinge entscheidend. Erstens, hält der Akku den ganzen Tauchgang durch? Und zweitens, wie sieht es mit der Bildqualität bei ungünstigen Lichtverhältnissen aus?

Obwohl ich unter Wasser normalerweise mit größeren Kameras filme, gehört die X7 (siehe auch Testbericht zur X7 aus 2013) für mich seit ihrem Erscheinen dennoch zum unverzichtbaren Reisegepäck. Zum einen ist sie eine perfekte Ergänzung, da sie aufgrund ihrer Größe nicht weiter stört und bei jedem Tauchgang mitgenommen werden kann. Andererseits kann man den Winzling auch einfach mal am Riff platzieren und abwarten, welche Fische bei ihm vorbeischauen.


Während die X7 für mich hauptsächlich als Ergänzungs- und Backupkamera dient, sind sehr viele Taucher heute aber ausschließlich mit kleinen Actioncams unterwegs. Das Gewicht, die Packmaße und nicht zuletzt der Preis ermuntern viele sich für eine Actioncam als Unterwasservideosystem zu entscheiden. Für das Drehen eines UW-Urlaubsvideos sind diese einfach zu bedienenden Kameras in den allermeisten Fällen auch völlig ausreichend. Schließlich möchte und kann nicht jeder Urlaubstaucher in ein Videosystem zum Preis eines Kleinwagens investieren, nur um den Freunden daheim zu zeigen wie es unter der Oberfläche unserer Ozeane aussieht.

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Akkulaufzeit der X7neo

Für Taucher immer sehr entscheidend ist die Akkulaufzeit einer Kamera. Schließlich schwächeln hier einige Angebote auf dem Markt deutlich. Und wer möchte schon mit funktionsunfähiger Kamera im Wasser hängen, während der Buddy den plötzlich aufgetauchten Walhai filmt?

Ein erster Test der X7neo an Land lässt auf jeden Fall schon mal auf eine gute Akkulaufzeit unter Wasser hoffen. In der immer noch sehr gängigen und am meisten verbreiteten Auflösung FullHD (1080p) hält der Akku der X7neo 1:35 Std. durch. Zum Vergleich: Der Akku meiner X7 aus der ersten Serie, das ist die mit dem relativ dunklen Display, hält bei einer Videoauflösung von 1080p und 30fps knapp 2 Stunden, bevor sich die Kamera abschaltet. Da das Display der X7neo jedoch deutlich heller ist, benötigt es natürlich auch mehr Strom, was sich wiederum auf die Akkulaufzeit auswirkt.


Bei maximaler Videoauflösung von 4K bei 30fps kann man mit der X7neo immerhin noch eine gute Stunde am Stück durchfilmen. Das heißt, auch Taucher die vom 4K-Virus infiziert sind kommen mit einer Akkuladung durch den ganzen Tauchgang.

Bildrauschen der X7neo

Tauchen ist kein Wunschkonzert. Ist die Sicht schlecht, oder will die Sonne plötzlich „nicht mehr“: Man ist trotzdem vor Ort und muss mit der Lichtsituation fertig werden.

Gleichzeitig besagt eine Regel, dass je kleiner der Bildsensor einer Kamera ist, das Bildrauschen zunimmt. Diesen Unterschied bemerkt man bereits bei Spiegelreflexkameras des Micro-Four-Thirds-Systems, wenn man diese mit Kameras, die über einen APS-C oder Vollformatsensor verfügen vergleicht. Doch der Sensor einer Micro-Four-Thirds-Kamera ist ein Riese im Vergleich zu dem Sensor in der X7 bzw. in der X7neo.


Und dennoch, bereits die X7 hatte ein für eine Actioncam geringes Bildrauschen. Dies war unter anderem einer der Gründe, warum die X7 einen Stammplatz in meinem Reisegepäck hatte.

Wieso hatte? Nun, wie es aussieht, steht die X7neo ihrer Vorgängerin in Sachen Bildrauschen in nichts nach. Auch wenn das Licht richtig knapp wird, ist das Bildrauschen minimal und in dieser Geräteklasse sicherlich vorbildlich. Daher wird die X7neo meine gute alte X7 wohl zukünftig auf Reisen vertreten.

X7neo – Interessante Features für Taucher

Was ich an den Kameras von Actionpro von Anfang geschätzt habe ist, dass man dort bei der Produktentwicklung auch immer an Taucher als Anwender denkt. Während ein großer amerikanischer Hersteller noch Unterwassergehäuse mit gekrümmter Linse verkaufte, die natürlich nichts weiter als unscharfe Unterwasseraufnahmen produzierten, spendierte Actionpro der X7 wenig später nicht nur ein Unterwassergehäuse mit flacher Scheibe, sondern dazu noch einen sogenannten Unterwassermodus.

Dieser Unterwassermodus gleicht in geringen Wassertiefen den Verlust an Rotanteilen im Sonnenlicht aus. So hat man bis zu einer Tiefe von knapp fünf Metern noch ausgewogene Farben auf den Aufnahmen. Für Schnorchler, die ohne großen Aufwand ein paar schöne Unterwasseraufnahmen machen wollen, ist diese spezielle Farbanpassung völlig ausreichend.

Als Taucher hält man sich allerdings oft in viel größeren Tiefen auf. Wie nahezu alle Actioncams verfügt auch die X7neo über keine Möglichkeit den Weißabgleich manuell mittels Weißkarte einzustellen. Wer eine solche Funktion, die übrigens zu den ausgewogensten Farbergebnissen unter Wasser führt, haben will, muss mindestens zu einer Kompaktkamera greifen. Allerdings gibt es für die Actionpro X7neo, ähnlich wie schon für die Vorgängerin X7 und die im letzten Jahr erschienene Actionpro X8 einen zusätzlichen Rotfilter.

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Dieser Filter sorgt im tropischen Meerwasser bis in Tiefen von 15 oder 20 Metern für ausgeglichene Farben. In größeren Tiefen, bei schwindendem Sonnenlicht und sehr starkem Blauanteil ist es jedoch an der Zeit den Filter zu entfernen und besser mit Kunstlicht zu filmen.

Während geringes Bildrauschen, lange Akkulaufzeit, Veränderung des Bildwinkels, Unterwassermodus und Zusatzfilter bei der X7 die für Unterwasserfilmer interessantesten Features waren, hat die X7neo noch ein paar Funktionen mit an Bord, die unter Wasser ebenfalls sehr nützlich sein können.

Da ist zum einen das Gehäuse. Denn das Gehäuse der Actionpro X7neo ist bis 70 Meter wasserdicht und geht damit deutlich über die von den Verbänden empfohlene Grenze für Sporttaucher hinaus. Wer also etwas tiefer gehen will, braucht nun kein neues Unterwassergehäuse mehr.

Die neuen Auflösungen und Bildraten der Actionpro X7neo sind nicht nur zeitgemäß, sondern ermöglichen auch unter Wasser ein neues Spielfeld. Schauen wir uns diese Möglichkeiten etwas genauer an!

Die X7 konnte FullHD ebenfalls: und zwar mit einer Bildrate, neudeutsch Framerate, von 30 und 60fps. Bei der X7neo sind nun nicht nur Bildraten von bis zu 120fps möglich, sondern es ist auch noch ein Bildstabilisator zuschaltbar. Doch was bringt das für filmende Taucher? Nun, eine Bildrate von 120fps bedeutet die Möglichkeit zur vierfachen Verlangsamung des Videos, wenn dieses bei 30fps wiedergegeben wird. Zeitlupenaufnahmen von über Bord springenden Buddys oder sich um Beute reißenden Haien sind damit möglich.

Der Bildstabilisator (bei 30 und 60fps) wiederum hilft ein Problem besser in den Griff zu bekommen, das man mit allen Actioncams unter Wasser hat. Eben weil diese so klein und leicht sind, sind verwackelte Aufnahmen an der Tagesordnung. Auch wenn es durchaus ein paar Tricks und Kniffe für eine stabile Kamerahaltung unter Wasser gibt, so ist es doch von Vorteil, wenn das Bild in der Kamera, wenn schon nicht mechanisch, zumindest elektronisch stabilisiert wird. Es gibt jedoch einen Unterschied zur guten alten X7 bei der X7neo: Während man bei der X7 den Wildwinkel in der Einstellung 1080p verschmälern kann, steht diese Funktion nun nicht mehr zur Verfügung. Will man den Bildwinkel von 166° etwas enger auf 120° oder gar 90° fassen, muss man die Auflösung bei der X7neo auf 2K oder 4K stellen.

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Neu hinzu gekommen ist die Auflösung in 2K. Der höheren Auflösung ist bei der X7neo jedoch eine Einschränkung geschuldet. Der Bildstabilisator steht nicht mehr zur Verfügung, dafür kann man aber wie bei der X7 den Bildausschnitt eingrenzen und so digital in das Bild „hineinzoomen“. Es sind Bildwinkel von 166°, 120° oder 90° machbar. Während ein möglichst weiter Bildwinkel für Wracks und Höhlen wichtig ist, da man das Bild hier meist umfassend aufnehmen möchte, empfiehlt sich bei scheueren Tieren ein Winkel von 90°.

Eine Bildrate von 60fps ist bei 2K noch möglich, was immerhin eine Verlangsamung des Videos um den Faktor 2 ermöglicht, wenn der finale Film bei 30fps wiedergegeben wird.

Die mit der bei HD-Auflösung (720p) möglichen Superzeitlupen mit bis zu 240fps sind für Unterwasserfilme zwar eigentlich nicht relevant, aber für die eine oder andere Spaßaufnahme nett zu haben.

Für Unterwasserfilmer deutlich interessanter ist die 4K-Auflösung der Actionpro X7neo. Man kann über den Sinn und Zweck von Aufnahmen in 4K denken wie man will, 4k bzw. UHD ist die Auflösung der Fernseher in den nächsten Jahren, auch wenn deren Marktanteil derzeit noch gering ist.

Mit der Actionpro X7neo sind in 4K Aufnahmezeiten von etwas über 60 Minuten möglich. Man sollte diese Option nutzen, denn die Zeit unter Wasser ist kostbar und die atemberaubenden Begegnungen mit Meerestieren wie Mantas oder Haien rechtfertigen durchaus den Einsatz neuer, zukunftsfähiger Aufnahmeformate.

Auch wenn man später nicht in 4K schneidet und der finale Film „nur“ in FullHD sein wird, ist es eine Überlegung wert trotzdem in 4K zu filmen. Zum einen sind die heruntergerechneten 4K-Aufnahmen schärfer als ein nativ in FullHD aufgenommenes Video. Zum anderen hat 4K die vierfache Auflösung gegenüber FullHD, was bedeutet man hat nachträglich noch die Möglichkeit die Aufnahme bis zum Vierfachen zu vergrößern, ohne dabei an Bildqualität zu verlieren.

Was die Bildqualität betrifft, so zeichnet die X7neo 4K-Videos bei 60Mbit auf. Das ist etwas mehr als die Datenrate, die 4K-Videos auf YouTube zugestanden wird. Diese Datenrate geht für die allermeisten Motive unter Wasser in Ordnung. Bei manchen Lichtsituationen kann es im Blauwasser jedoch zu einer minimalen Stufenbildung in den Blautönen kommen. Ganz ähnlich wie bei anderen Kameras dieser Gerätegattung.


Natürlich gibt es Kameras, die 4K-Filme mit 150 oder gar 400Mbit aufzeichnen und somit dank der höheren Datenrate mehr Bildqualität und Korrekturmöglichkeiten bieten. Doch sind diese Kameras aufgrund der benötigten Rechenleistung deutlich größer, schwerer und natürlich auch teurer. Und eines sind sie dann ganz sicherlich nicht mehr: Actioncams.

X7neo im Feldtest

Datenrate und 4K hin oder her. Wenn eine Kamera sich unter Wasser nicht gut bedienen lässt, wenn sie abstürzt oder sich wegen Überhitzung nach kurzer Zeit abschaltet, taugt sie nicht als Unterwasserkamera.

Daher habe ich mit der X7neo Mitte Juli 2017 13 Tauchgänge im Roten Meer bei Marsa Alam unternommen.
Besonders vorteilhaft in diesem tropisch warmen und sonnendurchfluteten Wasser ist das relativ helle Display der Kamera, welches nahezu immer gut zu erkennen ist.

Das Gehäuse ist auf allen Tauchgängen (max. Tiefe meiner Tauchgänge 32m; das Gehäuse selbst ist bis 70m Wassertiefe freigegeben) dicht, sonst wäre es ja ein ziemlich kurzer Feldtest... Wie bei allen Unterwassergehäusen sollte man beim Schließen darauf achten keine Haare oder Sandkörner zwischen Dichtungsring und Rahmen zu bekommen, sonst ist die Katastrophe vorprogrammiert.

Die Tasten lassen sich in allen Tauchtiefen sehr gut bedienen, die Auslöseverzögerung ist praktisch nicht spürbar. Auf eine Kleinigkeit sollte man bei Bedienung des Auslösers jedoch achten: immer nur kurz auf den Auslöser drücken. Drückt man zu lange auf die Auslösertaste, die gleichzeitig die Taste zum Einschalten des WLANs ist, schaltet man aus Versehen eben dieses ein und einen überflüssigeren Stromverbraucher als das WLAN kann es unter Wasser eigentlich gar nicht geben. Daher: Kurz und prägnant den Auslöser betätigen.

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                   Weitere Videos zur X7 im youTube Kanal von Andreas Abstreiter

Der separat erhältliche Rotfilter wird auf das Gehäuse gesteckt. Anders als viele andere dieser Steckfilter verfügt der Filter oben und unten über Lüftungsschlitze. Dadurch können beim Abtauchen eventuell eingeschlossene Luftbläschen entweichen. Man hat bei Steckfiltern sonst oft das Problem, dass helles Sonnenlicht für unschöne Schlieren und Streulicht in der Aufnahme sorgt, wenn man vergessen hat den Filter nach dem Abtauchen nochmals abzunehmen damit die Luftblasen so entweichen können. Obwohl ich anfangs sehr skeptisch war, ob die kleinen Lüftungsschlitze tatsächlich ausreichen die feinen Lufteinschlüsse loszuwerden, habe ich bei keinem Tauchgang Probleme mit eingeschlossenen Luftblasen.

Fazit zur Actionpro X7neo

Die Actionpro X7neo ist – wie ihre Vorgängerin X7 – ein einfach zu bedienendes Werkzeug. Eines, das für nur 249 Euro Verkaufspreis bei Erscheinen, inklusive diverser für Taucher interessante Neuerungen auf den Markt kommt. Wie auch schon bei der X7 braucht man nicht lange überlegen, ob man sie mit unter Wasser nehmen will.

Wer nicht gleich ein kleines Vermögen für das Hobby Unterwasserfilm ausgeben will und auf der Suche nach einer Immer-dabei-Kamera ist, sollte zugreifen. Bedenkt man, wie gut die X7neo zudem mit suboptimalen Lichtverhältnissen klarkommt, gibt es zu diesem Preis nicht viele Actioncams, die so viele Möglichkeiten bieten.

Was ihr allerdings trotz der vielen Neuerungen für Taucher, die ihre Aufnahmen nachträglich noch in der Schnittsoftware korrigieren und anpassen möchten, fehlt, ist die Möglichkeit den Kontrast und die Sättigung der Videos etwas flacher einzustellen um so nachträglich mehr Korrekturmöglichkeiten zu haben. Aber vielleicht behebt ja ein Firmware-Update diesen kleinen Mangel.

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Was die richtigen Farben für Unterwasseraufnahmen angeht, so ist hier ganz klar, ohne Rotfilter sollte man nicht im Meerwasser abtauchen. Je nach Licht- und Wasserqualität kann der Filter bis in einer Tiefe von 20 Metern ausgewogene Farben erzeugen. Weiter unten führt dann wie bei fast allen Kameras kein Weg am Kunstlicht vorbei.

Die Tasten am Gehäuse lassen sich leicht bedienen, durch die beiden seitlich angebrachten Pfeiltasten gelangt man auch unter Wasser schnell und intuitiv ins Menü um Einstellungen zu ändern. Insgesamt lässt die X7neo für filmende Taucher also nicht mehr viele Wünsche offen.

Neben Einsteigern in den Unterwasserfilm ist die Actionpro X7neo für alle Taucher zu empfehlen, die auf der Suche nach einer kleinen und pflegeleichten Zusatzkamera sind; aufgrund ihres problemlosen Handlings lässt sie sich praktisch überall schnell montieren und einsetzen.

Eines noch zum Schluss: Die Actionpro X7neo macht für eine Kamera ihrer Größe unter Wasser sehr gute Aufnahmen. Doch sie ist nichts für Leute die extrem hohe Ansprüche an die Videoqualität stellen. Diese sind mit einer Kamera im mittleren vierstelligen Bereich sicherlich deutlich besser bedient. Alle anderen können getrost mit dieser kostengünstigen Actioncam abtauchen.

 

Weitere Informationen:
Herstellerseite Actionpro X7neo
X7 Test in DiveInside (2013)
Videokanal (youTube) Tests X7
X7neo in der Produktdatenbank & Bewertungen