Schreibe eine Bewertung

Bewertungen(41)

Nachdem mir neulich in unserem Chat mal wieder ir ...

Nachdem mir neulich in unserem Chat mal wieder irgendwelche Dösköppe
die dollsten Märchen über Hemmoor bzw. den Kreidesee erzählt
haben, dachte ich mir, es wäre an der Zeit, mal wieder ein paar aktuelle
Infos ins Taucher.Net zu stellen.



Anfahrt:



Von Hamburg über die B 73 in Richtung Cuxhaven, durch die Ortschaft
Hemmoor, Nähe des Ortsausgangs nach links auf den Campingplatz (HGF-Hemmoorer
Grundstücks- und Freizeit GmbH & Co. KG) abbiegen (gegenüber
befindet sich ein Museum mit ´ner alten Lock und ´ner Schute
davor...gar nicht zu verfehlen). Dem Straßenverlauf auf dem Gelände
der HGF bis zur Anmeldung folgen (Gebäude auf der linken Seite).



Tauchen:



Da es im Kreidesee in den letzten Jahren immer wieder zu Unfällen
gekommen ist, hat die Betreibergesellschaft Restriktionen aufgestellt,
die es UNBEDINGT zu beachten gilt:



- Das Betauchen der gekenntzeichneten Sperrgebiete (Bojenkette) ist
untersagt!

- Die Tauchausrüstung hat vollständig zu sein (siehe "Ausrüstung")!


- Die max. Tauchtiefen betragen für Taucher mit Bronze/*/(A)OWD oder
Äquivalent.25m    Silber/**/Rescue oder Äquivalent
40m         einem höheren
Brevet 45m

- Jeweils 100 geloggte TG können mit dem nächsthöheren Brevet
gleich gesetzt werden

- Unbrevetierte Taucher und Grundscheininhaber dürfen TG nur in Begleitung
von TL, bzw. TL-Assis durchführen!

- Tieftauchgänge für das nächsthöhere Brevet haben
durch erfahrene Taucher (*** oder 200 TG) abgesichert zu sein!

- Die Einstiege 3 (Rüttler) und 5 (Steilwand an der B 73) dürfen
nur von erfahrenen Tauchern (Silber/** oder 40 TG & Kaltwassererfahrung)
betaucht werden!

- Tauchgruppen dürfen aus max. 4 Personen bestehen!

- TL dürfen mit max. 2 Schülern / Anfängern ins Wasser!


- Der Wachdienst ist verpflichtet und hat das Recht die Ausrüstung
und die Logbücher zu kontrollieren!

- Alle optischen und akustischen Signale an der Wasseroberfläche,
außer dem O.K.-Zeichen, sind NOTSIGNALE!



Hierbei handelt es sich nur um einen Auszug aus der Reglementierung
(der Rest MUSS bei der Anmeldung eingesehen werden). Allerdings sind die
wichtigsten Punkte ("Darf ich nun in den Tümpel oder nicht?!")
enthalten. Bei Verstoß gegen die Vorschriften ist mit Tauchverbot
von 1 Jahr bis lebenslänglich zu rechnen!!!



Ausrüstung



Laut Vorschrift müssen 2 getrennt absperrbare, kaltwassertaugliche
Atemregler benutzt werden (Vereisungen von Urlaubsreglern sind dort an
der Tagesordnung *g*). Dabei müssen Pony-Tanks eine Mindestgröße
von 2 l haben. Weiterhin müssen mitgeführt werden: - Uhr - Tiefenmesser
- Dekotabelle oder Tauchcomputer (am besten beides) - Fini - Messer oder
Schere



Man kann sich evtl. fehlende Ausrüstungsgegenstände in der
Anmeldung leihen.



Tauchen



Das Tauchen an sich gestaltet sich meiner Ansicht nach nicht sonderlich
schwierig, wenn man sich über einige Dinge im Klaren ist. 1. Vereisung
Liebe Urlaubstaucher! Die deutschen Binnengewässer sind in der Regel
unterhalb der Sprungschicht (wenn es denn eine gibt) saukalt. Das macht
sich nicht nur durch das nach einiger Zeit entstehende Kältegefühl
bemerkbar (Trockenpelle wird empfohlen). Auch der Atemregler könnte
mit unliebsamen Nebenerscheinungen überraschen. Stichwort Vereisung:
Vereisungen sind nach meinen Erfahrungen, Beobachtungen und Gesprächen
mit zahlreichen Tauchern im Kreidesee regelrecht an der Tagesordnung. Diese
treten oftmals bei einem Flaschendruck von 170 bar auf (das hängt
mit der Ausdehnung der Gasmoleküle und der damit verbundenen Abkühlung
zusammen). Für die Praxis bedeutet das: Man befindet sich in der Regel
noch nicht in der Dekopflicht und hat genügend Luft, um einen sicheren
Aufstieg zu tätigen. Ausreichend Übung vorausgesetzt! Normalerweise
sieht das von mir getaufte "Hemmoor-Prozedere" folgendermaßen
aus: Regler bläst ab / blockiert, Tauchpartner wird über die
Situation informiert, dreht das entsprechende Ventil zu, und aus dem Zweitregler
atmend beginnt man ruhig den Aufstieg. Ist kein Partner in der Nähe:
Ventil selbst zudrehen! Sollte natürlich geübt werden (dabei
darauf achten, daß die Flasche soweit oben sitzt, daß man auch
an die Ventile herankommt)! Sollte sich das entsprechende Ventil nicht
zudrehen lassen, wird aus dem abblasenden Regler weitergeatmet (ein Wechseln
auf den Zweitregler betrachte ich persönlich als reine Luftverschwendung.
Wer schon einmal einen vereisten Regler gehabt hat, weiß, wie schnell
die Anzeige des Finis in Richtung "Nix mehr drin" wandert. Warum
also die wertvolle Luft ins Wasser blasen lassen und dabei auch noch den
Luftvorrat zusätzlich durch den Zweitregler belasten? Haaach, ich
freu mich schon auf die empörten Mails...). Allerdings muß auf
eine entsprechende Lage (je nach Auslaßventil des Reglers) geachtet
werden, da man sonst durch das Herumblubbern der abströmenden Luft
in der 2. Stufe Gefahr läuft, ein Luft-Wasser Gemisch zu inhalieren
*igitt, nee*. Dieses Handling muß natürlich regelmäßig
geübt werden (aber bitte nicht auf 50m Tiefe!). Tauchen in deutschen
Binnengewässern setzt das Vertrautsein mit dem Verhalten bei Vereisungserscheinungen
sowieso voraus! Bye the way, die Gefahr geht in der Regel nicht von der
Vereisung aus, sondern von der Panik des Tauchers! Üben, üben,
üben...und allzeit bereit sein.



Zur Qualität des Zweitreglers: Viele Taucher neigen dazu, sich
einen wesentlich preisgünstigeren Zweitregler zuzulegen ("Wann
brauch ich die Knitte schon...Is` doch eh nur für den Notfall...").
Das ist so ziemlich der größte Blödsinn aller Zeiten (mal
abgesehen von kuhfellgemusterten Autositzbezügen). Erfahrungsgemäß
schlägt Tauchers Herzchen bei Problemen mit dem Hauptautomaten etwas
schneller, er fühlt sich unwohl, findet Tauchen auf einmal doof und
gefährlich, ist von der Situation sowieso total überrascht worden
und schiebt die Schuld pauschal erst mal seinem Händler in die Schuhe
("Wenn ich das hier überlebe, prügel ich dem Kerl den Scheißregler
links und rechts um die Ohren..."). Oder kurz gesagt: Taucher ist
aufgeregt und braucht mitunter wesentlich mehr Luft als sonst. Daher: Einen
qualitativ mindestens ebenbürtigen Regler benutzen! Ich kenne Taucher,
die chronisch nach 5 Minuten an ihrem Ersatzautomaten hängen ("Boooaahhh...wird
Zeit für ´nen neuen Hauptautomaten!"). Natürlich sollten
in diesem Zusammenhang auch die Tariermöglichkeiten bedacht werden.
Wenn der Hauptregler ausfällt, freut man sich zwar über die (hoffentlich)
ausgezeichnete Funktionsweise des Zweitautomaten, allerdings macht so manch
einer große Augen, wenn er sein Jacket zwecks Höhengewinnung
aufblasen will ("Scheiße, der Inflator hing ja am Hauptautomaten...").
Also, bei Naßtauchern empfiehlt sich immer etwas Inflator am Zweitregler
(auf die Trockentaucher muß ich wohl nicht näher eingehen...).
Natürlich könnte man auch sein Jacket über den Mund aufpusten.
Aber mal ehrlich: Wer von Euch kann das noch...*g*



2. Tarierung Der Kreidesee war einst ein wunderschöner Tageabbau
und bescherte den Einheimischen ungeahnten wirtschaftlichen Wohlstand.
Diese Tage sind zwar längst gezählt, dafür sind aber noch
zahlreiche Hinterliegenschaften dieser Blütezeit im See vorhanden.
Eine davon heißt Sediment. Auf Kreidebasis ("Was, DAHER kommt
der Name? AHHHHHSOOOOO..."). Erfahrene Taucher haben damit normalerweise
kein Problem. Allerdings gibt es Tarierexperten, die gern über den
Grund laufen. In der Ostsee ist das ja nicht weiter schlimm (die Sicht
ist eh selten besser als 2-3m), und im Roten Meer interessiert es sowieso
kein Schwein (aufgrund der zahlreichen Tauchschulen und ungeübten
Taucher ist das dort normal *g*). Aber im Kreidesee kann das recht plötzliche
Auftreten von Sichverschlechterungen unangenehm werden. Vorrangig für
unerfahrene Flossenjünger. Normalerweise sind die Sichtverhältnisse
ausgesprochen gut (die von einer gewissen bayerischen Tauchzeitschrift
veranschlagten 30m sind, ebenso wie die angebliche Maximaltiefe von 130m
statt tatsächlicher knapp 60m, zwar deutlich übertrieben, aber
an taucherarmen Tagen kann man mit Glück von der Wasseroberfläche
aus die Schemen des Rüttlers erkennen. Die Oberkannte liegt bei ca.
20m. Allerdings kommt das SEHR selten vor...). Nach unten wird die Sicht
teilweise noch deutlich besser. Aber es ist nun mal nicht jedermanns Sache,
der Holztreppe bei 45m einen Besuch abzustatten, um in den Genuß
des sagenhaften Weitblicks zu kommen. Also, BITTE ORDENTLICH TARIEREN!
Die Euch nachfolgenden Taucher werden es Euch danken.



3. Highlights



1. Der Rüttler (Einstieg 3) Das Erste, was eingeweihte Taucher
mit dem Kreidesee assoziieren, ist natürlich der Rüttler. Dabei
handelt es sich um eine Vorrichtung, in der ursprünglich große
Steinbrocken zu kleinen gemacht wurden (man kippte oben die Steine rein,
ließ sie druchRÜTTELN und erfreute sich der zahlreichen kleineren
Steine. Quasi ein Trick, der Copperfield Konkurenz machen würde...).
Der Rüttler ist ein recht eindrucksvolles Gebäude, gefertigt
aus Stahlbeton. Man stelle sich einen großen Turm mit Zufahrtsstraße,
Geländer (inkl. Spielautomat) und Trichteröffnung vor. Die Oberkannte
liegt bei ca. 20m, der Grund des Kellers bei ca. 35m (ich habe dort noch
nie auf den Tiefenmesser geguckt). Taucht man von oben in den Trichter
hinein, landet man im ersten Stock. Hier haben einige Scherzbolde Spiegel
an die Wände "geklebt". Also, nicht wundern, wenn Euch plötzlich
ein furchtbar häßlicher Mensch anguckt. Im Zweifelsfall seid
Ihr es selbst... Taucht man noch eine Etage tiefer, findet man sich im
Keller wieder. Wobei die eigentlichen Kellerräume mit Gittern versperrt
sind. In der Vergangenheit sind dort unten Taucher ersoffen (ganz einfache
Rechnung: Keller + aufgewirbeltes Sediment - Reel = "HILFE, ICH WILL
HIER RAUS!!!"). Das mag jetzt vielleicht etwas polemisch klingen,
aber gewisse Fehler kann man sich unter Wasser einfach nicht erlauben.
Denkt also erst gar nicht daran, ein Unterwasserschweißgerät
mitzubringen... Vor dem Rüttler (zur Seemitte gerichtet) befindet
sich ebenfalls eine Öffnung in Richtung Keller. Natürlich ist
auch diese gesichert. Reingucken kann man aber in beide Kelleröffnungen.
Ansonsten kann man um den Rüttler herum- und unter der Zufahrtsbrücke
hindurchtauchen (setzt keine Höhlentauchausbildung voraus *g*). Die
Vorderseite des Gebäudes ist übrigens offen. Somit muß
man im Fall der Fälle nicht erst den Weg zum Trichter finden.



2. Große Steilwandtreppe (Einstieg 3) Dieses Ding ist ganz einfach
zu finden. Am Fuße des Rüttlers geradeaus weitertauchen, an
der Abbruchkante hinunter, weiter geradeaus, und schon ist man an der Holztreppe.
Diese liegt ziemlich genau auf der nächsten Abbruchkante. Die Tiefe
beträgt 40-45m. Viel mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Einfach angucken.



3. Wohnwagen (Einstieg 4) Der Wohnwagen wurde angeblich bei einem Sturm
ins Wasser geblasen und ist an der Wasseroberfläche durch eine Boje
gekenntzeichnet. Entweder schnorchelt man bis zur besagten Boje (hält
fit), oder man nimmt direkt die Kompaßpeilung und bahnt sich seinen
Weg unter Wasser zum Ziel (hält auch fit). Das "niederländische
Statussymbol" kann betaucht werden (durch eine der beiden großen
Fensteröffnungen in Heck und Bug). Allerdings sollten dies nur Taucher
tun, die wissen, wie man aus sowas auch wieder herauskommt! Vielleicht
könnte man an diesem Wohnheim auf Rädern eine Wracktauchausbildung
durchführen... Für mich persönlich war das Hineintauchen
ein wundervolles Erlebnis. Ich stellte nämlich fest, daß ich
ohne Probleme durch die Fenster passe. Sooooooo dick kann ich also gar
nicht sein...*g* Die Tiefe beträgt an dieser Stelle ca. 20m.



4. Steilwand Wer den Bodensee sein Heimatgewässer nennt, wird sich
über den Unterhaltungswert dieser Steilwand wahrscheinlich eher amüsieren.
Dennoch hat dieser Spot, wie ich finde, durchaus seine Reize. Bei entsprechenden
Sichtverhältnissen kann man von unten nämlich den hübsch
bewachsenen Flachwasserbereich angucken. Die Steilwand beginnt wenige Meter
links vom Einstieg 5 (ja, genau, dahin muß man laufen!) und zieht
sich ca. 200m weit. Am Fuß der Steilwand beginnt ein teilweise steil
abfallender Hang, der auf knapp 50m endet (mit dem Arm bis zum Schulterblatt
im Grund). Man findet im Einstiegsbereich durch etwas Suchen noch eine
große hölzerne Kabeltrommel und diversen Bauschutt (Tim Allen
hätte hier seine wahre Freude). Dank des gnadenlos langen Fußmarsches
zum Einstieg 5 (eigentlich sind es nur lächerliche 200m...aber eine
Taucherin versicherte mir neulich, daß sie, als sie am Steg ankam,
vor Anstrengung kotzen mußte...) tummeln sich hier in der Regel verhältnismäßig
wenige Taucher. Dementsprechend kann man auf gute Sichtverhältnisse,
besonders im Einstiegsbereich, hoffen. Um den Uferbewuchs zu schonen, sollte
nur über den schwimmenden Steg eingestiegen werden. Doch Vorsicht
beim Ausstieg: Zwei Leute gleichzeitg auf dem Steg sind zuviel. Während
der zweite Taucher auf die Leiter steigt, landet der zweite mitunter unfreiwillig
wieder im Wasser...*g* Achtung: Rechter Hand vom Steg befindet sich das
Sperrgebiet! Das Tauchen ist hier strengstens untersagt!



Natürlich sind dies noch längst nicht alle Highlights im Kreidesee.
Neben den Hinterliegenschaften aus den Zeiten des Tageabbaus (Rohre, Pumpen,
Betonschüttsilos, Stahlmatten, Fässer, Versorgungsleitungen)
befinden sich auch zwei wunderschöne Wälder in dem Gewässer.
Der "Mädchenwald" liegt zwischen Einstieg 1 und Einstieg
3 im Bereich 0-15m, der "Männerwald" liegt auf ca. 40m an
der Steilwand. Im Mädchenwald tummeln sich zahlreiche Fische (im Kreidesee
wird auch eine Fischzucht betrieben). Die Anhänger der Süßwasserfauna
werden also auf ihre Kosten kommen. Weiterhin liegen im Bereich Einstieg
1 und 4 zwei Autowracks. Es gibt also bei jedem Tauchgang etwas Neues zu
entdecken.



Noch ein paar Infos zu Infrastruktur und Logistik: Am See befindet sich
eine Basis (Anmeldung). Die für einen Tag gültige Tauchgenehmigung
kostet derzeit 17,- , die Kenntnisnahme der Tauchregeln ist per Unterschrift
zu bestätigen. Neben Preßluft und witzigen T-Shirts gibt es
hier auch Nahrungsmittel (belegte Brötchen, Snacks, Getränke).
Die Benutzung moderner Duschen und Toiletten ist in der Tauchgenehmigung
bereits enthalten. Auch ist eine Waschgelegenheit für die Tauchklamotten
vorhanden. Blockhäuser und Campingplätze sind ebenfalls direkt
vor Ort. Eine Gewässerkarte gibt es hier per Download (hoffentlich
bekomme ich keinen Ärger wegen des Copyrights...na ja, ist ja für
´nen guten Zweck)



Kontakt: Tel.Nr.: 04771-7921 (HGF)



Unfall: Tel.Nr.: 04771-7734 o. 7921 (Wachdienst) 0421-6007577 (Zentrum
für Überdruckmedizin Bremen) 04771-7467 o. 642341 (Taucharzt
Günther Zabka)



Den pfleglichen Umgang mit dem See sollte sich jeder Taucher zum Grundsatz
machen. Ebenso gilt es, die Sicherheitsbestimmungen einzuhalten. Nur so
werden wir noch viele Jahre Deutschlands (zu unrecht) "berüchtiges"
Tauchgewässer nutzen können.



Immer 30 Promille in der Flasche...