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V.GrundmannDIWA1000 TGs

Insgesamt lohnendes Erlebnis

Die Eröffnung einer neuen Fluglinie ab unserem Regionalflughafen nach Sharm el Sheikh hat mich 2020 erstmalig nach Dahab gebracht. An die Verhältnisse des mehr südlichen Rotmeer-Bereichs Ägyptens gewöhnt, empfand ich die Tauchbedingungen im Golf von Akaba als doch etwas anders.
Das gilt schon mal für die Grundbedingungen. Der Golf fällt sofort tief. Es gibt kaum flache Ausläufer weit ins Meer, an denen sich oberflächennahe Riffe bilden können. Eine straffe Küstenlinie aber bietet naturgemäß weniger lohnenswerte Tauchplätze als ein weit gedehntes Riffsystem. Bootstouren sind daher erlässlich, zum Tauchen werden vornehmlich Uferplätze per Pickup angefahren. Das Ergebnis: Wo sich an den Rifftauchplätzen des Südens vielleicht draußen die Boote drängen, da drängen sich bei Dahab an den zahlenmäßig deutlich wenigeren lohnenswerten Einstiegsstellen die Pickups dicht an dicht. Weise Tauchbasen verordnen ihren Kunden daher frühes Aufstehen und starten gleich nach acht, die später Aufbrechenden müssen sich unter Wasser zumindest an den Highlights in die Warteschlange hängen.
Der Besatz einiger Riffblöcke mit Korallen sowie üblichem Klein- bis mittelgroßem Getier war durchaus respektabel. Bedeutende Sichtungen größerer Fische oder Meerestiere sind mir allerdings, bis auf einen beachtlichen gelbgemusterten Zackenbarsch, nicht gelungen.
Wichtiger Rat: Vergesst die leichten Boots-Füßlinge, nehmt die heavy-duty-booties ins Reisegepäck, denn die besten Einstiegsstellen sind zum Teil grobsteinig oder gar felsig.

Zu den Tauchplätzen selbst: Ein paar Highlights sind natürlich dabei, eines gar hat schon seinen Platz in der Hall of Fame: Das Blue Hole, das als solches für die touristische Taucherei vollkommen bedeutungslos ist, weil seine Wände kahl sind und der Tunnelausgang zum Meer zu tief liegt, um von seriösen Basen angeboten zu werden (touristisches Basentauchen ist in Ägypten per Gesetz auf 40 m beschränkt, nur Freediver haben in dem öden Topf ihr Paradies). Der Kick beim Tauchgang am Hole, und nicht im Hole, liegt zunächst beim Einstieg, der 200 m nördlich von ihm beginnt: Direkt ab Uferkante geht es kopfüber in einem Offenschacht sofort auf über 30 m, dann folgt der Aufstieg entlang der Außenwand des Blue Hole, der aber wirklich besten Drop-off-Kick mit reichlich Korallenanblick bietet.
Zweites Highlight war für mich der „Canyon“, eine vom Ende des Riffdachs in Richtung Ufer 30 m tief eingefräste, enge Schluchtstruktur, teilüberdacht, mit bizarren Formen von Felsarchitektur. Am seeseitigen Ende leuchtet durch einen senkrechten Engspalt magisches, von Sonnenstrahlen durchwirktes Blau. Ein weiteres, per Pick-up erreichbares Highlight sollen die „Caves“ etwas weiter südlich der Stadt sein. Das willkürlich-autoritäre und offensichtlich unfähige Hineinregieren und Reglementieren der ägyptischen Polizeibehörden in die Taucherei hat mir den Besuch vermasselt: Wegen Schlechtwetters war der Bereich am Vortage gesperrt worden. Am Folgetag, wo längst die Sonne wieder knallte und das Meer vollkommen ruhig lag, war der Ordre Mufti für die Wiederfreigabe aber noch immer irgendwo auf dem Dienstwege versackt. Wir mussten auf die „Golden Blocks“ ausweichen, einem eher durchschnittlichen Platz.
Zwei weitere als Highlights gepriesene Stellen, nördlich das Ras Abu Galum, südlich das Gabr el Bint, werden wegen des Aufwandes wohl eher der Werbung wegen in Gespräch gehalten. Für das eine ist ein Boot zu ordern, was in Dahab offensichtlich aufwändig ist. Für das andere bedarf es am Ende einer wohl einstündigen Kameltour zum Platz. In meiner Woche hatte ich auf keines von beiden eine Chance. Es gibt dann noch etliche weitere Plätze, teilweise direkt am Stadtufer. Diejenigen davon, die ich gesehen habe, waren bis auf einen, den ich als wirklich erlässlich empfand, zwar nicht spektakulär, aber durchschnittlich-akzeptabel.

Ausgehend von meiner Erfahrung mit dem Massenbetrieb auf verschiedenen ägyptischen Basen hatte ich geplant, bei diesem Urlaub mal eines der Individual-Betreuungsangebote durch basenunabhängige Einzelguides in Anspruch zu nehmen. Solche werden für den Bereich Dahab verschiedentlich im Internet angeboten. Das Handling der Ausrüstungsfrage, insbesondere wenn man seinen eigenen Krempel mit sich rumschleppt, dürfte dabei aber eher aufreibend sein, denn mehr Logistik als Abholung/Rückbringung sowie Pressluftflasche/Blei kann man bei solchen Dienstleistern in der Regel nicht erwarten.
Sicherheitshalber stattete ich daher der zu meinem Hotel „Swiss Inn“ gehörigen Tauchbasis Extradivers“ einen Prüfbesuch ab, bevor ich das Unternehmen Individualguide startete, und der ließ mich mein ursprüngliches Vorhaben verwerfen. Es waren zum Zeitpunkt Mitte März 2020 dort so wenige Gäste, dass ich auch hier mehrfach das Privileg einer Einzelbetreuung durch Basenchefin Silvia höchstpersönlich genoss. Die Basis wurde auch ansonsten, dem Credo des Hotels entsprechend, von ihr und ihrem Partner kompetent, aber auch familiär-freundlich und ohne Attitüde geführt. Ausgelegt auf eher kleine Taucherzahl verläuft hier alles unaufgeregt. Gestartet wird normal zwar zu „nachtschlafender Zeit“ um 8.15 Uhr, aber Nachverhandlungen sind nicht immer erfolglos. Basenambiente und Ausrüstung entsprachen dem Normalen und wurden gut in Ordnung gehalten.

Ergänzend möchte ich anmerken, dass auch die allgemeintouristischen Bedingungen um Dahab andere sind als an den Plätzen der Westküste. Dahab selbst hat, um das Positive voranzustellen, von all den erratisch zu Tourismusorten gewachsenen Küstendörfern Ägyptens die ausgeprägteste und angenehmste Touristenmeile. Hier bieten etliche Restaurants tatsächlich das Niveau, damit man sich als Tourist angeregt fühlt, sich niederzusetzen und von der hervorragenden Auswahl von Fisch und Meeresfrüchten etwas zu bestellen. Allerdings empfand ich hier auch die Nachbarschaft von Qualitätstourismus und Grauzonentourismus als enger als anderswo. Südlich der Stadt in grüner Oasenumgebung findet man gediegene Hotelanlagen mit entsprechenden Tauchbasen entlang meist feinsandiger Strände, nördlich reihen sich Versuche schlichter Unterkunftsbildung, teilweise deutlich schäbig wirkend, durch den Innenort, angebunden an meist steinig-felsige Uferabschnitte und in enger Verquickung mit sonstigen eher ärmlichen oder gescheiterten Geschäftsversuchen von Einheimischen. Dementsprechend wenig vertrauenswürdig wirkten dort auch die zahlreichen Tauchangebote, die wohl deutlich auf Interessenten mit schmalem Geldbeutel, etwa aus Russland oder der Ukraine, zielen.
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