Wegen „Flipper“: Katalanischer Dialog mit Perspektiven für die Zukunft

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16.08.2019 11:29
Kategorie: News

Kooperation statt Konfrontation

Professionelle Fischer werden von Umweltschützern und Tauchern oft als natürliche Feinde betrachtet. Sie holen in der Regel das aus dem Meer heraus, was Umweltschützer beschützen und Taucher betrachten wollen - und manchmal sogar noch einiges mehr. Solche pauschalen Feindbilder führen oft zu enormen gesellschaftlichen Zerwürfnissen, zumeist, weil der einseitige Standpunkt der Betrachtung oft von Emotionen und nicht von Fakten getragen und schon gar nicht durch intensive Dialoge aufgelöst wird.

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Dass es ganz anders gehen kann und sich scheinbar widerstreitende Interessen zu einer neuen, ganzheitlichen Haltung zusammenwachsen können, kann man gerade auf sehr eindrucksvolle  Weise in Nordspanien an der katalanischen Küste rund ums Cabo Creus und Cabo Norfeu sehen.

Seit 2008 ist dort eine Umweltschutzorganisation namens Submon aktiv, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die marinen Lebensräume in der Region zu studieren, zu schützen und die Bevölkerung aktiv anzuleiten, was sie zum Erhalt der marinen Lebensräume vor der eigenen Haustür beitragen kann.

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Seit 2017 läuft ein Projekt, das nun beginnt Früchte zu tragen und vielleicht sogar weltweit als Beispiel dienen kann, wie der Dialog zwischen Gruppen mit sich widerstreitenden Interessen nicht zwangläufig im Chaos enden muss. Immer wieder suchten die Aktivisten von Submon das Gespräch mit den lokalen Behörden, Wassersportlern, Tauchbasen und vor allem mit den lokalen Fischern.

Es ging zunächst um Delfine, besser gesagt um den  Großen Tümmler (Tursiops truncatus), einer in allen Weltmeeren verbreiteten Art der Delfine. Sie sind auch bekannt als „Flipper“ aus der Fernsehserie, leider auch von zahlreichen Delfinarien, in denen diese intelligenten Meeressäuger oft gefangen gehalten werden um der Unterhaltungsindustrie durch ihre Kunststückchen volle Kassen zu bescheren.

Auch im Mittelmeer gab es einst eine stattliche Anzahl von Tümmlern. Die größten Populationen befanden sich am Cap Norfeu und im Cabo Creus-Graben im Norden Kataloniens und an der norditalienischen Küste in Ligurien. Der Bestand der Tümmler hatte sich aber von Jahr zu Jahr verringert und sollte diese Delfinart dem Mittelmeer nicht gänzlich verloren gehen, mussten endlich präzise Informationen und Zahlen her um überhaupt über mögliche Maßnahmen befinden zu können.

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Zu den Tauchbasen, die inzwischen in den Dialog und das Delfinprojekt eingestiegen sind, gehören auch die Euro-Divers Cala Joncols. Wenig nördlich der romantischen Joncols Bucht der Euro Divers befindet sich das Schutzgebiet Cabo Creus und etwas südlich die Bucht von Roses. Und zum Staunen vieler Wassersportler zeigen sich hier dicht unter der Küste immer wieder kleine Gruppen von Delfinen. Sehr zur Freude der Sporttaucher und Umweltschützer.

Während die Fischer oft die Delfine verantwortlich machten für die knapper werdenden Fischbestände und ihnen vorwarfen, in den Netzen der Fischer zu räubern, hat es hier eine wahrnehmbare Änderung der Sicht- und Verhaltensweise gegeben. Durch die Aktivitäten von Submon, die eben nicht pauschal verurteilten und forderten, sondern versuchten durch einen intensiven Dialog das Verständnis für den Anderen zu erhöhen und zu neuen tragfähigen gemeinsamen Positionen zu finden, hat sich in Katalonien etwas verändert. Die Fischer von Llançà, Port de la Selva und Roses wurden gezielt angesprochen. Man traf sich, sprach miteinander und Vorträge erläuterten, warum mehr Sorgfalt und mehr Koordination nötig sind um die schwindenden Ressourcen und Bestände nicht gänzlich hinzurichten.

Heute arbeiten zahlreiche professionelle Fischer mit der Organisation zusammen. Sie beteiligen sich an der Gewinnung von Daten, melden Sichtungen und Anzahl der Meeressäuger. Die erfassten Daten werden ausgewertet und einer Datenbank zugeführt. Auch das Verhalten der Tiere vor der Küste gerade in der Interaktion mit den Fischbooten wird näher studiert und erfasst. Die Ergebnisse machen Hoffnung, denn die Bestände haben sich scheinbar stabilisiert und die Sensibilität der beteiligten Fischer hat zu einem veränderten Umgang mit den Ressourcen geführt. Die lokalen Fischhändler wurden eingeschaltet, Lokalpolitiker und Organisationen klinkten sich mit ein, es wurden Fördermittel beantragt und gewährt und aus dem Delfinprojekt ist inzwischen ein breit gefächerter Dialog geworden in dem  alle beteiligten Parteien inzwischen miteinander reden und um Lösungen ringen, anstatt miteinander zu streiten und mit dem Finger auf die anderen zu zeigen.

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Jan Boelen, Basisleiter der Euro-Divers in Cala Joncols steht diesem Dialog sehr positiv gegenüber. “Das wirklich tolle an diesem Projekt ist, dass die lokalen Fischer mit eingebunden sind. Auf Mallorca hassen die Fischer die Delfine, hier in Roses hat es ein Umdenken gegeben. Sie bestätigen, dass die Delfine nur äußerst selten die Netze beschädigen oder gar in die Netze geraten. Inzwischen sind die Delfine schon viel aufgeschlossener und zu einigen Booten gibt es schon fast eine Art von Beziehung. Manchmal begleiten die Delfine die Boote eine ganze Weile. Das liegt daran, dass einige Kapitäne aufgeschlossener sind als andere und aktiv den Kontakt zu den Delfinen suchen. Inzwischen gibt es schon erste Exkursionen, bei denen die Delphine beobachtet werden können. Der lokale Fischhandel arbeitet mit den Fischern und Projektbeteiligten zusammen, zertifiziert nach festgelegten Regularien nur nachhaltige Fänge die im lokalen Fischhandel für den Verbraucher sichtbar zertifiziert werden. Ein eigenes katalanisches Qualitäts- und Nachhaltigkeitssiegel quasi, das Vertrauen schafft.

Ein schönes Beispiel, dass inzwischen weitere Kreise zieht und nach dem so positiv verlaufenen Delphin-Projekt Aspekte des Tourismus und deren Auswirkungen auf die Natur mit einen ebensolch sachlichen Dialog bearbeiten will. (hap)

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Alle Fotos mit der freundlichen Genehmigung von Submon, www.submon.org

Mehr Informationen zum Projekt:
www.submon.org/en/the-project-tramuntana-dolphins-continues

Infos zu Euro-Divers Cala Joncols
Webseite ED Cala Joncols
Infos auf Taucher.Net