Kategorie: Diverses
Es ist eines dieser Themen, über die kaum jemand spricht – und doch betrifft es fast jeden, der mal länger unter Wasser war. Denn der sogenannte „kaltinduzierte Harndrang“ ist real: Wenn der Körper kalt wird, schickt er einen eindeutigen Befehl an die Blase. Entleeren! Viele Taucher kennen das. Man steigt ins Wasser, ist noch gar nicht lange unten – und zack, der Drang ist da. Der Anzug ist eng, man hat keine Wahl, und irgendwie fühlt es sich in dem Moment sogar ganz angenehm warm an. Aber was passiert da eigentlich genau? Was macht der Urin mit dir, deinem Neoprenanzug – und der Welt um dich herum?
Urin besteht hauptsächlich aus Wasser – etwa 95 Prozent – doch der Rest ist durchaus spannend: Harnstoff, Ammoniak, Kreatinin, verschiedene Salze und organische Säuren. Dazu kommt eine Prise Mikroorganismen, denn sobald der Urin den Körper verlässt, ist er nicht mehr steril. Wenn man also in seinen Anzug pinkelt, dann bleibt diese Mixtur in direktem Kontakt mit der Haut – und zwar über längere Zeit hinweg, denn der Neoprenanzug ist dicht und speichert die Flüssigkeit körpernah. Das kann, vor allem bei empfindlicher Haut oder kleinen Abschürfungen, zu Irritationen führen. Rötungen, Juckreiz oder im schlimmsten Fall sogar Infektionen sind möglich – besonders wenn man den Anzug nach dem Tauchgang nicht sofort reinigt, sondern ihn fröhlich feucht zusammenrollt und stundenlang in der Sonne braten lässt. Die Kombination aus Wärme, Feuchtigkeit und Harnstoff ist ein Fest für Bakterien – und ein Albtraum für jede Nase.
Für das Material des Anzugs ist Urin ebenfalls kein Wellness-Erlebnis. Neopren selbst hält einiges aus, doch das Innenfutter – meist aus Nylon oder Fleece – kann den Geruch dauerhaft speichern. Auch Kleber und Nähte leiden, wenn sie regelmäßig mit biologischem Cocktail getränkt werden. Der typische Ammoniakgeruch, den mancher Alt-Anzug schon beim Öffnen des Tauchkoffers verströmt, ist kein Zufall. Und nein, der geht nicht einfach mit einem Spritzer Süßwasser wieder raus.
Erste Hilfe
Wer seinen Neoprenanzug nach einem feuchtwarmen Malheur retten will, sollte nicht kleckern, sondern klotzen. Direkt nach dem Tauchgang hilft es, den Anzug großzügig mit Süßwasser auszuspülen – je früher, desto besser. Richtig sauber wird’s aber nur mit speziellem Neoprenreiniger oder enzymatischem Waschmittel. Einweichen ist angesagt, am besten mindestens 15 bis 30 Minuten. Danach gründlich ausspülen, schattig trocknen und möglichst luftig lagern. Nur so lässt sich vermeiden, dass der Anzug zum olfaktorischen Mahnmal vergangener Tauchgänge wird. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann zusätzlich ein antibakterielles Spray verwenden – vor allem bei häufiger Nutzung oder längeren Reisen.
Doch selbst bei bester Pflege kann es sein, dass der Geruch nicht mehr ganz verschwindet. Wer regelmäßig in seinen Anzug uriniert und ihn nicht konsequent reinigt, wird irgendwann feststellen: Der Geruch bleibt. Und mit ihm die Erinnerung. Manche nehmen es mit Humor – andere kaufen sich einfach alle zwei Jahre einen neuen Anzug. Es ist also nicht nur eine Frage der Hygiene, sondern auch des Budgets.
Auf der Basis
Besonders heikel wird’s, wenn wir nicht im eigenen Neo unterwegs sind. In Leihanzügen auf Basen kann man sich nie sicher sein, was da vorher schon alles durchgelaufen ist – und leider ist es keine Seltenheit, dass diese Anzüge zwar gespült, aber selten wirklich tiefengereinigt werden. Der typische „Basenanzug-Duft“ hat seine ganz eigene Note – irgendwo zwischen Atlantik, Achsel und Altbier. Wer also vorhat, regelmäßig zu tauchen oder empfindlich auf Hygiene reagiert, dem sei der eigene Anzug dringend empfohlen. Und wer doch im Leihanzug pinkelt (ja, das passiert – oft!), der sollte so fair sein, dem Basenteam reinen Wein einzuschenken. Oder halt wenigstens den Anzug ordentlich reinigen, anstatt ihn klamm und aromatisch zurück in die Kiste zu werfen. Man muss sich ja nicht zum beliebtesten Kunden machen – aber man muss auch nicht der Grund sein, warum sich der nächste Taucher denkt: „Was zur Hölle ist DAS denn für ein Geruch?!“
Profis – vor allem im Trockentauchbereich – setzen auf sogenannte Pissventile, auch „P-Valves“ genannt. Mit einem Kondomkatheter (für Männer) oder speziellen Dichtsystemen (für Frauen) wird der Urin während des Tauchgangs aus dem Anzug geleitet. Klingt technisch, funktioniert aber erstaunlich gut – solange alles richtig angeschlossen ist. Wer es einmal erlebt hat, wenn sich ein P-Valve ins Innere des Anzugs entleert, weiß: Da war Pinkeln im Neopren fast die bessere Variante.
Fazit
Am Ende bleibt festzuhalten: Es ist menschlich, es passiert – aber wie bei vielem im Tauchsport ist der Umgang damit entscheidend. Wer ins Neopren pinkelt und sich danach um Reinigung und Pflege kümmert, hat meist keine Probleme. Wer es ignoriert, darf sich nicht wundern, wenn der Anzug bald mehr nach Altglascontainer als nach Abenteuer riecht. Und wer behauptet, das Thema sei unwichtig, hat vielleicht einfach noch nie in 5 mm Neopren auf einer Stunde Strömungstauchgang mit voller Blase geschwitzt.
Also: Don’t stress, just rinse. Und sag deinem Buddy ruhig mal danke – vor allem, wenn er mit dir im gleichen Boot sitzt.
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