UW Workshop mit Heinz Toperczer

Teile:
03.11.2018 17:09
Kategorie: Diverses

Lernen von den Profis

Damit der Bericht über dieses Wochenende nachvollziehbar ist, muss ich zunächst über mich selbst etwas sagen! In meinem Logbuch stehen deutlich über 700 Tauchgänge, aus meiner Erinnerung heraus würde ich sagen mindestens 600 davon mit einer Kamera in der Hand. Und bitte fragt oder googelt nicht, wie die ersten Ergebnisse aussahen. Wie auch immer – inzwischen bin ich der Meinung, dass meine eigenen „Unterwasserarbeiten“ deutlich über Schnappschüsse hinaus gehen, nein noch keine Kunst aber eine solide Abbildung der Realität.

 

Bericht von Jan Finsterbusch

Auf der Boot 2018 in Düsseldorf traf ich erstmals Heinz Toperczer. Wir unterhielten uns über Unterwasseraufnahmen, Einstellungen und das „perfekte“ Foto. Schließlich fragte ich ihn, ob ich einmal an einem seiner Workshops teilnehmen könnte. Wenig später erhielt ich mögliche Termine und Veranstaltungsorte und für mich kam nun die Frage auf: Bringt mir das was? Kann ich da noch etwas lernen? Ja. natürlich das ist kein 08/15 PADI/CMAS/SSI - Fotobrevet, das ist der Workshop eines Profis, der versucht unterwasser Kunst zu kreieren. Also warum nicht?

Ende September sitze ich dann mit neun anderen Teilnehmern im Seminarraum eines Hotels und höre die einleitenden Worte von Heinz. Er spricht von Überforderung, Enttäuschung und Zorn als Ergebnis seines Workshops. Nicht gerade werbefreundlich, aber bei Aufnahmen in einem fremden Medium und mit Equipment das zumeist nicht für Unterwasseraufnahmen gebaut wurde, durchaus nachvollziehbar.

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Als nächstes vergleicht er den Workshop mit einem Fahrertraining. Die schnellste Rundenzeit hängt nicht nur vom Fahrer, sondern auch vom Boliden – sprich dem vorhandenen Equipment – ab. Heißt jedoch auch, dass der Fahrer (Fotograf) seinen Weg durch die Kurven in Abhängigkeit von seinem Boliden (Equipment) selbst finden muss. Dazu muss er die Grundlagen verstehen. Eine Message brennt sich nun in die Köpfe der Teilnehmer ein: Seid nicht mehr Copiloten und werdet gefahren, sondern greift selbst nach dem Steuer. Was er damit meint? Man soll sich von Unterwasserprogrammen und automatischen Einstellungen verabschieden. Auch das Blitzen mit TTL bei Weitwinkelaufnahmen macht eigentlich wenig Sinn, obwohl es für Makroaufnahmen durchaus eine Option ist.

Entsprechend dem Bolidenvergleich sind die nachfolgenden Inhalte des Kurses dann auch eher allgemeiner und auf Verständnis abzielender Natur. Verhältnis von Blende zu Verschlusszeit. Der Einsatz des Blitzes und seiner Leitzahl, der Blitzsynchronisationszeit und viele andere Merkmale, welche die Gestaltung des Bildes beeinflussen. Der Vergleich der Blende mit einem Strohhalm prägt sich jedem Teilnehmer ins Gedächtnis ein: In Abhängigkeit von der Länge des Halmes wird mal ein größerer und mal ein kleinerer Querschnitt das bessere Ergebnis liefern.

Einstellungen, Belichtungsparameter - wichtige Fragen

Weiterhin wird über Standardeinstellungen gesprochen. Was stellt man vorab ein, wenn man zu einem Wrack in 30 Metern Tiefe im Roten Meer taucht? Welche Voreinstellungen wählt man, wenn man mit Delphinen tauchen oder schnorcheln will? Wie muss man – bei perfekter Belichtung - die Blende verändern, wenn die Belichtungszeit reduziert wird?


Dann folgt noch eine der Kardinalsfragen: Wie wird ein Bild perfekt belichtet? Wie entscheidet man unter den unterschiedlichen Lichteinflüssen des Wassers, welches Bild optimal belichtet, welches zu hell oder zu dunkel ist? Auch hier gibt es selbstverständlich Lösungen, die uns der erfahrene Fotograf verrät. Im Nachgang stellt sich die Frage welche Tendenz im Bild besser ist. Eher über- oder unterbelichtet? Grundsätzlich ist eine Unterbelichtung noch eher mit guten Fotoprogrammen zu kaschieren und das Bild damit zu retten. Ein überbelichtetes Bild ist meist komplett verloren.

Es entsteht eine Diskussion welche Blitzpositionen in welcher Situation (Makro, Weitwinkel) angebracht sind und warum bestimmte Standards manchmal gut und manchmal eben nicht funktionieren. Der goldene Schnitt, die 1/3 Regelung und die Freistellung des Motives sind ebenfalls ein Thema.

Allen Teilnehmern raucht an diesem Abend der Kopf. Auch mir als „fortgeschrittenem“ Fotografen erschließen sich an diesem Abend neue Zusammenhänge. Natürlich kannte man viele Details schon oder hat an anderen Stellen aus der Praxis gelernt und instinktiv angewendet jedoch werden auf einmal Zusammenhänge klar.

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Am kommenden Vormittag stehen Shootings im Pool an. Nein, nicht mit Plastikspielzeug (OK das gab es auch - für diejenigen, die Makroaufnahmen üben wollen) sondern mit richtigen Modellen. Komisch das kaum einer das Plastikseepferdchen gecastet hat, sondern sich vor den Sets von Britta, Bianca sowie Jenny und Dominik eine Schlange bildet. Die Fotografen behindern sich zum Teil gegenseitig, jeder weiß, dass dieses „Shooting“ etwas Besonderes ist. Es dauert vier Stunden an, die Models wechseln sich ab. Auch im warmen Wasser wird es irgendwann kalt und kurz umziehen um eine neue Rolle zu übernehmen muss ja auch sein. Jedes Model gibt alles und geht auf direkt geäußerte Bitten ein. „Britta kannst du für mich mit dem Totenkopf knutschen?“ „Nein, nein das geht auf gar keinen Fall!“ Im nächsten Moment lächelt sie und taucht ab um mit dem Totenkopf und meiner Kamera zu spielen. Was will man mehr?

Dann ist das Shooting für uns Amateure vorbei, aber auch Heinz hat gearbeitet und auf einem anderen Level erfolgreich Bilder produziert. Jeder Teilnehmer scheint mit seiner Ausbeute zufrieden.

Welche Erkenntnisse bleiben?

Auch ein „gefühlt alter Hase“ in der Unterwasserfotografie kann in einem Workshop etwas mitnehmen, wenn er von einem Profi veranstaltet wird. Daneben stellt man fest, dass das Arbeiten mit Models komplett anders ist als die Dinge, die man sonst kennt. Ja eigentlich sollte alles einfacher sein, klares warmes Wasser, keine Strömung, kaum Schwebeteilchen, Motive die nicht flüchten, sondern mit der Kamera spielen. Dann sieht man die eigenen Ergebnisse und ist zunächst enttäuscht.

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Hier meine Feststellungen aus der Arbeit mit Models:

  • Man braucht nicht wie in der Naturfotografie die Luft anhalten, um dem Motiv näher zu kommen. Models flüchten nicht wegen ein paar Blasen!
  • Redet mit den Models; im Gegensatz zu Fischen funktioniert das hervorragend. Dies hat nicht nur den Vorteil, dass sie versuchen die Szene die man sich im Kopf vorgestellt hat, umzusetzen. Gerade bei mehreren Fotografen unterwasser hat es den Effekt, dass sie „in der nächsten Runde“ speziell auf euch und eure Kamera eingehen.
  • Manchmal – aber bitte nur manchmal – muss man bei so einem Shooting auch egoistisch sein. Wenn man selbst realisiert, dass diese Pose die Perfekte ist, wenn man sich dieses Bild vorab vorgestellt hat, dann darf man auch schon einmal die Distanz verkürzen und den anderen ins Bild schwimmen. Aber dieser Punkt ist eigentlich wie in der freien Natur. 

Eigentlich wollte ich nur lernen Fische noch besser zu fotografieren. Inzwischen überlege ich an welcher Location und mit welchen Models ich etwas Ähnliches nochmal erleben kann. Ich weiß, wenn ich in dieser Art Fotografie besser werde, kann ich dies auch in der freien Natur. Zudem machen diese Shootings auch wirklich Spaß.

Abschließend möchte ich mich bei allen Beteiligten bedanken: Bei Heinz Toperczer (spezialfoto.at) für die perfekte Organisation und bei den Models Bianca (FB: Bianca Reisinger), Jenny und Dominik (FB: Jennifer Pod) und Britta (FB: Britta Schlagbauer, Mermaid Austria 2017) für den großartigen Einsatz unterwasser. Danke auch an die Tauchschule Piberstein, die die Infrastruktur vor Ort und die Locations organisiert hat.