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Das Rätsel der Estonia
Am 28. September 1994 sank die Ostseefähre Estonia. Bei dem Schiffsunglück kamen 852 Menschen ums Leben. Die Gründe konnte man bis heute immer noch nicht ganz ermitteln. Jetzt soll das Estonia Wrack erstmals nach den Tauchexpeditionen der frühen 2000er Jahre wieder untersucht werden.
Um 1.30 Uhr nachts, wurde das Rauschen des internationalen Ruf- und Seenot-UKW-Kanals 16 unterbrochen. Ein Notruf der Ostseefähre Estonia. Der schwere Sturm vor der Südküste Finnlands, war sicher Teil des Problems und schlussendlich brach oder riss die Bugklappe des Schiffes. Die Estonia bekam etwa auf halber Strecke zwischen der estnischen Hauptstadt Tallinn und Stockholm Schlagseite.
Die Crew versucht verzweifelt Kontakt mit der „Silja Europa“ aufzunehmen, die sich in der Nähe befindet. Die Hilferufe „MADAY, MAYDAY“, die man noch heute auf Tonaufnahmen mitverfolgen kann, lassen einen Schauer über den Rücken laufen.
Das Schiff „MS Mariella“ erreichte als erstes die Unglücksstelle und konnte den ersten sechs Menschen das Leben retten. Ungefähr 25 Hubschrauber, die von Schweden und Finnland geschickt wurden, sollten zusätzlich helfen. Doch die Hilfe, sie kam zu spät: 852 Passagiere und Besatzungsmitglieder wurden in die Tiefe gerissen, nur 137 konnten gerettet werden, 93 Personen wurden tot geborgen.
Auch nach 25 Jahren wirft der Untergang der MS Estonia noch viele Fragen auf
Fest steht, dass die Bugklappe gerissen ist. So konnte in kurzer Zeit, sehr viel Wasser ins Schiff eindringen. Sie sei wohl zu schwach gewesen. Diese Theorie wurde durch ein Untersuchungsergebnis der TU Hamburg im Jahr 2005 untermauert. Hierbei wurde mit einer Simulationssoftware festgestellt, dass die aufgetretenen Kräfte durch die Sturmwellen drastisch die Werte überstieg für die das Bugscharnier ausgelegt war. Vielleicht waren die Scharniere auch schlecht gewartet. Auch die Handlungen der Besatzung, insbesondere, dass sie die Geschwindigkeit der Fähre nicht reduzierte, bevor sie diverse Probleme untersuchte, wurden als sehr kritisch angesehen. Und natürlich das katastrophale Wendemanöver bei bereits abgerissener Bugklappe. Oder war es etwa doch Sabotage? Eine eindeutige Antwort gab es bisher nicht …
Die Mängel der Untersuchung und des Berichts gab vielen Verschwörungstheorien Auftrieb. Manche glaubten sogar an eine Bombe an Bord, andere an einen U-Boot-Angriff. Die Tatsache, dass Militärgüter auf der Estonia transportiert worden waren, befeuerte die Verschwörungstheoretiker. Die exakte Unglücksursache ist bis heute nicht bekannt.
Bislang sind Tauchgänge zu dem Wrack der Estonia Fähre verboten. Ein Gesetz aus dem Jahr 2000, dass jetzt geändert werden soll, erklärt das Wrack als Grabstätte und soll so die Störung der Totenruhe verhindern.
Mehrere Reporter eines Doku-Teams sind wegen Störung der Totenruhe – zB die Expedition des Jahres 2000 - angeklagt worden. Sie berufen sich jedoch auf Journalistische Freiheit und Klarheit für Überlebenden und Hinterbliebenen schaffen zu wollen.
Neue Entscheidung der schwedischen Regierung, soll neuen Untersuchungen nun den weg freimachen
Die Entscheidung war eine Empfehlung der Untersuchungsbehörden von Estland, Finnland und Schweden, die neue Unterwasseruntersuchungen forderten.
Als im September eine mehrteilige TV-Dokumentation, Bilder von dem in 80 Meter Tiefe liegenden Wrack zeigte, konnte man ein bislang nicht bekannten vier Meter langen Riss am Bug der Fähre erkennen. Das ließ die Gemüter erhitzen. Neue Informationen wurden gefordert, nicht nur von Überlebenden, sondern auch von Wissenschaftlern und Journalisten.
"Wir wollen Antworten auf eine Reihe von Fragen. Dies betrifft sowohl die Löcher im Rumpf als auch die Frage, ob die Estonia in der Nacht des Untergangs möglicherweise eine militärische Ladung getragen hat", sagte Anders Eriksson, einer der Überlebenden, dem Sender SVT. „Es muss neu untersucht werden und zwar korrekt", fordert er.
Auch Estlands Premierminister Jüri Ratas fordert eine neue Untersuchung des Wracks, wie der estnische Rundfunk berichtet. Schweden und Finnland sind jetzt damit einverstanden, dass Estland eine neue Untersuchung leiten werde.