UN-Gipfel in Nizza: Meeresgesundheit am Scheideweg

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07.06.2025 10:52
Kategorie: News

Die Welt steht vor einer grundsätzlichen Entscheidung zum Schutz der Meere

Nur wenige Tage vor Beginn der dritten UN-Ozeankonferenz in Nizza (9.–13. Juni 2025) schlagen die Meeresschutzorganisationen Alarm: Der Zustand der Weltmeere hat sich seit der letzten Konferenz 2022 weiter verschlechtert – trotz zahlreicher internationaler Versprechen und Aktionspläne zur Bewahrung und Wiederherstellung der marinen Ökosysteme.

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Die neuesten wissenschaftlichen Bewertungen zeichnen ein beunruhigendes Bild, das dringender denn je nach entschlossenem Handeln verlangt.

•    Marine Hitzewellen nehmen zu, die Suche nach neuen Öl- und Gasvorkommen im Meer geht weiter, zerstörerische Fischereipraktiken bestehen fort und die Plastikverschmutzung steigt weiter an.
•    Die dritte UN-Ozeankonferenz (UNOC3) wird zum entscheidenden Test für das Engagement der Regierungen, das Nachhaltige Entwicklungsziel 14 („Leben unter Wasser“) zu erreichen, während sich das Zeitfenster für wirksamen Meeresschutz verengt.
•    OceanCare übergibt die Petition „Because Our Planet Is Blue" mit über 110.000 Unterschriften am Welttag der Ozeane an Peter Thomson, UN-Sondergesandten für die Meere, und unterstreicht damit die Erwartungen der Öffentlichkeit an die Delegationen der Mitgliedsländer.

Es dominieren vage Formulierungen und Absichtserklärungen

Die Konferenz bildet den kritischen Prüfstein, ob es den Regierungen gelingt, den eingeschlagenen Kurs zu korrigieren, um das ehrgeizige Ziel des Nachhaltigen Entwicklungsziels 14 („Leben unter Wasser“) bis 2030 noch zu erreichen. Allerdings lässt der bislang vorliegende Entwurf für die Abschlusserklärung kaum Hoffnung auf substanzielle Fortschritte erkennen. An statt konkreter Maßnahmen und ambitionierter Ziele dominieren vage Formulierungen und Absichtserklärungen. Das politische Momentum bleibt hinter den wissenschaftlichen Notwendigkeiten zurück, was viele Umweltgruppen fürchten: Das Zeitfenster für einen wirksamen Meeresschutz schließt sich schneller, als die Verantwortlichen wahrhaben wollen.

„Dieses Gipfeltreffen ist im Kern ein Test des politischen Willens“, erklärt Fabienne McLellan, Geschäftsführerin von OceanCare. „Seit der Konferenz in Lissabon 2022 haben sich die Bedingungen in den Ozeanen nachweislich verschlechtert – Korallenriffe sterben, Artenvielfalt geht verloren, Meeresverschmutzung und Temperaturanstieg nehmen zu. Wir hören gute Worte, aber es mangelt an Taten. Die kommenden Tage in Nizza sind entscheidend, um konkrete, transformativen Maßnahmen auf den Weg zu bringen.“ Sie ergänzt: „Wir werden vor Ort sein, um die Stimmen der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft vernehmbar zu machen. Noch ist Zeit, den Bewusstseinswandel mit Mut und Entschlossenheit zu beschleunigen, denn die letzten 5 bis 10 Jahre sind die entscheidenden für nachhaltigen Meeresschutz.“

Welttags der Ozeane am 8. Juni – „Erhalten, was uns erhält“

Das diesjährige Motto des Welttags der Ozeane am 8. Juni – „Erhalten, was uns erhält“ – unterstreicht die existentielle Bedeutung gesunder mariner Ökosysteme. Ohne sofortige Gegenmaßnahmen riskieren wir nicht nur die Artenvielfalt, sondern das kollektive Überleben unserer Spezies: Die Meere produzieren über die Hälfte unseres Sauerstoffs, regulieren das globale Klima und absorbieren Überschüsse an Wärme aus den Treibhausgasen. Doch die Wirklichkeit sieht alarmierend aus: Die Erderwärmung treibt marine Hitzewellen auf neue Rekordhöhen, jährlich gelangen Millionen Tonnen Plastikmüll in die Ozeane, und die Risiken für Wale und andere Meeressäuger durch Schiffsverkehr steigen unverändert.

Inmitten dieser beunruhigenden Trends startet OceanCare genau an diesem Tag die Kampagne „Because Our Planet Is Blue“, die über 113.500 Unterschriften gesammelt hat. Ziel ist es, den Druck auf die politische Ebene zu erhöhen und konkrete, tiefgreifende Maßnahmen durchzusetzen. Im Fokus stehen sechs Forderungen, die essenziell sind, um die dramatisch zunehmende Meereskrise einzudämmen:

•    Komplettes Verbot der Offshore-Öl- und Gasförderung sowie ein langfristiger Ausstieg aus fossilen Brennstoffen im marinen Umfeld  
•    Verpflichtende Geschwindigkeitsbegrenzungen für Schiffe zum Schutz sensibler Lebensräume und Meeressäuger  
•    Ein Ende zerstörerischer Fischereimethoden, insbesondere der Grundschleppnetzfischerei  
•    Konkrete, verbindliche Regeln gegen Plastikverschmutzung, die den gesamten Lebenszyklus der Kunststoffe inkludieren  
•    Ein globales Moratorium für Tiefseebergbau, um irreversible Eingriffe zu verhindern  
•    Sicherstellung effektiven Schutzes und der Wiederherstellung degradierten marinen Lebensraums

OceanCare wird die Verhandlungen intensiv begleiten, in direkten Kontakt mit Regierungsdelegationen treten und eine unabhängige Einschätzung liefern, ob die Konferenz die notwendigen Schritte einleitet. Es geht um nichts Geringeres als die Chance, die aktuelle Negativspirale umzukehren und tiefgreifenden Meeresschutz sowie eine nachhaltige Nutzung der Ressourcen zu verwirklichen.

Hintergrund

Die dritte UN-Ozeankonferenz (UNOC3) in Nizza findet vom 9. bis 13. Juni statt. Die Konferenz in Nizza ist die bislang wichtigste internationale Plattform, um den globalen Wohlstand und die Gesundheit der Meere in Einklang zu bringen. Mit dem Fokus auf die Umsetzung des Nachhaltigen Entwicklungsziels 14 („Leben unter Wasser“) sollen bisherige Fortschritte überprüft und neue Maßnahmen vereinbart werden. Die aktuellen Bewertungen zeigen jedoch, dass die globalen Anstrengungen bei der Zielerreichung weit hinter den Erwartungen zurückbleiben. Immer noch steigt der CO₂-Gehalt in den Ozeanen, marine Hitzewellen häufen sich, und die Verschmutzung durch Plastikmüll sowie schädliche Fischfangmethoden nehmen weltweit zu. Trotz zahlreicher Vereinbarungen, wie den Meeres-Nationalparken und Schutzmaßnahmen, bewegen sich viele Staaten kaum aus der Defensive, oftmals verbunden mit massiven Interessenkonflikten und wirtschaftlichen Interessen. Dies führt zu einer immer deutlicher werdenden Kluft zwischen den politischen Absichtserklärungen und der tatsächlichen Umsetzung.

Das Jahr 2025 ist eine entscheidende Zäsur: Nur wenn es gelingt, verbindliche, global abgestimmte Maßnahmen auf den Weg zu bringen, besteht die Chance, die drohende ökologische Katastrophe abzuwenden. Die Kampagne „Because Our Planet Is Blue“ stellt dabei klare Forderungen, die von der internationalen Gemeinschaft höchste Priorität erfordern, um unsere Meere zu schützen und ihre lebenswichtigen Funktionen dauerhaft zu sichern.