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Forscher warnen vor den Folgen des zunehmenden Säuregrads auf die Jäger im Meer
Haie sind im Meer äußerst erfolgreiche Räuber, deren exzellente Anpassung an ihre Umgebung maßgeblich auf ihre spezialisierten Zähne zurückzuführen ist. Diese sind perfekt zum Erlegen ihrer Beute geeignet. Doch eine aktuelle Studie warnt nun, dass die zunehmende Übersäuerung der Meere die Zähne der Haie angreifen und dadurch ihre Überlebenschancen langfristig gefährden könnte.
Ein Team um den Zoologen Sebastian Fraune von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hat in der Fachzeitschrift „Frontiers in Marine Science“ die Auswirkungen der Säureanreicherung auf die Haizähne untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass die säurebedingte Erosion ihrer Zähne erhebliche Folgen haben könnte.
Der Grund für die Übersäuerung liegt in den steigenden CO2-Emissionen, von denen etwa ein Viertel vom Meer aufgenommen wird. Im Wasser reagiert das CO2 mit Wasser zu Kohlensäure, wodurch der pH-Wert sinkt. Besonders betroffen sind die Zähne der Haie, die größtenteils aus Kalziumphosphat bestehen – einem Mineral, das durch Säureanangriffe schnell beschädigt wird.
Wie Essigreiniger bei Kalkflecken
„Das ist vergleichbar mit Kalkflecken im Badezimmer, die man mit Essigreiniger entfernt“, erklärt Studienmitautor Maximilian Baum. „Bei menschlichen Zähnen ist das genauso – je länger sie Säure ausgesetzt sind, desto mehr leidet der Zahnschmelz.“ Der entscheidende Unterschied ist jedoch, dass Haie permanent mit dem Meerwasser in Kontakt stehen, da ihre Maulhöhlen offen sind, um Sauerstoff über ihre Kiemen aufzunehmen. Dadurch sind ihre Zähne dauerhaft den aggressiven Bedingungen ausgesetzt.
Um die Auswirkungen zu untersuchen, sammelten die Forscher ausgefallene Zähne von Schwarzspitzen-Riffhaien, die in Gefangenschaft gehalten wurden. Nach einer gründlichen Reinigung wurden die Zähne in künstliches Meerwasser mit unterschiedlichen pH-Werten getaucht: Die eine Gruppe in stark saurem Wasser mit einem pH-Wert von 7,3, die andere in Wasser mit einem pH-Wert von 8,2 – dem aktuellen Durchschnitt der Meere. Nach acht Wochen wurden die Zähne auf Veränderungen hinsichtlich Umfang, Form und Zustand geprüft.
Schäden bei ausgefallenen Zähnen
Das Ergebnis zeigte klare Schäden bei den im sauren Wasser gehaltenen Zähnen: Sie wiesen stärkere Zersetzungen an Krone und Wurzel auf, mit Rissen und Löchern. Zudem veränderte sich das Zahnvolumen, was auf die aggressivere Säureeinwirkung zurückzuführen ist. Es ist jedoch möglich, dass die Messungen aufgrund der raueren Oberflächen der Zähne beeinflusst wurden.
Obwohl die Studie unter extremen Bedingungen stattfand – die Werte des pH-Werts entsprechen Prognosen für das Jahr 2300 – weisen die Ergebnisse auf mögliche reale Folgen für Haie hin. Zersetzte Zähne könnten die Fähigkeit der Haie beeinträchtigen, Beute zu zerlegen, was ihre Überlebenssicherung gefährdet. Zudem könnte die veränderte Zahnstruktur das Risiko von Bruchschäden erhöhen und den Kalziumhaushalt der Tiere stören, was wiederum ihren Energiebedarf erhöht.
„Ich würde nicht sagen, dass Haie durch diese Entwicklung aussterben, aber sie stehen bereits unter ziemlich großem Druck durch Überfischung, Umweltverschmutzung und Erwärmung der Meere“, fasst Baum zusammen. Die Übersäuerung ist ein weiterer Stressfaktor, der auf die Gesundheit der Haie wirkt.
Ob sich Haie an die veränderten Umweltbedingungen anpassen können, ist unklar. Die Studie macht jedoch deutlich, wie kleine Veränderungen im Ökosystem große Auswirkungen auf die Tierarten haben können – mit Folgen für die gesamte Nahrungskette und das maritime Ökosystem.
Originalpublikation in „Frontiers in Marine Science“:
www.frontiersin.org/.../fmars.2025.1597592/full
Prof. Dr. Sebastian Fraune: www.bmfz.hhu.de/.../prof-dr-ahmadian-reza