Sicherheit auf Tauchsafaribooten: Interview mit ADTO-Präsident

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10.02.2025 17:14
Kategorie: News

Gespräch mit Maik Solf zur aktuelle Sicherheitslage auf Tauchsafaribooten

Das Thema Sicherheit auf Tauchsafarischiffen ist ein für uns Taucher extrem wichtiges Thema. Doch seit dem letzten Jahr mit einer Häufung an Unglücksfällen ist die Sicherheitsfrage ein absolutes Top-1 Thema und bewegt die gesamte Taucher-Community.

Wir haben mit Maik Solf, Gründer und Mitinhaber von Aquaventure Tauchreisen gesprochen. Maik Solf ist zudem Präsident der ADTO, dem Verband der Tauchreiseveranstalter. Er hat unsere Fragen in dieser Rolle beantwortet. 

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Taucher.Net: Wie beurteilt die ADTO die aktuelle Sicherheitslage auf Tauchsafaribooten, insbesondere in stark frequentierten Regionen wie Ägypten und Indonesien?
Gibt es aus Ihrer Sicht spezielle Regionen, in denen besondere Vorsicht geboten ist?
 
Maik Solf, ADTO: Die aktuelle Sicherheitslage auf Tauchsafari-Schiffen ist regional aufgrund der unterschiedlichen Rechtslagen und Sicherheits-Standards der verschiedenen Reise-Destination sehr unterschiedlich zu beurteilen. In vielen der von den Reiseveranstaltern des ADTO angebotenen Reisedestinationen und bei vielen Partner-Flotten gelten hohe und höchste Sicherheitsstandards, die regelmäßig durch den ADTO und seine Veranstalter überprüft werden.

In der jüngsten Vergangenheit ist festzustellen, dass vermehrt Meldungen über Schiffsunglücke die Runde machen. Dieses könnte eine Häufung von Zwischenfällen dieser Art darstellen und/oder durch einen höheren Focus der Öffentlichkeit und der Presse sowie der sozialen Medien bedingt sein. Darüber kann an dieser Stelle nur spekuliert werden.

Ob generell gesagt werden kann, dass sich die Sicherheitslage verändert hätte (in welche Richtung auch immer) kann unserer Meinung nach ohne weitere Untersuchungen nicht beantwortet werden.

In den beiden angesprochenen Regionen Indonesien und Ägypten fahren zahlenmäßig mit Abstand die meisten Tauchsafari-Schiffe weltweit. Von daher ist zu erwarten, dass in diesen Fahrgebieten auch zahlenmäßig mehr Zwischenfälle zu verzeichnen sind als anderswo. Selbstverständlich ist jedes Unglück eines zu viel und die Verbesserung der Sicherheit hat daher immer höchste Priorität.

Aus unseren Beobachtungen ist feststellbar, dass relativ viele der verunglückten Boote insbesondere in Ägypten sehr neu auf dem Markt waren oder erst kurze Zeit vor dem Unglück baulich verändert wurden. Hier sehen wir deutliche Mängel in den Zulassungsverfahren der örtlichen Behörden, bei denen Genehmigungen ganz offensichtlich nicht in erster Linie mit schiffbaulichem Sachverstand beurteilt werden…
Aus diesem Grund haben der ADTO und die ihm angeschlossenen Reiseveranstalter bereits seit Jahren eigenständige Checklisten für Schiffe (siehe auch Antworten zu Frage 2), um den Verantwortlichkeiten eines Reiseveranstalters nach europäischem Reiserecht gerecht werden zu können.

Wir arbeiten in der Regel mit langjährigen Partnern zusammen und achten dabei verstärkt auf deren Sicherheitsmaßnahmen und Überprüfungen.
Von daher sehen wir die Sicherheitslage auf den von ADTO-Veranstaltern angebotenen Safaribooten wie bereits seit vielen Jahren als nach wie vor sicher an, sind uns aber darüber bewusst, dass schöne Bilder von Schiffen, die im Internet gezeigt werden und zu Verkäufen animieren, nicht immer dem tatsächlichen Stand entsprechen und natürlich nichts über die wirkliche Sicherheitslage aussagen können.
 
Taucher.Net: Welche Kriterien und Sicherheitsstandards legen die ADTO-Mitglieder bei der Auswahl und Prüfung der Tauchsafarischiffe an, die sie ihren Kunden anbieten?
Wie stellen Reiseveranstalter sicher, dass die Schiffe den Erwartungen der Kunden und den geltenden Sicherheitsanforderungen entsprechen?
 
Maik Solf, ADTO: Aufgrund des europäischen Reiserechts ist ein Reiseveranstalter verpflichtet, die Leistungsträger im Zielgebiet sorgfältig auszuwählen und zu überprüfen. Diesen Verpflichtungen kommen die ADTO-Reiseveranstalter wie folgt nach:

Die dem ADTO angeschlossenen Reiseveranstalter nutzen erstens wie unter Frage 1 bereits erwähnt seit Jahren Sicherheits-Checklisten. Diese decken alle erdenklichen Aspekte angefangen von Schiffsausstattungen über Sicherheitseinrichtungen und Schulungsstand der Bootscrew bis hin zum Tauchbetrieb und den Genehmigungen ab. Diese Checklisten werden von dafür geschulten Mitarbeitern des ADTO regelmäßig bei den Vertrags-Schiffen angewendet und aktualisiert. In den Gesprächen mit unseren Partnern regen wir Neuerungen an und gehen verstärkt auf das Thema mögliche Verbesserungen der Sicherheit ein.

Zweitens betreibt der ADTO mit dem Portal Scuba-Advisor ein ausschließlich auf nachweislich bei den ADTO angeschlossenen Reiseveranstaltern gebuchten und stattgefundenen Reisen basierendes Bewertungsportal, in dem Kunden über ihre Erfahrungen von Tauchreisen weltweit berichten und diese bewerten. Die Bewertungen sind öffentlich zugänglich und werden von den Reiseveranstaltern regelmäßig ausgewertet. Im direkten Kontakt mit den Leistungsträgern vor Ort können so Schwachstellen erkannt und schnell behoben werden. Denn nur zufriedene Kunden empfehlen die Leistungen auch weiter.

Letztlich sind mehrere ADTO-Reiseveranstalter direkt oder indirekt an Tauchsafari-Booten in verschiedenen beteiligt. Daher können wir auf eine hohe Kompetenz in diesen Fragen zurückgreifen. Diese fließt sowohl in unsere Checklisten als auch in die Maßnahmen nach erhaltenen Bewertungen über den Scuba-Advisor mit ein. Dieser ist zu finden unter: scuba-advisor.com
 
Taucher.Net: Welche gesetzlichen Vorgaben und branchenspezifischen Richtlinien gibt es in Bezug auf die Sicherheit und Wartung von Tauchsafaribooten?
Inwiefern berücksichtigen die Veranstalter diese Vorgaben bei der Zusammenarbeit mit lokalen Betreibern?
 
Maik Solf, ADTO: Die gesetzlichen Vorgaben liegen naturgemäß in der Verantwortlichkeit des jeweiligen Landes. Berücksichtigt man den unterschiedlichen Entwicklungsstand vieler Urlaubs-Länder sowie deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, wird nachvollziehbar, warum diese Standards weltweit nicht einheitlich und auch nicht mit deutschen Sicherheitsstandards bezüglich Sicherheit und Wartung vergleichbar sind. Hier sehen wir deutliches Verbesserungspotential.

Wünschenswert wären einheitliche Standards und darauf arbeiten wir über die bereits beschriebenen Checklisten ja durchaus im Rahmen unserer Möglichkeiten hin.
Die Frage, inwiefern wir Veranstalter die Vorgaben bei der Zusammenarbeit berücksichtigen, wurde unter Nr. 2 bereits beantwortet.

Hier ein Beispiel einer Liste eines Versicherers für ein Schiff in Indonesien: 

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Taucher.Net: Wie unterscheidet sich die Buchung einer Tauchsafari über einen Reiseveranstalter von der Buchung über einen reinen Vermittler?
Welche zusätzlichen Rechte oder Vorteile hat der Kunde bei einem Reiseveranstalter?
 
Maik Solf, ADTO: Die Buchung einer Tauchsafari über einen Reiseveranstalter anstatt direkt mit dem Schiff oder über eine Vermittlungs-Plattform bietet eine Reihe von Vorteilen.

Bei gleichem Preis ist zuerst einmal das Geld für jede über einen Reiseveranstalter gebuchte Reise abgesichert - geht der Leistungsträger (Fluggesellschaft, Hotel, Schiff) insolvent, dann hat der Kunde Anspruch auf Rückzahlung - Geld aus dem Ausland in dem Fall zu bekommen wird für den Kunden, der direkt bucht schwer. Hierbei sollte sich der Kunde unbedingt den Reisesicherungsschein aushändigen lassen!

Kann eine Tauchsafari dennoch nicht stattfinden - es muss hier nicht einmal ein Unfall stattgefunden haben, sondern auch ein Motorschaden und damit verbundenen
Absage einer Tour - sorgt der Reiseveranstalter für adäquaten Ersatz. Falls das nicht möglich ist, bekommt der Kunde sein komplettes Geld (inkl. der Kosten für den Flug) zurückerstattet.

Der Reiseveranstalter trägt auch dafür Sorge, dass die Kunden ohne zusätzliche Kosten wieder nach Hause reisen können.

Der Kunde hat rund um die Uhr einen deutschsprachigen Ansprechpartner und natürlich gilt das europäische Reiserecht.

Der Kunde muss nicht mit den Betreibern im jeweiligen Land auseinandersetzen.
 
Taucher.Net: Welche Verantwortung trägt der Reiseveranstalter im Schadensfall, und welche Leistungen werden den Kunden in solchen Fällen ersetzt?
Sind finanzielle Entschädigungen oder Rückführungen im Falle von Unfällen oder Schiffsuntergängen standardmäßig abgedeckt?
 
Maik Solf, ADTO: Neben bereits bei Frage 4 beantworten Vorteilen für den Kunden, werden bei einem Unfall oder Schiffsuntergang die Kosten für das verlorene Gepäck ersetzt. Personenschäden werden durch die Reiseveranstalter-Haftflicht abgedeckt.
 
Taucher.Net: Danke Maik für deine Zeit und die ausführlichen Antworten zum Thema Tauchsafaris.