Kategorie: Biologie
Nächtliche Schönheiten
Bericht von Harald Mathä
Unter einer Seefeder wird sich wohl jeder etwas anderes vorstellen: eine grazil an der Wasseroberfläche treibende Feder beispielsweise. Ein anderer denkt vielleicht an ein leichtes Mädchen in einer Hafenbar. Alles fast richtig! Seefedern leben am Meeresgrund, sehen fast aus wie eine Feder und sind durchaus nachtaktiv ;-)
Während des Tages sind Seefedern unansehnlich. Schlaff wie eine Wursthaut liegen sie wurmähnlich am Meeresgrund. Kaum versinkt die Sonne hinter den Horizont, beginnen die Blumentiere sich mit Wasser vollzupumpen. Nach und nach nimmt die scheinbar leere Hülle Gestalt an und richtet sich auf. Derart erigiert zeigen sie ihre ganze Schönheit. Wie Duftbäumchen stehen sie nun in der Strömung. Der Vergleich hinkt und wird gelernten Biologen das Runzeln auf die Stirn treiben, mir fällt aber partout nichts Gescheiteres ein! Korrekt wäre natürlich bilateral symmetrisch wie eine Feder, aber darunter kann sich nicht jeder etwas vorstellen!
Ihr Hydroskelett besteht aus einer Hornsubstanz, dem Pennatulin (Gorgonin), das durch Kalknadeln verstärkt wird. Mit ihrem Fuß haben sie sich die zähen und kräftigen Lebewesen wie ein Baum im bevorzugt sandigen oder schlickigen Boden festgewurzelt. Sie sind aber nicht wie Korallen mit ihrem Substrat verwachsen.
Seefedern gehören zu den achtstrahligen Blumentieren (alles Woodstock oder was?), lateinisch Octocorallia. Das bedeutet: Jeder kleine Polyp hat acht Tentakel. Nicht mehr und nicht weniger. Das unterscheidet die Achtarmer eindeutig von der sechsarmigen Blumentieren, den Hexacorallia. Zu den prominenten Achtarmern zählt eigentlich alles, was so ähnlich aussieht wie eine Koralle. Die Sechsarmer hingegen sehen meist wie Seeanemonen aus.
Informationen zu Seefedern:
- Arten: etwa 400
- Englisch: sea pen (hä?!)
- Lateinisch: Pennatulacea
- Größe: meist bis 40 cm, max. 2 m!
- Aussehen: meist wie eine in den Grund gesteckte Feder
- Lebensraum: Flachwasser bis in die Tiefsee
- Nahrung: Herumtreibendes
- Verbreitung: in allen Meeren
- Verwechslungsmöglichkeit: eventuell mit Weichkorallen und Federsternen
Seefedern ernähren sich von Plankton und anderem Herumtreibenden, das sie mit ihren Tentakeln aus der Strömung fischen. Sie besitzen ein einfaches Nervensystem, mit dem sie auf Umgebungsreize reagieren. Manche Arten besitzen auch Bioluminiszenz wie die Pennatula phosporea, die im Mittelmeer ebenfalls vorkommt. Dieses biologische Leuchten dient wahrscheinlich dazu, Beute anzulocken oder um Fressfeinde zu verwirren. Ganz sicher sind sich die Wissenschaftler da noch nicht!
Seefedern sind getrenntgeschlechtlich. Ihre Fortpflanzung ist gleichzeitig unspektakulär und spektakulär. Um die Fortpflanzung erfolgreich durchführen zu können, bedarf es einer guten Koordination der festsitzenden Tiere. Da kann nicht jeder wie er will in die Strömung ejakulieren oder sie nach Belieben "ovo-kulieren". Zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt - und nur dann- geben alle Tiere gleichzeitig ihre Spermien und Eier ab. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Ei und eine Spermie im Wasser treffen und so eine erfolgreiche Befruchtung stattfinden kann.
Der letzte Absatz hat nur für Meereslebewesen Gültigkeit! An Land läuft das anders! Also bitte nicht zu Hause in der Badewanne oder im Schwimmbecken nachmachen! Letzteres gibt ganz bestimmt Zoff mit dem Bademeister und Hausverbot!
Zusammenfassung
Um Seefedern zu entdecken muss man in der Nacht tauchen gehen. Das macht speziell im Mittelmeer wirklich Sinn. Neben Conger & Co kann man dann die faszinierenden Seefedern entdecken, die wie, ähm, tja, wie eine Feder im Grund stecken. Manche Arten besitzen Bioluminiszenz in Form von grellen Blitzen oder rhythmischen Pulsen, die entlang der Kolonie entlang - Faszination ist also garantiert, so man nicht mit dem 100 Watt Fischgriller Nachttauchen ist!