Riesige Einzeller sind die heimlichen Stars des Ozeans

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28.04.2016 20:46
Kategorie: News

Neue Erkenntnisse zur Zusammensetzung des Zooplanktons

Einzellige Planktontierchen spielen im Ökosystem Ozean eine größere Rolle als bisher angenommen. Das zeigt eine Studie, die Meeresforscher aus Frankreich und vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel in der internationalen Fachzeitschrift Nature veröffentlichten. Die Entdeckung hat Einfluss auf das Verständnis des marinen Nahrungsnetzes und wichtiger Stoffkreisläufe im Ozean.

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Von mikroskopisch kleinen Bakterien bis zur meterlangen Qualle – der Begriff Plankton, um 1880 vom Kieler Meeresbiologen Victor Hensen für frei im Wasser treibende Organismen geprägt, umfasst eine riesige Gruppe verschiedener Lebensformen. Trotz der geringen Größe vieler Planktonarten spielen sie aufgrund ihrer Häufigkeit zentrale Rollen für das Nahrungsnetz und die Stoffkreisläufe im Ozean. So produzieren photosynthetisch aktive Arten beispielsweise Sauerstoff und binden Kohlenstoff aus der Atmosphäre, größere räuberische Arten bilden die Nahrungsgrundlage für Fische, Seevögel und Wale. Gleichzeitig stellen die geringe Größe und die große Empfindlichkeit vieler Organismen die Wissenschaft auch vor technische Herausforderungen bei der Erforschung des Planktons. 

Laut der aktuellen Studie haben einzellige Planktontierchen aus der Gruppe der Rhizaria einen viel größeren Anteil am tierischen Plankton als bisher angenommen. „Bisher wurde tierisches Plankton vor allem mit kleinen Ruderfußkrebsen gleichgesetzt. Dieses Bild muss nun revidiert werden“, so Dr. Rainer Kiko vom GEOMAR, einer der Ko-Autoren der Studie.

Die Studie beruht auf Daten, die während 20 Expeditionen in den vergangenen acht Jahren im Mittelmeer, im Atlantischen, Pazifischen und Indischen Ozean erhoben wurden. Dabei kamen neu entwickelte sogenannte „Underwater Vision Profiler“ (UVP) zum Einsatz. Die Geräte bestehen aus einer Lichtquelle, die ein genau definiertes Wasservolumen ausleuchtet, und einer integrierten Kamera, die pro Sekunde mehrere Bilder des ausgeleuchteten Wasservolumens aufnimmt. Lässt man das Gerät vom Schiff aus in die Tiefe, kann man somit Planktonorganismen ablichten, diese anschließend bestimmen und ihre Häufigkeit ermitteln.

Auf diese Weise lassen sich Organismen erfassen, die einen halben Millimeter und größer sind, ohne sie aus ihrem Lebensraum entfernen zu müssen oder sonst wie störend in den Lebensraum einzugreifen. Das ist ein bedeutender Vorteil gegenüber bisherigen Methoden. „Plankton wird bisher mit besonders feinmaschigen Netzen gefangen, an Bord geholt, fixiert und dann im Labor ausgezählt. Dabei gehen aber viele der einzelligen Rhizarier verloren, da sie im Laufe der Probenahme zerstört werden“, so Dr. Helena Hauss vom GEOMAR, ebenfalls Ko-Autorin der Nature-Studie.

Wie die UVP-Zählungen ergaben, ist der Anteil der einzelligen Rhizaria in allen Ozeanen weit größer als auf Grundlage älterer Netzfänge vermutet – im Durchschnitt machen sie ein Drittel des tierischen Planktons aus. Vor allem in den nährstoffarmen tropischen Ozeanen sind sie stark vertreten. „In Biogeochemischen Modellen zu Nahrungsnetzen oder zum Einfluss des Planktons auf den Kohlenstoffkreislauf und damit das Klima kamen diese Rhizaria bisher kaum vor – das muss sich jetzt ändern. In den offenen tropischen Ozeanen könnten sie eine ähnlich wichtige Funktion wie die Korallen der Küstenregionen einnehmen, da sich auch viele Rhizarier als Räuber von anderen Planktontieren ernähren und mit Hilfe photosynthese-betreibender Symbionten Energie gewinnen“, betont Dr. Kiko.

Infos: www.geomar.de

Link zur Studie: www.nature.com/.../nature17652.html