Nanoplastik im Nordatlantik: Die unsichtbare Gefahr für Meere und Menschen

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09.07.2025 21:07
Kategorie: News

Neue Studien zeigen, wie winzige Plastikteilchen den Ozean durchdringen

Die Meere sind die größte Lebensquelle unseres Planeten, doch sie sind massiv durch menschliche Abfälle belastet. Während Mikroplastik – Partikel ab 1 Mikrometer – bereits gut erforscht ist, sorgte die oft unsichtbare Verschmutzung durch Nanoplastik (Partikel kleiner als ein Mikrometer) bisher für viel Unsicherheit.

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Jetzt zeigen zwei unabhängige Studien, dass diese winzigen Kunststoffteilchen nicht nur weit verbreitet sind, sondern im Vergleich zu bisher bekannten Mengen an Mikro- und Makroplastik sogar den größten Anteil an der Plastikverschmutzung der Meere ausmachen. Das Ergebnis: Nanoplastik im Nordatlantik ist in Masse und Verbreitung ein alarmierendes Zeichen, das die Dringlichkeit globaler Maßnahmen gegen Plastikverschmutzung unterstreicht.

Unsichtbare Gefahr aus der Tiefe

Mit bloßem Auge kaum sichtbar, doch in der Natur allgegenwärtig – Nanoplastik ist ein Produkt des Zerfalls von größeren Plastikteilen durch Sonnenlicht, Wind und mechanische Einwirkung. Bisher wurde vermutet, dass diese kleinsten Partikel nur in geringer Menge vorhanden, schwer nachweisbar und daher kaum bedeutend seien. Doch aktuelle Forschungen widerlegen das: Mit hochsensiblen Messmethoden konnten Wissenschaftler in mehreren Schichten des Nordatlantiks Nanoplastik nachweisen – von der Oberfläche bis in große Tiefen. Ihre Ergebnisse, veröffentlicht in der Fachzeitschrift *Nature*, zeigen, dass allein in der Oberflächenschicht des Nordatlantiks rund 27 Millionen Tonnen Nanoplastik schwimmen.

Neue Erkenntnisse durch innovative Technik

Die Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Leipzig, der Universität Utrecht und des niederländischen Meeresforschungsinstituts NIOZ basiert auf Probennahmen an zwölf Standorten, von der europäischen Küste bis zum subtropischen Wirbel. Mit einem aufwendig entwickelten Massenspektrometer, das organische Gase sehr genau analysieren kann, identifizierten die Forscher typische Polymerarten wie PET (z. B. in Flaschen), Polystyrol (z. B. in Einwegbechern) und PVC (z. B. in Erdölprodukten). Überraschend war, dass sie kein Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP) nachweisen konnten, die in klassischen Müllteilen häufig vorkommen. Dies könnte darauf hindeuten, dass diese Materialien schneller mineralisieren oder zu kleinen Partikeln zerfallen, die vom Messgerät nicht erkannt werden.

Verbreitung und Bedeutung von Nanoplastik

Die Studie zeigt, dass Nanoplastik tief im Wasser vorhanden ist – sogar in mehr als 4.500 Metern Tiefe, was auf eine lange Reise durch Strömungen und Sedimentationsprozesse hindeutet. Besonders in den sogenannten Wirbeln des Nordatlantiks, bekannten Anreicherungszonen für Plastik, fanden die Forscher eine erhöhte Belastung. Diese Ergebnisse legen nahe, dass Nanoplastik nicht nur eine lokale, sondern eine globale Gefahr darstellt. Die Masse dieser Partikel im Nordatlantik wurde auf rund 27 Millionen Tonnen geschätzt und entspricht in ihrer Größenordnung der bekannten Mengen an Mikro- und Makroplastik in diesem Weltmeer.

Noch vor ein paar Jahren war umstritten, ob es überhaupt Nanoplastik gibt. Diese Ergebnisse zeigen nun, dass zumindest in dem untersuchten Ozeansystem die Masse von Nanoplastik mit derjenigen von Makro- und Mikroplastik vergleichbar ist

Warum Nanoplastik eine größere Rolle spielt, als bisher angenommen

Während herkömmliche Untersuchungen meist den Fokus auf größere Plastikreste legen, gelten Nanopartikel als besonders gefährlich. Sie sind so klein, dass sie in Gewebe und Zellen eindringen, sich dort anreichern und potenziell toxisch auf Organismen wirken. Zudem sind sie schwer zu erfassen, was die Einschätzung ihrer tatsächlichen Verbreitung erschwert. Bisherige Annahmen vermuteten, dass die Menge an Nanoplastik im Ozean gering ist – die neuen Ergebnisse legen jedoch nahe, dass der Anteil an unsichtbarer Verschmutzung deutlich höher ist als vermutet. Die Folgen für Umwelt und Gesundheit könnten erheblich sein.

Herausforderungen bei der Forschung und Handlungsmöglichkeiten

Die Wissenschaftler sind sich einig, dass noch viel unklar ist. Das Fehlen standardisierter Nachweismethoden sowie chemische Veränderungen der Kunststoffpartikel im Meer lassen Unsicherheiten bei den genauen Zahlen. Dennoch betonen alle Forscher die Bedeutung der Erkenntnisse: Nanoplastik macht einen bedeutenden Teil unserer Meeresverschmutzung aus – und gegebenenfalls den größten. Damit steigt auch der Handlungsdruck: Die Produktion von Plastik muss weltweit dramatisch reduziert werden. Der Versuch, Plastik aus der Umwelt zurückzuholen ist sehr wichtig, leider reicht dies aber nicht für eine umfassende Lösung.

Nature Artikel:
https://www.nature.com/articles/s41586-025-09218-1