Louis Boutan, Pionier der UW-Fotografie. Magnesiumblitz und Bogenlampe

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24.10.2014 08:35
Kategorie: Diverses

Louis Boutan, Pionier der UW-Fotografie

Tausende Taucher springen jeden Tag in der ganzen Welt ins Wasser, ausgerüstet nicht nur mit modernen Tauchausrüstungen, sondern auch oftmals mit Digicams in massenfabrizierten druckfesten Gehäusen. Doch wer war eigentlich der "Vater" der UW-Fotografie?

Bericht von Andreas Nowotny

Während eines der Hauptärgernisse der günstigen Digitalkameras die häufig nicht unerhebliche Auslöseverzögerung ist, war dies bei Louis Boutan - dem ersten Unterwasserfotografen - überhaupt kein Thema, im Gegenteil: Viel problematischer waren die Unterwasserbelichtungszeiten von über dreißig Minuten, die Tatsache, dass es keine fertigen Unterwasserkameras gab, sich die Fotografie insgesamt noch in den Kinderschuhen befand und das Tauchen im modernen Sinn noch nicht erfunden war.

Louis Boutan wurde am sechsten März 1859 in Versailles als Sohn eines Physiklehrers geboren und zunächst gab es in seinem Lebensweg keine Anzeichen, dass aus ihm einmal ein bedeutender Pionier der Unterwasserwelt werden sollte. Zwar war er von Kindheit an abenteuerlustig, aber er fühlte sich deutlich stärker von den französischen Bergen angezogen als von der Küste, auch wenn sein Versuch einer Gletscherbesteigung in den Pyrenäen schmählich scheiterte.

Aus einem naturwissenschaftlichen Elternhaus kommend, entschied er sich an der Universität von Paris für das Studium der Biologie. Ein Feld, in dem er weit reichenden Erfolg hatte. Kurz nach Antritt seiner ersten Stelle als Demonstrator, der niedrigsten akademischen Stelle der Universität von Paris, wurde er 1888 als Delegationsmitglied des französischen Informationsministeriums zur Weltausstellung von Melbourne nach Australien geschickt. Während seines langen Australien Aufenthaltes bemerkte er, dass die australischen Weingüter von einer Wurzellaus bedroht wurden. Er half der Staatsregierung nicht nur bei der Bekämpfung des Schädlings, sondern legte mit Vorträgen zu Veredelungsmethoden auch den Grundstock für den Erfolg der heutigen australischen Weinindustrie.

Die ersten Tauchgänge


Auf dem Rückweg von Australien tauchte er in der Straße von Torres, dem Gebiet der Meerenge zwischen dem nordostaustralischen Cape York und der Südküste von Neuguinea, mit einheimischen Perlentauchern. Dies war nicht nur der Moment, in dem er zum ersten Mal der Faszination der Unterwasserwelt erlag. Ihm kam auch die Idee, dass es möglich sein müsste, Perlen künstlich zu züchten. Eine Idee, die er zurück in Paris, ausarbeitete und die langfristig den Perlenhandel revolutionierte.

Das erste Mal, dass Louis Boutan länger als für einen kurzen Apnoe-Tauchgang in die Unterwasserwelt eindrang war 1890, ausgerüstet mit einer für die damalige Zeit typischen Helmtauchausrüstung. Schnell entstand der Wunsch, ein Bild von dem, was er sah, mit nach oben zu bringen, aber es erschien ihm nicht möglich auch nur eine Skizze anzufertigen, die wahrheitsgetreu die Unterwasserumgebung wiedergeben könnte.

Der für ihn logische Schritt war daher die Entwicklung der "Photographie sous marine", der Unterwasserfotografie. Boutan war nicht bekannt, dass es tatsächlich schon eine erste Unterwasseraufnahme gab, die 1856 von dem Engländer William Thompson mit einer gefluteten Kamera angefertigt wurde. Zugegebenermaßen, Betrachter waren sich nicht einig, wo bei dem Bild oben war, aber es handelt sich hierbei definitiv um das erste Unterwasserfoto der Welt.

Sechsunddreißig Jahre nach Thompsons Pionierfoto entwickelte Boutan ein Gehäuse für eine Glasplattenkamera. Dieses Gehäuse hatte an der Außenseite sogar eine luftgefüllte Gummiblase, die bei steigendem Druck Luft in das Gehäuse pumpte und so für einen rudimentären Druckausgleich sorgte.

Seine ersten Versuche mit der Kamera beschreibt er so: "Wenn Du mit Deinem Tauchanzug absteigst, stellt der Silt ein schweres Hindernis dar, um gute unterseeische Photos zu erhalten. Der Kontrast ist nicht ausreichend, um scharfes Schwarzweiß zu erhalten und die daraus resultierenden Photos sind notwendigerweise dumpf."


"Kamera Louis Boutan"

Am 11.Oktober 2014 wurden die Gewinner des traditionellsten Unterwasser-Foto/Video Wettbewerbs - der "33. Kamera Louis Boutan" und auch der Deutschen Meisterschaft in Görlitz gekürt. Im Bereich Fotografie konnte der Wormser Konstantin Killer den Bewerb für sich entscheiden. Die Videografie von "Kamera Louis Boutan" gewann das Team Katja Kieslich und Frank Pastors, die zum gleichen Zeitpunkt auch die Weltmeisterschaft in der Kategorie Unterwasservideographie für sich entscheiden konnten:

Sieger Kamera Louis Boutan gekürt
Videografie Weltmeister und Sieger Kamera Louis Boutan


Der erste Unterwasserblitz

Louis Boutan ließ sich nicht entmutigen und fand bald eine Methode um seine Bilder zu perfektionieren. Boutans Hauptproblem aber blieb eine lange Zeit die erhebliche Belichtungsdauer der Glasplatten von oft über einer halben Stunde. Durch die ständige Bewegung der Unterwasserflora waren die Bilder prinzipiell unscharf, aber er ließ nicht locker. Er war auch fest davon überzeugt, dass die Qualität der Bilder steigen würde, sobald Kamera und Bildmaterial entsprechend verbessert würden.

Tatsächlich konnte er nach einigen Jahren eine "Kompaktkamera" benutzen, die nicht nur deutlich kleiner war als die bisher verwendeten riesigen Kameras und zusätzlich einen verbesserten Schärfebereich hatte, sondern auch mehrere Bilder pro Tauchgang sowie "Schnappschüsse" von nur noch 10 Sekunden Belichtungsdauer zuließ.

Louis Boutan experimentierte bei tieferen Tauchgängen auch als erster mit künstlichem Licht bei der Unterwasserfotografie. Der Prototyp war eine Art Magnesiumblitz, eine sauerstoffgefüllte Glasglocke durch die sich eine Magnesiumwendel zog. Durch Anlegen von elektrischer Spannung erzeugte er ein helles Leuchten, aber die Konstruktion war nicht ungefährlich und die Glasglocke wurde durch das Magnesium schnell beschlagen. Das Problem mit der Unterwasserbeleuchtung wurde für ihn erst 1889 zufrieden stellend gelöst, als er beauftragt wurde, für die Pariser Weltausstellung Unterwasserfotografien anzufertigen. Sein Auftraggeber ließ zwei elektrische Bogenlampen herstellen, mit deren Hilfe es Boutan gelang, Bilder in einer Tiefe von über 50 Meter mit einer ferngesteuerten Kamera aufzunehmen.



Bilder des diesjährigen Gewinners der "Kamera Louis Boutan" - Konstantin Killer.


In allen Bereichen seines Lebens bestrebt, sein Wissen weiterzugeben, veröffentlichte er 1900 auch das weltweit erste Lehrbuch zur Unterwasserfotografie. Er hoffte mit diesem Buch auch andere dazu zu bringen, sich diesem Thema zu widmen. Keiner wäre wahrscheinlich erstaunter als Boutan, wenn er damals einen Blick 100 Jahre in die Zukunft hätte werfen können. Was für ihn noch mit einem ungeheuren logistischen Aufwand verbunden war, ist heutzutage auf ein paar Handgriffe reduziert. Die Mühe und Geduld, die damals nötig waren, um aus heutiger Sicht äußerst mangelhafte Bilder hervorzubringen, ist kaum noch nachzuvollziehen. Aber ohne Pioniere wie Louis Boutan wäre die Fotodatenbank von Taucher.Net wohl nicht existent.

Video zum Thema:

Das Video zeigt den prämierten Weltmeisterfilm von Katja Kieslich und Frank Pastors. Die frischgekürten Weltmeister konnten auch die Videokategorie der "Kamera Louis Boutan - 2014", Bereich Einsendewettbewerb, für sich entscheiden.