Im besten Alter. Tauchen nicht nur für jüngere Semester

Teile:
15.01.2015 18:05
Kategorie: Diverses


Schon im Jahr 2020 werden 30 Prozent der Bevölkerung 60 Jahre oder älter sein – ein Wandel, mit dem sich der Tauchsport genau wie jede andere Sportart auseinandersetzen muss. Sein Vorteil dabei: Kaum eine andere Sportart ist so unabhängig vom Alter ihrer Protagonisten. Was mittlerweile auch die Werbestrategen erkannt haben.

Bericht von Linus Geschke

Rosie ist eine Dame, die die Männer ohne Frage verrückt machen kann. Ein Körper voller Rundungen, die Bewegungen anmutig, der Hals lang und schlank. Und wenn sie sich in Pose wirft, sich hinlegt und mit der Kamera flirtet, dann kann man schon mal übersehen, dass dieser Hals ein paar Falten hat – schließlich ist sie ja nicht mehr die Jüngste.

"Ihr wahres Alter hat sie mir leider noch nicht verraten", lacht Georg Miesbach. "Aber seit ich zum ersten Mal nach Bali kam, ist sie da – und das ist mittlerweile schon mehr als zwanzig Jahre her." Die schöne Schildkrötendame und der Taucher aus Mittelfranken haben einiges gemeinsam: Sie beide gehören der Altersgruppe an, die Werbestrategen gerne als "best ager" bezeichnen und fühlen sich unter Wasser dennoch pudelwohl.

Ein Umstand, der sie mit immer mehr Menschen verbindet. So, wie sich der demographische Wandel entwickelt, entwickeln sich auch die Gästegruppen an den Tauchbasen weltweit – ihr Durchschnittsalter steigt kontinuierlich an.

"Wenn es einen alterslosen Sport gibt, dann sicherlich Tauchen", ist sich Georg Miesbach sicher. "Hier liegt die Kraft nicht in der Geschwindigkeit, sondern in der Ruhe. Dazu kommt das Gefühl des Schwebens, die Leichtigkeit des Seins. Ich habe die Tauchgänge in meiner Jugend genossen und genieße sie jetzt immer noch – auch, wenn sich manche Interessen verlagert haben."

Früher war es vor allem die Jagd nach dem Großfisch, der Kampf gegen die Strömung, was ihn begeistert hat. Heute sind es eher die kleinen Dinge. Die Suche nach dem Pygmäenseepferdchen beispielsweise, das dem ungeübten Auge meist verborgen bleibt. Der Anblick einer Anemone, in der sich drei unterschiedliche Arten von Anemonenfischen versammelt haben. Oder ein Geisterfetzenfisch, der für Miesbach die Verkörperung von Schönheit darstellt.

In jungen Jahren, so sagt er, sei er eher "am Riff entlang gejoggt"; immer auf der Suche nach spektakulären Begegnungen. Heute wandert er. Und sieht dabei deutlich mehr. Auch, dass sich Tauchbasen, Ausbildungsorganisationen und Equipmenthersteller deutlich besser auf die neue alte Klientel eingestellt hätten.

Ein Trend, der sicherlich auf der Düsseldorfer "boot" vom 17. bis zum 25.01.2015 zu beobachten sein wird: Bei vielen der dort ausgestellten Tauchcomputern wird die Ablesbarkeit unter Wasser immer wichtiger; die Ziffern der Anzeige beständig größer. Auch die Anzahl der rückenschonenden Jackets und gelenkschonenden Flossen nimmt zu. Und wer sich die Werbeanzeigen in den Tauchmagazinen anschaut, wird feststellen: Der Mann in den mittleren Jahren mit Haaren, die das erste Grau zeigen, hat den strahlenden Mittzwanziger häufig schon abgelöst.

Um dieser Kundschaft – die meist auch über größere finanzielle Mittel verfügt – gerecht zu werden, setzen viele Tauchbasen verstärkt auf Service. Man muss sein Equipment nicht mehr selbst zum Einstieg schleppen; es wird einem getragen, auf Wunsch auch montiert und nach dem Tauchgang gewaschen. Und wer eine Zeitlang mit dem Tauchen aufgehört hat, dem wird der Wiedereinstieg durch spezielle „Refreshment-Kurse“ erleichtert.

Neu- und Wiedereinsteiger


"Dabei sind die bei vielen gar nicht nötig und oftmals nur Geldmacherei", sagt Markus Kropp, Tauchlehrer in Ägypten. "Ein Tauchgang in Begleitung eines erfahrenen Guides oder Tauchlehrers, schon sitzen die Handgriffe bei den meisten wieder. Irgendwie ist es mit dem Tauchen ja wie mit dem Fahrradfahren: Nach längerer Pause ist die erste Tour vielleicht etwas wackelig; aber ganz verlernen tut man es nie."

Und zu den Wiedereinsteigern kommen immer mehr Neueinsteiger, die ihre Jugendjahre bereits hinter sich gelassen haben. "Hier sind in vielen Bereichen andere Dinge gefragt als bei jungen Menschen", weiß Dieter Merz, Leiter einer Werner Lau-Tauchbasis auf Bali. "Sachen wie Flexibilität, Geduld und persönliche Betreuung beispielsweise – aber auch ein einfacher Einstieg über einen Sandstrand, den wir hier zum Glück direkt vor der Haustür haben."

Medizinisch gibt es sowieso nur wenig, was gegen das Tauchen im Alter spricht. Selbst Achtzigjährige können dieses Hobby ausüben, sofern sie sich allgemein guter Gesundheit erfreuen. Lediglich die Tauchtauglichkeitsuntersuchung – bis zum 40. Lebensjahr nur alle zwei Jahre fällig – muss dann jährlich absolviert werden. Schwerpunkte hierbei: das Herz-/Kreislaufsystem und die Lungenfunktionstüchtigkeit.

Auch für Georg Miesbach ist dies selbstverständlich; schon im eigenen Interesse. Er hat 1977 seinen Tauchschein gemacht, als damals 30-jähriger. Danach gab es Jahre, in denen war er wenig unter Wasser, und Jahre, in denen er drei Tauchurlaube gebucht hatte. Unter dem Strich stehen jetzt 3700 Tauchgänge in seinem Logbuch und Reisen, die ihn von der Karibik bis nach Papua-Neuguinea geführt haben. "Ich habe dem Tauchen unheimlich viel zu verdanken", sagt er. "Tolle Reisen, faszinierende Erlebnisse und zwischenmenschliche Kontakte, die ich nicht mehr missen möchte. Und solange es geht, werde ich diesem Hobby treu bleiben."

Das wird die Aussteller auf der "boot" freuen. Ebenso Dieter Merz auf Bali. Und ganz besonders natürlich Rosie, die attraktive Schildkrötendame.

Weitere Information: Das Programm auf der Showbühne in Halle 3 der boot 2015 in Düsseldorf hat sich auch auf die "Best ager" eingestellt und bietet einiges an Sonderprogramm für die Zielgruppe an. Das Divers Alert Network (DAN) hat sich auch bereits auf die immer größer werdende Gruppe eingestellt: auf dem DAN Stand in Halle 3 können interessierte Taucher die neue Sicherheitsbroschüre für 'ältere Taucher' erhalten und mit den Tauchmedizinern interessante Gespräche führen.