Hammerhaie und kein Tiefenrausch. Bimini

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18.06.2014 14:14
Kategorie: Reise

"Wir müssen zu Entdeckern werden. Neue Ziele erforschen." In einem Tauchmagazin fallen mir diese Worte ins Auge und sie wecken sofort meinen Abenteuergeist: mal einen anderen Tauchurlaub machen. Etwas ganz anderes...

Ein Reiseziel, das die meisten deutschen Anbieter nicht im Programm haben. Am besten mit Haien, möglichst viele Arten. Genial wären Hammerhaie - und die Anreise sollte überschaubar sein. Keine Zweitagesreise mit dreimaligem Umsteigen.


Bericht von Manuel Priebe

Das gewünschte Ziel ist schnell gefunden. Es heißt Bimini und liegt unweit vor Florida, eine kleine Insel der Bahamas. Ich lese davon, dass man von Januar bis März dort dem Großen Hammerhai (Sphyrna mokarran) bereits in fünf Metern Tiefe begegnen kann. Ja! Das kombiniert mit ein paar Tagen Florida und schon steht der Reiseplan.

Bei der Ankunft in Amerika das gewohnte Bild. Sehr nette Security-Männer nehmen das schwarze Metallgehäuse meiner Unterwasserkamera genau unter die Lupe. Alles wird inspiziert und die Frage nach dem Grund meines Aufenthaltes erübrigt sich eigentlich. "Scuba diving and shooting shark pics". Ein Lächeln und die Begeisterung stehen dem netten Beamten besser als der misstrauische Blick vom Anfang. Von Fort Lauderdale geht es dann in nur 20 Minuten rüber nach Bimini. Hier ticken die Uhren etwas langsamer. Zwei Studenten des Shark Labs, vor allem amerikanische Touristen und ein paar Angler passieren mit mir den Zoll. Anschließend geht es auf zum Hotel.

Die Menschen und die Haie von Bimini


Auf dem Weg dorthin erzählt schon der Busfahrer von Haien. Viele Bullenhaie (Carcharhinus leucas) tummeln sich hier, weshalb kaum ein Einheimischer in den Gewässern schwimmen geht. Früher sei er von North nach South Bimini durch das brusttiefe Wasser gelaufen. Das sei heute zu gefährlich, sagt er, man ist auf den Fährbetrieb angewiesen. Die "Big Bulls" seien riesig. Im Hafenbecken von North Bimini kann man mit ihnen im Käfig tauchen. Sehr cool.

Die Bungalows sind in die Marina integriert und haben teilweise Strandzugang. In der Nebensaison ist nicht viel los und so habe ich den Strandabschnitt für mich alleine. Als Taucher zieht es mich direkt zum Wasser. In Gedanken an gefährliche Bullenhaie kreuzt ein friedlicher Ammenhai meinen Weg und lässt mich links liegen. Toll. Die Sonne scheint. Eine Plastiktüte schwimmt im Meer. Eine kleine, eine lila-blau schimmernde, eine mit Tentakeln, eine... Portugiesische Galeere! Erst mal ab zur Tauchschule. Beschwerde einreichen. Darüber stand nix im Katalog.

In der Tauchschule trifft man auf die gleiche Gelassenheit, die man auf der ganzen Insel findet. Neal Watson und sein Team begrüßen mich sehr freundlich. Das Tauchen hängt vom Wetter ab, sagt er. "Wir sehen jeden Tag Hammerhaie und wenn du Lust hast, sehen wir auch Delphine, Stachelrochen und andere Haiarten. Komm einfach morgen um 1.00 Uhr vorbei." Nachts, frage ich leicht verwirrt? "Nein, mittags. Die Hammerhaie kommen mittags." Wer am Elphinstone Hammerhaie sehen will, stellt sich den Wecker auf 6 Uhr morgens. Hier ist anscheinend Ausschlafen angesagt.

Der Haitourismus boomt auf den Bahamas. Haie dürfen jedoch weder geangelt, noch an Land gebracht werden. Ganz anders im nahe gelegenen Florida, wo Große Hammerhaie als Trophäen an der Pier ausgestellt werden. Angesichts der Tatsache, dass diese schönen Tiere fast ausgestorben sind, läuft es mir kalt den Rücken runter.

Am nächsten Tag geht‘s dann raus. Nach drei Minuten Fahrt sind wir da. Das Wasser ist sechs Meter tief und der „Bait“ sinkt entsprechend schnell auf den Grund. Jetzt heißt es warten. Kein anderes Tauchboot weit und breit. Und das soll auch so bleiben, denn nicht jeder hat eine Lizenz zum Hammerhaitauchen.

Zwanzig Minuten später ist es soweit. Der erste Hammerhai hat den Köder gerochen. Vom Boot aus schätze ich seine Länge auf vier bis fünf Meter. "15 feet", sagt mir Neal. Habe ich richtig geschätzt? Da ich gerade keine Zeit für einen Dreisatz habe, erwidere ich sein Lächeln. Ab ins Wasser!

Unter Wasser läuft alles sehr geordnet ab. Zuvor platzierte Plastikstäbe geben die Positionen der Taucher vor. Die Guides legen ein paar einzelne Köder aus. Es wird trubelig, denn auch Schwarmfische wollen etwas von der Beute ab haben.

Zu dem großen Weibchen gesellen sich zwei weitere Hammer- und drei Ammenhaie. Die Fressordnung ist klar geregelt. Die Hammerhaie inspizieren uns genau. Ihr bizarrer Kopf mit den außenstehenden Augen schwenkt ständig hin und her. Sie verdrängen die kleinen Konkurrenten, schnappen die Köder und machen kurz vor meinem Domeport eine elegante Wendung.

Nach 60 Minuten habe ich noch 80 bar in der Flasche. Doch die Show ist vorbei. Nur noch ein paar Saugfische machen sich über die Reste her. Es geht wieder an Bord. Begleitet von ein paar Reggae-Klängen fahren wir den kurzen Weg zurück und ich frage mich, wo die Bullenhaie sind.

Hoheitsgebiet der Haie


Knallrote Warnschilder mit der Aufschrift "Shark Zone" implizieren ein Schwimmverbot im Hafen von North Bimini. Der Stierhai, wie der Bullenhai auch genannt wird, zieht derweil im Hafenbecken seine Kreise und erfreut sich der Fischabfälle, die die Angler abends über Bord werfen.

Bei einem kalten „Kalik“ schaue ich mir dieses Schauspiel an. Hoffentlich fällt hier niemand nach ein paar Bier zu viel ins Wasser, denke ich. Jetzt sind es schon zwei Bullen. Sie sind einfach nur riesig. Spontan mache einen Termin im Big Game Club für das Käfigtauchen am folgenden Tag.

Am nächsten Nachmittag, auch diesmal kann ich ausschlafen, wird am Pier der gefrorene Köder zubereitet. Als sich schon einige große Bullenhaie um den Käfig sammeln, kommen mir kritische Gedanken. Verlassen diese Tiere überhaupt noch ihre Futterstelle?

Mit den Worten "slowly going the way of the buffalo" tue ich meine Bedenken kund. Doch der Reiz, diese Tiere sicher und hautnah zu sehen, ist groß.

Zusammen mit einem anderen Taucher begebe ich mich unter Beobachtung einiger Zuschauer in den Käfig. Sofort knallen die kräftigen Körper der Bullenhaie gegen die Gitterstäbe. Zu engmaschig, um gute Bilder zu machen. Eine kleine "gopro" ersetzt die Spiegelreflex und es entstehen ein paar schöne Videosequenzen. Geatmet wird durch einen langen Schlauch mit zweiter Stufe.

Nachdem ich aus dem Käfig klettere, kommt man sofort wieder ins Gespräch. Ich schwärme von diesen eleganten Räubern und mach nochmal Werbung für deren Schutz. Trotzdem fühle ich mich schlecht, als man mir ein T-Shirt mit dem "Bull Run"-Emblem darauf schenkt. Ein Shirt und eine Erfahrung reicher, sowie 120 Dollar ärmer, verlasse ich mit gemischten Gefühlen die Marina. Mit der Fähre geht es zurück nach South Bimini.

Auf zu den Delfinen


Hier geht es ruhig zu. Wer Hotels, kleine Shops und Casinos mag, der bleibt auf North Bimini. Ruhesuchende Naturliebhaber wohnen im Süden. Hier gibt es neben einem Naturlehrpfad, der einheimische Pflanzen und Tiere (zum Beispiel die Bimini Boa) zeigt, auch das bereits erwähnte "Shark Lab". Es ist eine Außenstelle der University of Miami. Ein Besuch kostet zehn Dollar. Man erhält einen Einblick in die Forschungsarbeit der Studenten und erfährt viel Interessantes über Haie. Zwischen den Mangroven, wo Zitronenhaibabys Schutz vor ihren Feinden suchen, stehen abgezäunte Felder mit Junghaien. Diese kann man mit einem Guide besuchen, auch mal vorsichtig streicheln und deren Verhalten verstehen lernen.



Hammerhai-Impressionen aus Bimini


Das Essen hier ist kalorienreich. Eier, Speck oder Pancakes zum Frühstück, gepaart mit dem "Bimini Bread" und starkem Kaffee, wecken die Lebensgeister. Abends trifft sich die ganze Insel im Beach Club zu Burger, French Fries oder Chicken Wings. Alles mit viel Knoblauch und angerichtet mit einem gesummten Lied vom Kellner.

Vorher besuche ich noch Neal in seiner nahegelegenen Basis. Eigentlich besteht sie nur aus einem Container am Anlegesteg. Während auf seinem Boot nebenan wieder Bob Marley was von Freiheit und Gelassenheit singt, fragt mich Neal, ob ich nicht am nächsten Tag mit zwei ehemaligen Mitarbeitern des "Shark Lab" zu den Delfinen fahren möchte. Ist der Papst katholisch? Wann und wo? Irgendwann nach dem Frühstück. Also um 8.00 Uhr? Nein eher so gegen 11.00 Uhr - gemütliches Leben halt...

Ich treffe Grant Johnson und Sean Williams. Mit diesen zwei erfahrenen Typen verspricht es ein genialer Tag auf dem Wasser zu werden. Nach einer Fahrt um die halbe Südküste, erreichen wir die Fressgründe der Delfine. Mit tollkühnen Sprüngen begrüßen sie uns - oder sich gegenseitig? Es geht mit dem Schnorchel ins Wasser und gleich wieder raus. Sie sind unglaublich schnell. So geht es ein paar Mal, bis uns ein Jungtier interessant genug findet und uns nicht mehr von der Seite weicht. Es fordert uns mit seinem Gebaren zum Spielen auf. Doch vorher bitte einmal lächeln und in die Kamera schauen! Vielen Dank! So jetzt mal weg mit der Kamera und der Einladung Folge leisten. Allzu bald nähern sich zwei größere Tiere mit Rufen. Vielleicht die Eltern. Jedenfalls ziehen sie dann zu dritt ihres Weges.



Delfin (li.), ein Mitarbeiter des Shark Lab mit einem Baby-Ammenhai
aus der Aufzucht und ein erwachsener Ammenhai (re.)


Wieder zurück im Boot fahren wir ein Stück weiter. Es sind noch andere Delfine neben den Fleckendelfinen in der Nähe. Plötzlich hält Grant das Boot an. "WOW, there is a big Tiger" ruft er. Tatsächlich schwimmt nur zwei Meter vor unserem Boot eine große Tigerhaidame. Kann der Tag noch besser werden? Die beiden Jungs sind ihrem Element, denn sie ist noch nicht markiert! Das Pelicase mit den Sendern ist natürlich mit an Bord. Die beiden erfahrenen Haiforscher machen sich daran das Tier einzufangen. Ohne Angelhaken oder Netz, nur mit einem Seil bewaffnet, schaffen sie es, das Weibchen schonend ans Boot zu ziehen. Ich bin voller Adrenalin. Der Tigerhai schießt plötzlich aus dem Wasser und reißt das Maul auf. Das Tier wirkt nervös und beißt um sich, mitunter in Seil und Boot. Keine Chance es zu markieren.

Nach einigen Minuten lösen sie die Schlinge, die um die Schwanzflosse gelegt ist und lassen sie wieder frei. Unnötig wollen sie sie nicht stressen.

Wo Delfine sind, sind keine Haie, sagt man. Diese These ist damit wohl widerlegt. Auf dem Rückweg sehen wir kurz vor dem Hafen noch einen Großen Hammerhai. Ein Bild von oben, als Erinnerung an diesen wunderschönen Tag und dann haben wir wieder festen Boden unter den Füßen.

Meine Zeit auf Bimini neigt sich dem Ende zu. Ich habe viele Haie gesehen. Sehr viele. Die Bahamas haben verstanden, dass es sich lohnt, sie zu schützen und sie so zu einer guten Einnahmequelle zu machen. Als lebendige Leckerbissen für Taucher und Fotografen.


Über den Autor:


Mein Name ist Manuel, ich bin 34 Jahre alt und lebe im Ruhrgebiet. Ich tauche seit 16 Jahren, bevorzugt an Plätzen, wo ich noch nicht war. Schon als Kind haben mich die Bewohner der Ozeane fasziniert. Seitdem verbringe ich so viel Zeit wie möglich am Wasser.

Die Unterwasserwelt ist der größte und artenreichste Lebensraum unseres Planeten. Seine geheimnisvolle Schönheit und Verletzbarkeit versuche ich in meinen Bildern zu zeigen. Dabei schaue ich durch eine Canon Spiegelreflexkamera und halte diese in einem Hugyfot Gehäuse trocken.


Mein Fazit? Bimini ist eine Insel voller Schönheit, Natur, Abenteuer und guter Laune. Auch in der Nebensaison ein sonniges Paradies jenseits vom Massentourismus. Die Großen Hammerhaie ziehen hier gerne durch. Und auch ich werde wiederkommen.


Video zum Thema:

 


Unterwasservideo der Hammerhaie (und weiterer Haiarten) von Bimini. Einfach zum geniessen...