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Ein unerwartetes Ergebnis: Zoologe Ralph Schill aktualisiert die Bärtierchen-Checkliste
Bärtierchen sind winzig, widerstandsfähig und erstaunlich anpassungsfähig – doch ihre Artenvielfalt in Deutschland war lange kaum erforscht. Die letzte wissenschaftliche Bestandsaufnahme stammt aus dem Jahr 1936, als 44 Arten dokumentiert wurden. Nun hat der Stuttgarter Zoologe Prof. Dr. Ralph Schill gemeinsam mit Dr. Rolf Schuster eine neue Erhebung durchgeführt und insgesamt 99 Arten gezählt.
Diese faszinierenden Lebewesen wurden erstmals 1773 von Johann August Ephraim Goeze in einem Teich in Quedlinburg beschrieben. Aufgrund ihrer gedrungenen Form und ihrer Fortbewegung verglich er sie mit kleinen Bären – daher der Name „Wasserbärchen“. Bärtierchen sind für ihre außergewöhnliche Überlebensfähigkeit bekannt:
Bärtierchen können sich hervorragend an eisige Kälte bis hin zu Weltraumbedingungen und an trockene Dürren anpassen. Sie halten ihre innere Uhr an und fallen in eine Art Dornröschenschlaf. Ihre Stoffwechselaktivität wird dabei vollständig eingestellt. In diesem Zustand altern sie nicht. „Diese Eigenschaft fasziniert mich besonders“, so Schill.
Schill und Schuster analysierten zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten aus fast zwei Jahrhunderten und erstellten eine aktuelle Checkliste der in Deutschland vorkommenden Bärtierchen. Von den weltweit 1.488 bekannten Arten konnten 99 in Deutschland nachgewiesen werden. Die meisten leben in Moosen und Flechten (91 Arten), während acht Arten in Brack- und Salzwasser an der deutschen Küste vorkommen. Erstaunlicherweise wurden 24 dieser Arten erstmals in Deutschland entdeckt und beschrieben.
Die neue Bestandsaufnahme liefert wichtige Erkenntnisse über die Biodiversität dieser mikroskopisch kleinen Tiere. Die Arbeit von Schill trägt dazu bei, die Bärtierchenforschung nach fast einem Jahrhundert wieder auf den neuesten Stand zu bringen. „Die bei uns gefundenen Arten machen etwa sieben Prozent der weltweit bekannten Arten aus. Und jetzt haben wir erstmals wieder seit fast 100 Jahren einen aktuellen Überblick über alle Bärtierchen in Deutschland“, resümiert Schill. Angesichts des weltweiten Rückgangs der Artenvielfalt sind solche Erhebungen essenziell, um Veränderungen in Ökosystemen zu verstehen.
Weitere Informationen:
Wuselige Zählung (Uni Stuttgart)
Dive Inside Biologie Artikel (2012) zu Bärtierchen