El Gouna. Tauchurlaub mit Flair

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12.09.2015 16:57
Kategorie: Reise


Der Tourismus im Land der Pharaonen ist wieder im Aufwind. Für Individualisten wird es nun wieder zunehmend schwerer eine Unterkunft abseits der großen Tourismus-Ströme zu finden.

Fündig werden kann man beispielsweise in "El Gouna". Nicht etwa, dass es dort nicht ebenfalls genügend Urlauber gibt, aber das besondere Konzept dieser einzigartigen Ferienanlage erspart einem das unbehagliche Massentourismus-Gefühl.

Die gute Erreichbarkeit vieler guter Tauchplätze macht die Sache auch für Taucher interessant.


Bericht von Andreas Wackenrohr

Da ist zunächst die etwas andere als sonst in Ägypten üblich, ja fast schon mediterrane Atmosphäre, die man an vielen Ecken verspürt. Kleine, gemütliche Bars und Restaurants, schön gestaltete Plätze mit vielen Wasserflächen und kleinen Kanälen, die sich weit verzweigt durch das Feriendorf schlängeln, prägen den Charakter von El Gouna. Auch das bei vielen Urlaubern beliebte Shopping läuft hier in einer sehr angenehmen Umgebung ab. Die sonst eher aufdringlichen ägyptischen Händler sucht man hier vergeblich.

Um es auf den Punkt zu bringen: "El Gouna" ist nicht das Ägypten, wie man es sonst gewöhnt ist. Die vielen Wiederholungstäter sind ein sicherer Beweis dafür, dass sich die Gäste hier sehr wohlfühlen.

Nicht zuletzt lockt auch das riesige Wassersportangebot immer neue Touristen in diese etwas andere Ferienwelt. Neben dem Tauchen hat das Kiten hier einen hohen Stellenwert. Segler, Motorbootfahrer, Windsurfer und Wakeboarder finden hier ebenfalls ideale Bedingungen, um ihrem Hobby zu frönen.

Sogar ein eigenes Hospital, mit Druckkammer, gibt es in der Ferienstadt am Roten Meer. Die Auswahl an Unterkünften ist riesig: Das Angebot reicht von der einfachen Ferienwohnung für Selbstversorger bis zum Luxushotel.

Topspots sind in kurzer Zeit erreichbar


In El Gouna zählt das Tauchen für viele Gäste zur Lieblingsaktivität. Viele Tauchspots sind legendär und meist schon nach relativ kurzer Fahrt erreichbar. Der günstigen Lage sei Dank, denn viele Tauchplätze können die Tagesboote von Hurghada aufgrund der Entfernung nicht anlaufen. So geht es dann meistens etwas ruhiger zu.

Wracktauchen ist im nördlichen Roten Meer sehr beliebt; hier befinden sich die meisten und bekanntesten Schiffe. Abu Nuhas mit seinen vier exzellenten Wracks liegt fast vor der Haustür. Hoch im Kurs steht bei vielen Fans von versunkenem Altmetall die "Rosalie Moller". Wegen der Tiefe und der abgeschiedenen Lage ist das Wrack nicht so bekannt wie beispielsweise die Thistlegorm (die auf Wunsch auch angefahren wird). Dafür wird es deutlich weniger betaucht und ist folglich in einer dem Alter des Schiffes (1941 wurde es durch einen Bombenangriff in die Tiefe geschickt) entsprechenden, sehr guten Kondition.

Im oberen, lichtdurchfluteten Teil, in etwa 30 Meter, ist das alte Frachtschiff der Tiefe entsprechend prächtig bewachsen. Etwas über 50 Meter sind es an der tiefsten Stelle des Wracks; dadurch kann ein Tauchgang an der "Rosalie" durchaus etwas Mystisches haben. Allerdings sollten nur erfahrene Taucher in diese Tiefe und in die Laderäume vordringen.




UW Impressionen El Gouna.

 

Der Wracktauchplatz


"Briefing" hallt es unüberhörbar auf dem Schiff. Wenig später sind alle Teilnehmer auf dem Oberdeck versammelt. In Kürze wird das Boot an einem der berühmtesten Wracktauchplätze im nördlichen Teil des Roten Meeres festmachen. Gleich vier versunkene Schiffe bieten hier am Abu Nuhas reichlich Auswahl. Das Briefing von Achmed, Guide der Orca-Basis im nahen El Gouna, enthält zahlreiche Tipps für die Erkundung der "Giannis D".

Kurz darauf stehen alle Taucher aufgerödelt auf der Plattform am Heck; fast direkt über dem Wrack. Dies ist nur an wenigen Tagen möglich, meist sind die Wellen für so ein bequemes Absetzmanöver der Taucher zu hoch. Durch die fast spiegelglatte Oberfläche ist das Wrack bereits schemenhaft zu erkennen. Einen Augenblick später sind alle Tauchteams abgetaucht. Die "Giannis D", ein ehemaliges Frachtschiff, liegt in Seitenlage auf einer Tiefe von etwa 6 bis 27 Meter. Der Mittelteil ist auseinandergebrochen, so muss man zwischen Bug und Heck eine Strecke von ca. 40 Metern zurücklegen. Die Brücke und einige Laderäume sind sehr einfach, auch für Ungeübte zu betauchen. Das eindringende Sonnenlicht sorgt für eine perfekte Atmosphäre. Leider ist der Luftvorrat viel zu schnell verbraucht. An Bord warten schon zahlreiche helfende Hände auf die Taucher, denn Service wird hier wirklich groß geschrieben. Nach dem Ablegen der Ausrüstung, ist eine kurze herrliche Süßwasserdusche obligatorisch. Aus dem Salon, wo ein üppiges, köstliches Buffet auf die Gäste wartet, duftet es schon appetitanregend (Anmerkung: was die Köche der Orca-Tagesboote für kleines Geld zaubern, können selbst die meisten gehobenen Restaurants in El Gouna kaum toppen).


INFOBOX Orca Diveclub El Gouna


Die beliebte Orca-Basis in El Gouna besteht bereits seit 11 Jahren. Basisleiter ist seit 2011 Wolfgang Jocham. Der gebürtige Österreicher ist auch nach vielen Berufsjahren im Tauchsport immer noch mit Leib und Seele dabei; alltäglich ist dies sicher nicht. Er sagt über El Gouna: "Hier ist es sicher nicht wie im 'normalen' Ägypten, aber es zeigt doch, wie es sein könnte!"

Neben dem Rebreathertauchen ist die Unterwasserfotografie seine große Leidenschaft. Leider hat er dazu nur selten Zeit. Gerne steht er neugierigen Fotografen und Einsteigern mit Rat und Tat zur Seite.

Bei Bedarf können bis zu 60 Taucher von der Basis versorgt werden. Drei Tagesboote bringen die Gäste zu den schönsten Plätzen.

Eine Spezialität der Orca-Basen ist das Tauchen mit Rebreathern. Neben Kursen kann man hier Probetauchgänge mit den fast geräuschlosen Geräten machen. Für ausgebildete Kreiseltaucher, mit entsprechender Qualifikation, hat die Basis ein paar spezielle Ziele im Angebot. Beispielsweise das Wrack der "Gulf Fleet 31": Ein ehemaliges Versorgungsschiff, das in einer Tiefe zwischen 84 Metern (Heck) und 103 Meter (unter dem Bug) liegt. Außerdem gibt es am selben Riff (Shabrur Umm Gamar) noch mehrere Canyons, die bei zirka 80 Meter starten und bis 130 Meter Tiefe reichen.
Insgesamt gibt es etwa 40 lohnenswerte Tauchplätze, von denen 30 regelmäßig angefahren werden.

Orca betreibt 7 Dive Clubs in Ägypten und gehört damit zu den großen Tauchbasenketten am Roten Meer.



Traumhafte Begegnungen


Seit über einer Stunde warten die beiden Taucher am Shab El Erg nun schon vergeblich. Die anderen Buddyteams sind längst hunderte Meter entfernt oder bereits wieder zurück an Bord.

Mit etwa 8 bis 10 Metern ist es in dem kleinen Kanal, ganz in der Nähe des Ankerplatzes, nicht wirklich tief. Trotzdem nähern sich die Zeiger der Finis langsam dem letzten Drittel. Ob noch etwas passiert? Die Chancen scheinen zu schwinden. Doch irgendwann müssen die Tümmler doch hier vorbei kommen. Oder sind sie bereits wieder auf Nahrungssuche im offenen Meer? Zweifel machen sich breit.

Ein kapitaler wenig scheuer Oktopus sowie ein paar im Sandboden nach Nahrung wühlende Blaupunktrochen sind ein adäquater Zeitvertreib. Doch dann endlich sind sie ganz leise wieder zu hören, die typischen Klicklaute. So wird alles Andere zur absoluten Nebensache. Nur zu sehen sind sie leider nicht. Oben an der Oberfläche, wo man sie nicht vermutet hätte, zieht jetzt eine Gruppe der großen Flipper über die Köpfe der Taucher hinweg.


Bedrohte Delfine


Der oben beschriebene Tauchplatz am weitläufigen Riff von Shab El Erg steht bei Orca regelmäßig auf dem Programm. Bei den ortstreuen Delfinen handelt es sich um eine große Population des Indopazifischen Großen Tümmlers. Sie suchen dieses Riff, auch bekannt unter dem Namen "Dolphin House" regelmäßig zum Schlafen, Ruhen und zur Kommunikation auf. Doch leider nimmt die Zahl der Boote, die hier vor Anker gehen, immer weiter zu. Mittlerweile werden zudem Schnorcheltouren zum "Dolphin House" angeboten.

"Dass es hier Regeln für die Begegnungen mit den Delfinen gibt, um die Tiere möglichst wenig zu belästigen, wird gerade von den Booten mit Schnorchlern zu wenig beachtet", sagt Angela Ziltener von der Schweizer Organisation "Dolphin Watch Alliance". "Die Sicherheitsabstände werden missachtet und Schlauchboote verfolgen die schlafenden Tiere: Sie lassen sie nicht zur Ruhe kommen. Es muss dringend etwas passieren, damit die bestehenden Regeln eingehalten werden. Sonst sind die Zukunftsaussichten für die intelligenten Meeressäuger sehr düster" ergänzt die engagierte Meeresbiologin.

Hier geht es zu einem interessanten Artikel über die bedrohten Delfine von Hurghada.



Zwei dieser prachtvollen Tiere lösen sich aus der Gruppe und schwimmen sehr nahe an den Tauchern vorbei. Es kommt noch besser: Eine weitere Gruppe der intelligenten Meeressäuger nähert sich direkt auf Augenhöhe den Tauchern. Einer bleibt direkt vor den Tauchern in senkrechter Pose stehen und beginnt dann einige Loopings zu drehen. Zeitgleich sucht ein weiterer Delfin am Grund nach Korallenstücken, die er dann vorsichtig mit seinem langen Maul aufnimmt und vor den Augen der Zuschauer wieder fallen lässt. Ein unglaubliches Schauspiel!

Hier in diesem Kanal, wo sonst eigentlich immer Taucher unterwegs sind. So stört nicht ein fremdes Luftbläschen diese wundervolle Begegnung. Ein echter Glücksfall. Fast 20 Minuten dauert das aufregende Spektakel, bis die faszinierenden Meeressäuger weiterziehen.



Video zum Thema:

 


Der Teaserfilm zur Wrackdokumentation im Roten Meer von Rene Heese zeigt 16 bekannte und unbekannte Wracks. Unter anderem auch die im Bericht erwähnte Gulf Fleet 31. .