Kategorie: Diverses
Ein Wein mit Tiefgang
Cala Jóncols ist eine kleine, verträumte Bucht am Cap de Creus zwischen Rosas und Cadaqués. Wem das nichts sagt: Es liegt ganz oben, im Norden Kataloniens, in der nördlichen Region Spaniens, die zurzeit die europäischen Schlagzeilen bestimmt. Hier geht’s jetzt aber nicht um Politik, sondern um einen Tauchplatz, der so geheim ist, dass ihn nur wenige bisher betauchen durften. Kein Wrack, keine Höhle und nicht besonders spektakulär, aber er hat es in sich!
Manuel Gomez Fernandez und sein Bruder Michael betreiben das kleine Hotel Cala Jóncols in dem sich auch die Tauchbasis der Euro-Divers befindet. Hotel und Tauchbasis sind eine enge, ein Biologe würde sagen 'symbiotische Beziehung' eingegangen, denn das Hotel lebt zum guten Teil von den tauchenden Gästen und die Euro-Divers Tauchbasis hat mit ihren Hausherren zwei absolute Profis und Liebhaber des Tauchsports als Partner, denn Manuel und Michael kennen nicht nur jeden Fels und Winkel in den Gewässern das Naturschutzgebietes Cap de Creus, sondern sie sind beide auch erfahrene Taucher und Tauchlehrer.
Dieser besondere Tauchspot, von dem die Rede war, wird nicht offiziell von den Euro-Divers angefahren; aus verschiedenen Gründen. Es handelt sich eigentlich auch nur um ein versiegeltes, aus massiven Rundstahlgittern bestehendes Transportbehältnis dessen Inhalt der eigentliche Schatz ist. Rund 400 Flaschen Wein lagern in dem auf 27 Metern Tiefe platzierten Rahmengestell, sorgsam versiegelt und für neun Monate lang jedem Zugriff entzogen. Hotelchef Manuel hatte die Idee, einmal zu testen, was mit einem guten Wein passiert, wenn man ihn in der dämmrigen, konstant 13 Grad Celsius betragenden Umgebung einer durchströmten Meeresbucht auf dem Sandgrund lagert. Genügend Geschichten zu Weinfunden aus alten Wracks kennt man und es hat zahlreiche Hinweise darauf gegeben, dass Weine eine fast spirituelle Wandlung vollziehen und zu einer Reife und zu Aromen kommen, die vergleichbare Weine nie haben würden.
Kurzum: der Hotelchef und Taucher wollte es genauer wissen, startete bereits vor Jahren zahlreiche Versuche und am Ende dieser Neugier und der Passion für guten Wein und das Tauchen steht heute neben dem Hotelbetrieb und der Kooperation mit den Euro-Divers ein eigenes Weingut mit einer Produktline eines 'vino de aqua' dessen Weinkellerei tief unter der rauen Meeresoberfläche der Wilden Küste, im „Celler Subaquatic“ liegt.
Die ersten umfangreichen Versuche der neunmonatigen Lagerung unter dem Meeresspiegel brachten überraschende Ergebnisse! Blindverkostungen mit dem normal gelagerten Wein und der Meeresedition förderten signifikante Unterschiede zu Tage, wird berichtet. Und dazu weisen die in 27 Metern Tiefe gelagerten Flaschen nach neun Monaten zudem ein von der Natur gezeichnetes eigenes Etikett aus. Jede Flasche hat einen wie von Künstlerhand angefertigten Bewuchs aus Kalkrotalgen, der selbst die leere Flasche zum Kunstwerk der Natur avancieren lässt.
Ein Projekt das nur aus Neugier entstand
Dass die 400 Flaschen eines Segmentes an einem geheimen Ort abgesetzt werden und in dem Stahlgitter-Cocon nicht vor den Kräften des Meeres, sondern vielmehr vor dem Zugriff tauchender Weingenießer geschützt werden müssen, bedarf nach nicht erklärbaren „Lagerverlusten“ zu Beginn des Experiments nun wohl keiner Erklärung mehr. Die Euro-Divers mit den Basenleitern Jan Boelen und Martine Desitter sind involviert, sie hüten den Standort ihres Schatz-Tauchspots eisern und sind beim Absetzen und Bergen der Flaschensegmente behilflich. Mit dem Hydrauliklift am Heck des Tauchschiffes der eigentlich bis zu vier voll ausgerüstete Taucher aus dem Wasser hinauf aufs Deck heben soll, steht ein wichtiges Werkzeug bereit. Etwas mehr als eine halbe Tonne wiegt das volle Wein-Lagersegment und das können selbst ambitionierte Taucher mit ihren Tarierjackets nicht mal so eben an die Oberfläche befördern. Der Taucherlift des Tauchschiffes schafft bis zu 800 Kilogramm und verhebt sich auch an 400 Weinflaschen nicht.
„Es ist ein Projekt, das erst nur aus einem Spleen, der Neugier entstand. Die ersten tollen Ergebnisse haben uns dann aber heiß gemacht. Anfangs haben wir guten Wein von einem Weingut eines Freundes genommen, und dann nahm das Projekt einfach seinen Lauf...“ erzählt Manuel mit einem Zwinkern in den Augen. Die Geschichte ist hier nämlich noch längst nicht zu Ende!
Die Bucht von Cala Jóncols ist mit ihre Lage und Ausrichtung und mit dem Untergrund bestens geeignet auf Weinterrassen eigenen Wein anzubauen, dachten sich Manuel und seine Familie, die schon in dritter Generation seit 1955 das Hotel betreiben. Vater Pepe ist zwar schon seit Jahren Pensionär, aber nicht wirklich. 76 Jahre ist er jung und kümmert sich immer noch um allerlei Dinge rund ums Hotel. Und heute ist er halt auch noch Weinbauer, denn er ist es, der mit dem Team aus dem Hotel und einigen Helfern aus der Tauchbasis das Weingut Jóncols betreibt.
„Wir hatten hier im Norden früher eine sehr ergiebige, robuste Rebsorte, den 'Lledoner Roig'. Er wurde inzwischen fast ganz verdrängt von den Rebklassikern Chardonnay und Crianza, die die Weingüter Kataloniens dominieren". Manuels Idee und Vater Pepes Anspruch waren aber mehr auf die Tradition gerichtet, die nicht nur in der katalanischen Familie, sondern in der ganzen Region eine große Rolle spielt. So verwundert es auch nicht, dass die Besitzer der fünf größten Weingüter der Region in der Jóncolsbucht keine Konkurrenten sahen, sondern eher Wegbegleiter, die bereit waren, ein schwieriges Projekt auf den Pfaden katalanischer Weinbautradition zu beginnen. Mehr als 400 Jahre sind sie gemeinsam alt, die fünf Weinfürsten des spanischen Nordens und sie berieten mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung den 47 Jahre jungen Neueinsteiger. Sie kraxelten mit Vater Pepe in die Hänge der Bucht und wussten sofort, wo Weinreben gedeihen könnten und wo nicht. Sie rochen förmlich die Wasseradern und gelegentlich wurde auch eine Rute zur Hilfe genommen.
„Ohne ihre Unterstützung und ihre Ratschläge wäre hier nichts gegangen“, erklärt Manuel, der mehr als 4000 der traditionellen Lledoner Roig-Reben züchten und danach wie vom „Rat der Weisen“ vorgeschlagen, setzen ließ. Eine eigene Hochleistungs Filtrier- und Kläranlage reinigt seither das Hotel-Grauwasser und dient zur Bewässerung der Pflanzen. Rund 6000 Liter pro Tag kommen so über den eigenen Brunnen auf die in den Hängen in der Cala Jóncols angelegten Terrassen und ließen die Reben überragend gedeihen. „Nur knapp zwei Prozent Verlust aus den gesetzten Reben deuten darauf hin, dass die Ratschläge der fünf großen alten Männer des Weines goldrichtig waren“, sagt Manuel. Dass die Männer der Familie Gomez-Fernandez und deren Unterstützer aus der Hotelcrew und der Tauchbasis ganze Arbeit geleistet haben, wird dabei nie in den Vordergrund gerückt.
Ende August/Anfang September war es endlich soweit: Die erste eigene Ernte wurde eingebracht. Mit von der Partie waren alle, die eine Hand frei hatten: Der Chefkoch Morgan aus dem Senegal genauso wie Tauchlehrer Giovanni und sogar einige Gäste der Euro-Divers ließen es sich nicht nehmen, erstmals bei einer Weinlese mit von der Partie zu sein. Mehr als 3.000 Kilo kamen dabei heraus, für die erste Ernte kein schlechtes Ergebnis. Rund 1.800 Flaschen erwartet Manuel aus diesem ersten Jahrgang und ein Teil davon wird von den Hängen der Bucht von Cala Jóncols zur weiteren Reifung direkt hinab tauchen an einen weiteren geheimen Tauchspot im Naturpark des Cap de Creus. (hap)
Weitere Informationen:
Hotel Cala Jòncols: www.calajoncols.com
Euro Divers Cala Jòncols: www.euro-divers.com/../tauchen-team-spanien-cala-joncols
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