Die älteste deutsche Dampflok liegt nicht im Rhein bei Germersheim

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02.10.2018 11:10
Kategorie: News

Aus der Traum: Die Rhein-Lok bleibt verschollen

Aus der Traum, Party abgesagt. Es war alles angerichtet für den 21. Oktober zur Bergung der ältesten deutschen Dampflok aus dem Rhein bei Germersheim (Taucher.Net berichtete). Mehr als neun Meter tief hatten die Bergungsfachleute von OHF am vermeintlichen Fundort an der Buhne 527 nahe des Rheinufers das Flussbett ausgespült und ausgebaggert. Hier wurde die im Jahr 1852 bei einem Transportunfall im Rhein versunkene fabrikneue Lokomotive namens „Rhein“ vermutet. So jedenfalls dachten die „Jäger der verlorenen Lok“, deren Messinstrumente und moderne Ortungstechnik signalisierten, dass hier ein großer metallischer Gegenstand liegen würde. Fast drei Jahrzehnte dauerte die Suche die jetzt ein bitteres Ende fand.

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Das Thema faszinierte in den vergangenen Monaten immer mehr Menschen, die zum Fundort pilgerten, die spannenden Bergungsarbeiten verfolgten und dem 21. Oktober, dem Tag der vorgesehenen Bergung der Lok, entgegen fieberten. Der SWR hatte ein regelrechtes Mediengewitter entfacht und die Suche und den Beginn der Bergungsarbeiten mit umfangreicher Berichterstattung begleitet. Auch Taucher.Net war natürlich an dem spannenden Thema dran und hatte die Lokomotiven-Schatzsucher im Darmstädter Lokmuseum besucht und schon einen Tauchgang hinab zum Stahlkoloss, wenn er denn erst einmal freigespült wäre, fest eingeplant. Der Medienandrang war gewaltig, ein Schiff für die berichtende Presse am Tag, wenn die Lok die Wasseroberfläche des Rheins durchbrechen sollte, war lange schon komplett ausgebucht... Alles abgesagt, denn wie sich nun nach umfangreichen Spül- und Baggerarbeiten herausstellte, befindet sich an der Buhne 527 nichts.

Ich bin bestürzt und ratlos. Ich kann mir nicht erklären, welche Anomalie wir bei unseren jahrelangen, wiederholten Messarbeiten an der Buhne 527 bei Germersheim ausgemacht haben“, sagte Prof. Dr. Bernhard Forkmann gestern Abend bei einem Treffen aller Projektbeteiligten der Suche nach der ältesten Dampflok Deutschlands in Mainz. Wolfhard Neu vom Bergungsunternehmen OHF hatte zuvor mitgeteilt, dass bei der großflächigen Suche am ausgemachten Bergungsort keine Kessler-Lok „Der Rhein“ ausfindig zu machen sei.

An der Buhne 527 liegt keine Lok im Rhein

Das Flussbauunternehmen hat in den vergangenen Tagen eine Fläche von über 450 Quadratmeter bis zu einer Tiefe von neun Metern ausgebaggert – ohne Erfolg. Neben dem exakt von den Schatzsuchern ausgemachten Fundort hatte Neus Firma auch eine weitere Verdachtsstelle freigelegt. OHF hatte anstatt bis auf die geplante Tiefe von fünf Metern, aufgrund des fehlenden Auftauchens des gesuchten Eisenkörpers, fast doppelt so tief gebaggert. Zwei unabhängige Unternehmen waren vor Ort und haben den Rhein erneut abgesucht und Messungen vorgenommen. Auch die Spezialunternehmen und die Kampfmittelräumer, die zur Unterstützung geholt wurden, blieben erfolglos.

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So erkannte der Geophysiker Prof Dr. Forkmann, der die Messungen seit Anfang der 90er Jahre mit den Schatzsuchern durchgeführt hatte, gestern Abend an: „An der Buhne 527 liegt keine Lok im Rhein.“ Er selbst könne keine anderen Messungen und Überprüfungen durchführen als die, die bereits stattgefunden hätten. Er werde seiner wissenschaftlichen Verpflichtung und seiner persönlichen Motivation nachgehen und versuchen aufzuklären, was die Anomalie bei den magnetsensorischen Messungen in unterschiedlichen Jahren, Jahreszeiten und bei unterschiedlichen Rheinständen in den letzten Jahrzehnten ausgelöst habe. Aber die Suche sei für den Moment gescheitert.

Ein Lebenstraum ist geplatzt

W
eitaus emotionaler fielen die Reaktionen der Schatzsucher Horst Müller, Uwe Breitmeier und Volker Jenderny aus. „Heute ist unser Lebenstraum geplatzt. Wir haben teilweise 25, teilweise 30 Jahre nach der Lok ‚Rhein‘ gesucht und waren uns so sicher, sie gefunden zu haben. Dieses Gefühl, dass die Schatzsuche gescheitert ist, lässt sich noch nicht in Worte fassen. Wir müssen diese Information erst noch verarbeiten“, sagten die Schatzsucher. Einigkeit bestand darüber, dass eine weitere Suche – ob an dieser Stelle oder einer anderen – für die älteren Herren ausgeschlossen sei.

Für alle Projektbeteiligten geht die Arbeit nun ohne die Lok weiter: Das Bergungsunternehmen OHF wird in den kommenden Tagen mit dem Rückbau der Baustelle beginnen und die abgetragene Buhne fachmännisch wieder herrichten. Prof. Dr. Forkmann wird vor Ort versuchen herauszufinden, was die Anomalie bei seinen Messungen ausgelöst hatte. Das Projektbüro „Jäger der versunkenen Lok“ wird die Bergung absagen und mit zahlreichen involvierten Parteien, von Fans über Medien bis zu Spendern, Sponsoren und weiteren Unterstützern des Projekts sprechen. Und die Schatzsucher Horst Müller, Uwe Breitmeier und Volker Jenderny werden – wie tausende Bahnenthusiasten und Fans, die das Projekt über die Jahrzehnte hinweg gepackt hat – vor allem eins tun müssen: den Schock und die Enttäuschung verdauen.

Weitere Informationen:
Originalmeldung zur versunkenen Lok "Der Rhein"
Mediathekbeitrag (ARD/SWR) zur versunkenen Lok
Jäger der versunkenen Lok (Facebook)
Webseite "Die Lok Jäger"