27.04.2013 09:35
Kategorie: Biologie
Kategorie: Biologie
Neben Haien, Muränen und Drückerfischen haben Barrakudas den Ruf, die "bösen Buben" im Meer zu sein. So manche Horrorgeschichte stammt zwar von Fischern aus einer längst vergangenen Zeit, aber zugegeben: Beißt ein Barrakuda doch einmal zu, dann sind die Verletzungen meist ernst.
Bericht von Harald Mathä
Neulich im Roten Meer: Große Barrakudas können ganz schön nerven. Jeder kennt das Gefühl, beobachtet oder verfolgt zu werden. Unter Wasser hat das etwas ganz Unangenehmes. Der "weiße Hai" drängt sich tief aus dem Unterbewusstsein nach oben, die Nackenhaare stellen sich auf, die Lungen füllen sich öfter als sonst mit Luft. Die Ursache dafür ist gut getarnt und dabei nah: Frontal ist der silbrig glänzende Körper des großen Barrakudas fast unsichtbar. In konstant drei Metern Entfernung folgt er der Tauchgruppe schon seit geraumer Zeit. Stoppen die Taucher, bleibt auch er stehen. Einen fast mannslangen Raubfisch als "Stalker" hinter zu haben, ist in der Tat unangenehm.
Was hat der Raubfisch vor? Wartet er auf den günstigsten Moment um nach vorne zu schnellen und sich den kleinsten Taucher aus der Gruppe zu schnappen? Warum Barrakudas so gerne Taucher stalken, ist nicht ganz klar: Ist es Neugierde? Schleichen sie hinter Tauchgruppen her, um abgelenkte Beute leichter schnappen zu können? Oder ist den torpedoförmigen Fischen mit dem markanten Kinn einfach nur langweilig?
Äußerlichkeiten
Der Große Barrakuda
Ordnung: Perciformes (Barschartige)
Gattung: Sphyraenidae (Pfeilhechte)
Englisch: Barracuda
Wiss.: Sphyraena barracuda
Größe: bis 2 m und 50 kg
Alter: bis über zehn Jahre
Aussehen: silbrig glänzend, pfeilförmig
Lebensraum: Riff und Freiwasser
Verbreitung: in gemäßigten und tropischen Meeren
Verwechslungsmöglichkeit: kleine Barrakuda Arten, Hechte (die gibt’s abba im Meer nich!)
Sache ist aber, dass sich in Meer und Süßwasser zwei sehr ähnliche Arten unabhängig voneinander entwickelt haben. Ein großes Maul mit messerscharfen Zähnen, große, wachsame Augen und dahinter ein langgestreckter Körper, der von einer muskelbepackten Schwanzflosse wie ein Torpedo beschleunigt wird.
Unsere Hechte lauern gerne unter Ästen oder zwischen Wasserpflanzen auf Beute. Barrakudas verstecken sich gerne hinter Korallen oder einem Wrack. Die silbrige Färbung der Pfeilhechte löst wie ein Spiegel ihre Konturen im Freiwasser auf. Da wird auch klar, warum viele Kampfflugzeuge silbern als Tarnfarbe haben!
Fortpflanzung
Wie Barrakudas Sex haben, ist bis heute nicht wirklich erforscht. Man geht davon aus, dass das Weibchen ihre Eier ins Freiwasser abstößt, wo sie dann vom Männchen befruchtet werden. Wie unromantisch! Die tollen Hechte im Haustümpel haben ein spannenderes, ja lebensgefährliches Liebesleben, wie treue Leser unserer alten DiveInside sicher noch wissen.
Wie gefährlich sind Pfeilhechte?
Barrakudas haben einen üblen Ruf, zu Unrecht sollte man meinen, denn Zwischenfälle sind extrem selten. Greift ein Barrakuda einen Menschen an und beißt zu, kann dies ernste Folgen haben. Wird durch die scharfen Zähne eine Hauptarterie durchtrennt, auch dramatische, wie man im Bericht von Anke lesen kann. Angriffe auf Taucher sind zwar extrem selten, aber auch meist schlecht dokumentiert.
Fallstudie Barrakudabiss:
Die erfahrene Taucherin Christine L. erleidet bei einem Nachttauchgang in Ägypten einen schweren Unfall. Diagnose: ausgedehnte Bissverletzung am rechten Kniegelenk und Gefäßverletzung nach einem Barrakuda-Angriff.
Die Fallstudie ist hier zu lesen.
Harpunierte Fische waren in der Vergangenheit Auslöser für solche Angriffe, die jedoch dem Fisch und nicht dem Taucher galten. Es könnte sein, dass metallisch glänzende Ausrüstungsteile Barrakudas magisch anziehen und zu Angriffen provozieren. Mag sein, dass sie diese mit silbrig glänzenden Fischen verwechseln. Ein kleiner Trost mag sein, dass ein Barrakuda nach dem ersten Biss keinen zweiten Angriff startet.
Fühlt sich ein großer Barrakuda durch einen Taucher genervt, bringt er seinen Unmut mit Zähneklappern zum Ausdruck. Dabei öffnet und schließt er sein Maul in kurzen Abständen. Diese klappernde Warnung sollte man ernst nehmen und weitere Störungen unterlassen!
Ciguatoxinvergiftung gefällig?
Barrakudas sind überzeugte Fleischfresser, Beilagen und Salat lassen sie links liegen. So sind sie auch potentielle Quellen für eine nette Fischvergiftung durch Ciguatoxine, besonders in der Karibik. Fressen die Raubfische kleine Planktonfresser so können diese über ihre Nahrung giftige Einzeller (Dinoflagellaten) aufnehmen und sich anreichern. Bei einem gelegentlichen Massenauftreten dieser reichern sich diese der Nahrungskette entlang nach oben an. An deren Spitze stehen die großen Raubfische. Inwieweit diese Vergiftungserscheinungen durch die Toxine zeigen, ist nicht zufriedenstellend geklärt. Kommt jedenfalls ein derart kontaminierter Barrakuda auf den Tisch, dann wartet eine böse Überraschung auf den Konsumenten. Das Gift führt nach einigen Stunden zu einer Dauererregung der Nervenbahnen. Bei so einer Dauerstimulation der Nerven und Muskeln im Körper dürfte man sich ähnlich fühlen wie die Hauptdarsteller auf einem Gemälde von Hieronymus Bosch. Tödlich endet eine Vergiftung durch Ciguatoxine zwar eher selten, Rückfälle können aber über Monate vorkommen.
Zusammenfassung
Barrakudas sind beeindruckende Raubfische und können getrost "Könige des Riffs" genannt werden. Trotz ihres schlechten Rufs sind Angriffe auf Taucher extrem selten. Jedoch können die Fische nicht nur beißen- auch nach ihrem Tod kann von ihnen noch eine Gefahr ausgehen. Speziell in der Karibik können sie durch Ciguatoxine belastet sein.
Video zum Thema:
Das Video zeigt eine Barrakudaschule am San Dimitri Point in der Nähe von Dwejra (Gozo).