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Die Geschichte eines noch jungen Tauchgewässers
Wenige Kilometer von der A38 Höhe Abfahrt Frankleben entfernt, befindet sich im südlichen Sachsen-Anhalt Deutschlands größtes künstlich angelegtes Gewässer - der Geiseltalsee.
Einst wurde in dieser Region Braunkohle in großem Umfang abgebaut. Anfänglich um die Jahrhundertwende 1900 noch zur Versorgung umliegender Zuckerfabriken, später jedoch auch als Rohstoffquelle für die aufsteigende chemische Industrie. Die Buna Werke in Schkopau sowie das Mineralölwerk Lützkendorf sind nur zwei Beispiele. Viele Menschen mussten ihre Dörfer verlassen und auch der Verlauf der Geisel einem Nebenfluss der Saale, wie auch der Eisenbahnschienen musste mehrfach geändert werden.
Mitte 1993 wurde der Tagebau eingestellt. Durch den Abbau der Braunkohle entstand ein 80 Meter tiefes Loch mit einer Fläche von rund 2600 Hektar (26km²). Im Jahr 2003 begann die Flutung – diese wurde 2011 abgeschlossen. Die Rekultivierungsmaßnahmen und somit die touristische Nutzung des Sees erfolgte jedoch mit Verzögerungen erst 2012, vorranging am Südufer.
Originalvideo unter youtube.com/watch?v=dBWAJxbHOzU
Die Tauchinfrastruktur
Heute befinden sich zwei Tauchbasen am See: im Ostteil des Sees in Frankleben die Tauchbasis Geiseltalsee sowie im westlichen Teil auf der Halbinsel bei Mücheln das Tauchzentrum Geiseltal. Beide Tauchbasen bieten Tauchgänge am örtlich lokalen Ufer an sowie Bootsausfahrten zu weiter entfernt liegenden Tauchplätzen wie der für den Geiseltalsee berühmte Unterwasserwald.
In den Wintermonaten ist jedoch der Service aufgrund der geringeren Nachfrage nur eingeschränkt verfügbar, und so fiel meine Wahl beim Besuch des Sees auf das Tauchzentrum Geiseltal. Dieses wurde von Heiko und Anja Günzel 2014 ins Leben gerufen. Seitdem sind die Betreiber sehr engagiert, um Erweiterungen für Tauchgenehmigungen in Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden zu erhalten. Denn das Tauchen in Gewässern, die unter bergrechtlicher Aufsicht stehen, ist an bestimmte Bedingungen geknüpft und diese müssen unbedingt eingehalten werden. So ist das Tauchen im Geiseltalsee nur unter Anmeldung bei einer der beiden Tauchbasen gestattet und nur in den offiziell freigegebenen Bereichen.
Das Tauchzentrum
Das Tauchzentrum Geiseltal befindet sich unmittelbar neben dem Campingplatz Geiseltal Camp. Es sind ausreichend Parkplätze vorhanden. Sanitäre Anlagen können mit Schlüsselausgabe über die Basis auf dem Campingplatz genutzt werden. Da die offizielle örtliche Einstiegsstelle am Campingplatz etwas entfernt liegt (ca. 250m), hat die Basis einen Shuttle Service eingerichtet.
Der weiter östlich liegende Hauptteil der Halbinsel ist Naturschutzgebiet und darf nicht mit dem eigenen PKW befahren werden. Das Tauchzentrum hat hierfür eine eigene Sondergenehmigung erhalten und kann einen Shuttle-Service für Taucher anbieten und exponierte Einstiegsstellen am Südufer der Halbinsel anfahren.
Der Tauchplatz
Der Unterwasserwald erstreckt sich über eine Länge von mehr als einem Kilometer in einer Wassertiefe zwischen 18 und ca. 37 Metern. Die Breite des Waldstreifens würde ich auf 100 bis 200 Meter schätzen. Um an den östlichen Zipfel und Startpunkt unseres geplanten Tauchganges zu gelangen, fährt man mit dem Taucher-Shuttle gut 2,5 Kilometer über die Halbinsel (Einstieg Wald). An diesem Ein/Ausstieg und an einigen weiteren Uferstellen in Richtung Basis stehen Bänke, an denen man sein Gerät gut anlegen kann. Da die Halbinsel jedoch auch für Spaziergänger und Fahrradfahrer freigeben ist, können die Bänke schon mal für ihre herkömmliche Nutzung unter Beschlag genommen sein.
Das andere Ende des Waldes wird durch den Ein- bzw. Ausstieg „Wetterschutzhütte“ markiert. Dort befindet sich auch ein Anleger. Für unser Vorhaben, ein erstes Video über diesen Wald zu drehen und auch die Unterwassertopologie kennenzulernen, bietet uns der Betreiber des Tauchzentrums, Heiko Günzel, an, unserer Scooter verwenden zu dürfen. Prinzipiell will man von Scooter-Tauchgängen im Unterwasserwald absehen, da das Abbrechen von Zweigen und Ästen der Bäume ein irreparabler Schaden ist. Und da der Wald sehr dicht steht, ist die Gefahr mehr als groß.
Der Tauchgang
Durch die vorliegende Tauchplatzskizze (nicht maßstabsgerecht) haben wir eine gute Orientierung. Nach Erreichen des Waldes auf ca. 15 bis 18 Metern biegen wir Richtung Osten nach links ab, um die Erhebung mit den einzelnen Bäumen aufzusuchen. Dort können wir erste Aufnahmen machen.
Weiter folgten wir einer Tiefenlinie, die durch alte gelbe Messlatten markiert ist, die senkrecht im Grund stecken. Bei ca. 36 Metern Wassertiefe erreichen wir den dort befindlichen tiefsten Punkt des Waldes und biegen nach rechts ab. Ab 30 Metern Tiefe wird es durch das feine Sediment im Wasser auch sehr dunkel, erkennbar im Video durch den deutlichen Lichtkegel der Lampen.
Im tieferen Bereich steht der Wald sehr dicht und man kann nur im Außenbereich oder deutlich über den Baumwipfeln tauchen. An einigen lichteren Stellen können wir weitere Aufnahmen machen. Nach ca. 30 Minuten Grundzeit bei einer maximalen Tiefe von 38 Metern tauchen wir in den flacheren Teil des Waldes: Dieser steht deutlich lichter und es wird wieder wesentlich heller. Bei einer Wassertiefe zwischen 15 und 20 Metern folgen wir weitere 40 Minuten dem Wald. Dieser hört stellenweise fast ganz auf, bis in 20 bis 30 Metern Entfernung weitere Bäume auftauchen. Hier wechseln wir auf unser Deko-Gas.
Nach weiteren 10 Minuten beginnen wir den Aufstieg, um die Deko-Zeit bei 6 bis 7 Grad Wassertemperatur nicht unnötig zu verlängern. Da mir noch die Abschätzung der Entfernung bis zum Ausstieg fehlt, halte ich nach Beenden der Deko an der Wasseroberfläche Ausschau. Nach weiteren 12 Minuten im sonnendurchfluteten Flachwasser erreichen wir die Ausstiegsstelle, wo uns bereits unser Shuttle-Bus erwartet.
Das Fazit
Der Geiseltalsee ist ein noch junges Tauchgewässer mit erheblichem Potential. Neben der Fauna, zu der viele bekannte Fischarten wie Karpfen, Hechte, Rotfedern, Schleie und Zander zählen, bieten versenke Boote oder auch Bergbaurelikte sowie die verbliebe Flora aus dem Tagebauloch abwechslungsreiche Tauchgänge. Das Highlight für mich mit bisher nur einem einzigen Tauchgang dort ist natürlich der Unterwasserwald, den ich mit weiteren Tauchgängen im Jahr 2025 noch genauer erkunden möchte.
Das Tauchzentrum Geiseltal bietet für alle Sporttaucher den notwendigen Service wie Flaschenfüllungen bis 300 bar, ein begrenztes aber gut ausgewähltes Sortiment an Tauchsportartikeln und Ersatzteilen sowie Leihausrüstungen.
Wir haben die Crew als sehr gastfreundlich und hilfsbereit kennengelernt und können die Basis weiterempfehlen. Vielleicht können die Betreiber den einen oder anderen Rödel Tisch etwas erneuern und über die Möglichkeit einer Nitrox Füllanlage nachdenken, was das Tauchen bis 30 Meter etwas entspannter und sicherer machen würde.
Kontakt Basis:
Tauchzentrum Geiseltal – Heiko Günzel
Strandallee 1
06249 Mücheln OT Stöbnitz, Deutschland
Telefon: (+49) (0)152 34013945
Mail: info@tauchzentrum-geiseltal.de
Web: https://www.adventure-dive-light.com/
Text und Fotos:
Jens-Uwe Lamm – unterwasserFilm
Web: https://www.uw-film.de/
Mail: office@uw-film.de
Link zum YouTube Video: youtube.com/watch?v=dBWAJxbHOzU