Conger. Der Meeraal

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23.08.2013 08:19
Kategorie: Biologie


Einer der größten Meeresbewohner, den man im Mittelmeer vor die Maske bekommt, ist der Conger. Große Exemplare können durchaus die Länge eines Tauchers erreichen.

Sie gelten grundsätzlich als sehr freundliche Aale mit großen, blauen Augen und einer nett lächelnden Schnauze. Zumindest solange sie nicht angefüttert werden...


Bericht von Harald Mathä

"The Independent" vom 13. Juli 2013: Jimmy G. (48) aus Galway wird bei einem Tauchgang im Killary Fjord im Westen Irlands scheinbar grundlos von einem großen Conger angegriffen, ins Gesicht gebissen und erleidet dabei eine klaffende Fleischwunde an der linken Wange. Der oberschenkeldicke und mannslange Fisch hatte ihm ein Stück Fleisch aus dem Wangenmuskel gebissen. Der erfahrene Taucher schafft es nicht in Panik zu geraten, angelt sich den verlorenen Lungenautomaten und steigt kontrolliert zur Oberfläche auf. Ein Rettungswagen bringt ihn ins Krankenhaus nach Galway (Quelle).

Anfang Juni 2013: Am Wrack der "Teti" bei der Insel Vis in Kroatien wird ein Taucher von einem Conger in die Hand gebissen. Auch dieser Taucher behält die Nerven und steigt kontrolliert auf. Im Krankenhaus von Split wird die klaffende Wunde mit 10 Stichen genäht. Es soll nicht der erste Zwischenfall dieser Art gewesen sein erfährt man hinter vorgehaltener Hand...


Infos Congeraal


Familie: Meeraale oder Seeale (Congridae)
20 Gattungen mit 60 Arten weltweit
Englisch: Conger eel
Lat: Conger conger
Größe: bis 2m und 60 kg - selten größer
Aussehen: meist graublau mit hellem Bauch
Lebensraum: Ausgewiesener Wrackexperte und Riffbewohner, in allen Tiefen
Verbreitung: Ostatlantik und Mittelmeer
Verwechslungsmöglichkeit: nicht wirklich, aber Muränen (siehe Bild rechts) und Aale sind auch schlangenförmig



Zumindest im zweiten Fall wurde der Congeraal am Wrack seit Jahren von einer Tauchbasis in Komiza regelmäßig gefüttert. Als zweifelhafte Attraktion für die Tauchgäste und- um das eigene Ego aufzupolieren. Die Folge: Angefütterte Conger sehen dann jeden Taucher als Futterbringer und können recht aufdringlich werden, wenn sie dann doch nichts zu fressen bekommen. Direktes Anschwimmen auf die Maske zu bis zum Suchen im Jacket nach Fressbarem kann die Folge sein. Die Schnauze eines großen schlangenförmigen Fisches plötzlich vor sich haben ist wohl nur für wenige Freaks "cool" und ein zwischen Anzug und Jacket herumwühlender Conger wird wohl keinen Taucher kalt lassen! Erinnerungen an das Rote Meer der 80er und 90er Jahre werden wach, dort ist man jedoch klüger geworden- aber im Mittelmeer wird munter weitergefüttert...



Dem Tier kann man keine Vorwürfe machen. Der Fisch glaubt halt irgendwann, dass Taucher ausschließlich zum Wrack kommen, um ihn zu füttern. Kommen dann die Taucher doch nicht zu ihm, dann denkt er vielleicht: "Hmm.. die sind neu hier und wissen nicht wo ich stecke! Na, dann schwimm ich mal raus und sag Hallo!" Dies erfolgt in alter Conger-Art eben so, dass man dem Blubberwesen direkt vor die Maske schwimmt. Dass Taucher kein Seitenlinienorgan besitzen und nur ein sehr eingeschränktes Sichtfeld haben, kann der "doofe Wurm" ja nicht ahnen!

Häufen sich Verletzungen durch Conger, werden sie publik oder gar amtsbekannt, dann werden die Tiere meist getötet. Die wahren Schuldigen, die Tauchbasen, die sie angefüttert haben, blieben ungestraft. Im Gegenteil: Die einstige Tauchattraktion liefert harpuniert, ausgenommen und nach Hausmannsart zubereitet ein opulentes Festmahl. Zur Entschuldigung ist dann schließlich auch der örtliche Polizeikommandant eingeladen. Šiveli!

Was kann man als Tauchgast dagegen tun?


Auf typisch deutsche Art mit erhobenem Zeigefinger dagegen poltern hilft in Südeuropa meist gar nichts, man versaut sich nur selbst den Urlaub. Besser auf den Missstand zeitnah und freundlich hinweisen und erklären, dass man an Fütterungen nicht interessiert ist.

An so einem Tauchgang gleich gar nicht teilzunehmen wäre noch besser. Wird unerwartet gefüttert, so zeigt man am besten demonstratives Desinteresse. Und dokumentiert die Fütterung - um die Tauchbasis in Ruhe nach dem Tauchgang mit dem Material zu konfrontieren.

Futter!


Conger haben wie alle Verwandten aus der Aalfamilie eine sehr feine Nase und sind normalerweise nachtaktiv. In der Dämmerung verstärken ihre großen Augen das Restlicht. Wie viele andere Raubfische verfügen sie auch noch über Sinne, die wir Menschen uns nicht einmal vorstellen können. Feinste elektrische Impulse wahrnehmen zu können beispielweise oder minimale Druckunterschiede im Wasser registrieren. Was nicht gesehen oder gerochen wird, kann so anhand von Muskelimpulsen oder Flossenbewegungen detektiert werden. Conger lieben Frischfleisch in Form von Fisch und Kopffüßler. Aas nehmen sie eher nur in schlechten Zeiten.



Auf der anderen Seite werden die Congeraale auch gejagt. Und zwar vom Menschen, denn sie gelten wie Muränen als Delikatesse. Mit der Angel ist es eine Kunst Conger zu fangen, daher wird auf die Harpune zurückgegriffen. Apnoe ist das vielleicht noch vertretbar, mit Tauchgerät aber eine Sauerei, die in den meisten Mittelmeerländern immer noch gang und gäbe ist.

Sex!


Über die Fortpflanzung der Conger ist soviel bekannt wie über die der anderen Aale. Nichts! Es dürfte nach wie vor noch kein geschlechtsreifes Tier gefangen worden sein. Flüstern die Hormone den 5 bis 15 Jahre alten Aalen "Poppen!" ins Ohr und die Geschlechtsorgane entwickeln sich, dann beginnen Herr und Frau Aal eine geheimnisvolle Wanderung zu unbekannten Plätzen in der Tiefsee, wo dann in 3.000-4.000 Meter die Sache bei einem zünftigen "A(n)al Gang-Bang" abgehen dürfte. Der dürfte so heftig ausfallen, dass die Tiere danach erschöpft sterben. Ihr Nachwuchs, die "Weidenblattlarven", treiben teils mit der Strömung planktonisch durchs Meer, andere schwimmen aktiv gegen diese an. Erst mit 15 cm Länge werden sie zu Bodenbewohnern. Ob sie wie unsere Aale auch in die Heimat der Eltern (welches Elternteil eigentlich???) zurückkehren ist unbekannt. Für Forschung ist kaum Geld da... gerade nicht für einen wirtschaftlich bedeutungslosen Fisch.



Sind Conger gefährlich?


Grundsätzlich nein! Solange sie nicht belästigt, gefangen, harpuniert oder angefüttert werden. Regelmäßig gefütterte Tiere werden sehr zutraulich und dann recht aufdringlich, wenn sie kein Futter bekommen.

Leider gibt es auch heute noch Tauchbasen und Tauchguides, die Meeresbewohner anfüttern. Solche Tauchbasen sollte man meiden und melden, da dies Verstöße gegen den Verhaltenskodex nationaler und internationaler Tauchorganisationen sind.

NICHT Füttern bedeutet "nicht in das Ökosystem Meer eingreifen" und so weder die Meeresbewohner noch unbedarfte Taucher zu gefährden.



Video zum Thema:



Tauchvideo zum Thema Conger / Meeraale von bestdiver/YouTube mit mehreren Congeraalen und einer Mittelmeermuräne.