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Unabhängige Analysen sollen Unfälle verhindern – Besonders Tauchsafarischiffe bereiten Sorgen
Die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) ist die zentrale Behörde für die Untersuchung von Seeunfällen in deutschen Hoheitsgewässern und auf deutsch beflaggten Schiffen weltweit. Darüber hinaus wird sie auch tätig, wenn deutsche Staatsangehörige auf See zu Schaden kommen – unabhängig davon, unter welcher Flagge das betroffene Schiff fährt.
Ziel der BSU ist es, Unfälle zu analysieren und daraus Maßnahmen abzuleiten, um zukünftige Katastrophen zu verhindern. Dabei verfolgt sie den „No Blame Approach“, was bedeutet, dass sie keine Schuldigen sucht, sondern die Ursachen eines Unfalls umfassend untersucht.
Die BSU agiert unabhängig und neutral. Sie betrachtet technische, menschliche und organisatorische Faktoren, die zu einem Vorfall geführt haben, und erarbeitet auf Basis dieser Analysen Sicherheitsempfehlungen. Diese sind darauf ausgerichtet, strukturelle Verbesserungen in der Schifffahrt anzustoßen und gefährliche Situationen künftig zu vermeiden.
Als Teil eines internationalen Netzwerks arbeitet die BSU eng mit anderen Untersuchungsstellen zusammen. Besonders bei grenzüberschreitenden Unfällen ist diese Kooperation entscheidend, um Sicherheitsstandards weltweit zu verbessern. Auch wenn die BSU keine direkte Durchsetzungsmacht hat, werden ihre Empfehlungen genau beobachtet und oft in neue Sicherheitsvorschriften überführt.
In unserem Interview spricht der Direktor der BSU - Ulf Kaspera - über die besonderen Umstände bei Unfällen mit Tauchsafarischiffen weltweit.
Taucher.Net: Wie beurteilt die BSU die aktuelle Sicherheitslage bei Tauchsafarischiffen weltweit, insbesondere in Ländern wie Ägypten und Indonesien, die immer wieder durch Unfälle auffallen?
BSU: Die BSU verfügt über zu wenig Daten, um hier eine offizielle Einschätzung abzugeben zu können. Da es sich i. d. R. um Fahrzeuge in der nationalen Fahrt und damit außerhalb der Zuständigkeit der BSU handelt, geht die BSU davon aus, dass ihr viele dieser Unfälle - auch solche mit tödlichem Ausgang für deutsche Reisende - nicht zuverlässig gemeldet werden, da Meldepflichten insofern nicht bestehen. Die schweren Unfälle bei Tauchsafaris in ägyptischen Gewässern in letzter Zeit werden jedoch mit Sorge betrachtet.
Taucher.Net: Unter welchen Voraussetzungen wird die BSU an einer Unfalluntersuchung im Ausland beteiligt, wenn deutsche Staatsbürger betroffen sind?
BSU: Die BSU wird bei Seeunfällen beteiligt, die den internationalen Regelungen zur Seeunfalluntersuchung unterfallen. Dies ist immer dann der Fall, wenn es sich um internationale Fahrten handelt, das heißt, Häfen außerhalb des eigenen Flaggenstaates angelaufen werden. Genau da liegt das Problem bei den Tauchsafaris: Diese sind in erster Linie rein nationale Fahrten im Anbieterland und unterfallen nicht dem internationalen Sicherheitsregime, was einer Beteiligung entgegensteht.
Taucher.Net: Was unternimmt die BSU, wenn bei einem Unfall mit deutschen Opfern im Ausland keine oder nur unzureichende Untersuchungen durchgeführt werden? Gibt es Mechanismen, Druck auf die verantwortlichen Behörden auszuüben?
BSU: Sofern ein Unfall mit Todesfolge dem internationalen Sicherheitsregime unterfällt, ist der Flaggenstaat verpflichtet, eine Untersuchung nach internationalen Vorschriften durchzuführen. Sind deutsche Staatsbürger betroffen, hat die BSU das Recht, sich als sog. Staat mit begründetem Interesse an dieser Untersuchung zu beteiligen und auf eine ordnungsgemäße Durchführung hinzuwirken.
Die BSU setzt auch bei solchen Unfällen ein, bei denen sie keine Zuständigkeit innehat, alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel ein, damit eine vollständige Untersuchung stattfindet und bietet ihre Unterstützung an. Auch kann die BSU z. B. die deutsche Botschaft in dem betreffenden Land einbeziehen, um Kontakte herzustellen und das Anliegen voranbringen. Ein Druckmittelsteht der BSU dabei naturgemäß nicht zu, dies liegt außerhalb ihrer Kompetenz.
Taucher.Net: Welche Sicherheitsstandards sieht die BSU als notwendig an, um die häufigen Unfälle mit Tauchsafarischiffen langfristig zu reduzieren? Gibt es Empfehlungen für Reiseveranstalter und Taucher?
BSU: Wünschenswert wäre aus Sicht der BSU ein internationaler Sicherheitsstandard mit Zertifizierung und regelmäßigen Kontrollen, damit sich Reisende verlässlich informieren können. Solche Standards wären durch die zuständigen Behörden am besten in enger Koordination mit den betroffenen Fachkreisen zu entwickeln. In der Zwischenzeit kann nur an die Reisenden selbst appelliert werden, sich vor einer Buchung ausgiebig zu informieren.
Taucher.Net: Gibt es aus Sicht der BSU Defizite in der internationalen Zusammenarbeit bei der Untersuchung von Seeunfällen, und wie könnten diese verbessert werden, um die Sicherheit von Touristen auf See zu erhöhen?
BSU: Bei Untersuchungen, die unter die internationalen Regeln fallen, bestehen i. d. R. keine Defizite in der internationalen Zusammenarbeit. Schwierigkeiten tauchen eher dann auf, wenn eine internationale Zusammenarbeit nicht vorgesehen ist und die BSU über keinerlei Beteiligungsrechte verfügt. Hier ist für jeden Fall gesondert zu versuchen, einen Konsens herzustellen. Eine generelle Verbesserung wäre aus Sicht der BSU nur durch Ausweitung des internationalen Sicherheitsregimes oder allgemeinverbindliche Absprachen auf Ebene der IMO zu erreichen.