Brille oder Augen-OP? Immer den Durchblick behalten ...

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11.04.2012 10:02
Kategorie: Medizin


Immer den Durchblick behalten... ist oft leichter gesagt als getan, denn nicht jeder ist mit Adleraugen gesegnet. Oft schon in jungen Jahren muss in die Ferne an die Schultafel geblinzelt werden, um scharf zu sehen – und später, wenn die Weitsichtigkeit zugelangt hat, werden ab einem bestimmten Zeitpunkt die Arme einfach zu kurz um die Zeitung weit genug von sich weg zu halten.

Neben der normalerweise "nicht krankhaften" Fehlsichtigkeit gibt es jedoch auch medizinisch gesehen ernstere Augenleiden, die nicht nur den nötigen "Klarblick" unter Wasser beeinträchtigen, sondern die sich durch die physiologischen und physikalischen Gegebenheiten beim Tauchen sogar verschlechtern könnten.


Bericht von Anke Fabian

Das Sehen stellt beim Tauchen eine der wichtigsten Sinneswahrnehmungen dar. Sehen und Erkennen schützt nicht nur vor Gefahr, schließlich möchte man den Tauchgang mit all dem farbenfrohen Fischreichtum ja auch genießen können und die winzig kleine Nacktschnecke nicht nur als verschwommenen Punkt wahrnehmen müssen. Zudem ist die optische Kontrolle ein wesentlicher Faktor für unser Gleichgewichtsorgan.

Die häufigsten Fehlsichtigkeiten

Kurzsichtigkeit (Myopie): Kurzsichtige sehen weiter entfernte Gegenstände undeutlich und verschwommen, während sie nahe Objekte problemlos erkennen können. Je nachdem, wie ausgeprägt die Fehlsichtigkeit ist, kann man irgendwann auf die Ferne einen Barrakuda nicht mehr von einem Hai unterscheiden.

Dies kann verschiedene Ursachen haben: Meistens ist der Augapfel zu lang, manchmal ist aber auch die Brechkraft des Systems Hornhaut-Glaskörper-Linse zu hoch. In jedem Fall erfolgt die scharfe Abbildung weit entfernter Gegenstände vor der Netzhaut des Auges.

Weitsichtigkeit (Hyperopie): Weitsichtige Menschen halten die Zeitung – oder Unterwasser den Tauchcomputer – am ausgestreckten Arm möglichst von sich weg und bedauern, dass sie diesen nicht teleskopartig weiter ausfahren können, um die Zahlen gestochen scharf ablesen zu können. Denn während sie weit entfernte Gegenstände besser erkennen können, erscheint alles Nahe verschwommen. Klassischer Fall von: "Arm zu kurz".

Die Ursache dafür liegt in einer zu geringen Brechkraft des Systems Hornhaut-Glaskörper-Augenlinse oder einem zu kurzen Augapfel.

Stabsichtigkeit (Hornhautverkrümmung, Astigmatismus): Die Hornhautverkrümmung ist meist angeboren und fällt bereits im Grundschulalter auf. Manchmal kommen jedoch auch erworbene Ursachen in Betracht – zum Beispiel, wenn sich die Hornhaut durch eine Krankheit oder durch Narben verformt hat. Die Stabsichtigkeit geht häufig mit einer Weit- oder Kurzsichtigkeit einher.

Korrektur beim Tauchen

Spätestens wenn der Hai zum Barrakuda oder der Arm zu kurz geworden ist, sollte dies beim Tauchen korrigiert werden. Dabei gibt es die Möglichkeit einer Tauchermaskenkorrektur oder des Tragens von Kontaktlinsen.

Korrekturen der Tauchermaske können entweder durch auf der Rückseite der Maskengläser aufgeklebte Korrekturgläser oder durch Schliff der Frontscheiben erfolgen. Damit kann eine Weitsichtigkeit bis –22 dpt und eine Kurzsichtigkeit bis +10 dpt ausgeglichen werden. Das Einkleben sollte von einem damit erfahrenen Optiker erfolgen, denn dabei kann eine Menge schiefgehen. Es kommt einerseits auf ein absolut blasenfreies Einkleben an, andererseits müssen die Korrekturgläser weit genug vom Auge entfernt sein.

Ein versierter Optiker berücksichtigt zudem den Hornhautscheitelabstand. Wenn euer lokaler Optiker damit keine Erfahrung hat, kennt er vielleicht einen Kollegen, der sich damit auskennt. Geschliffene Korrekturgläser sind unkomplizierter und heutzutage "von der Stange" zu kaufen, wenn man keinen komplizierteren Sehfehler hat. Es empfiehlt sich, zwei optische Masken zu besitzen und auch auf Reisen mitzunehmen, für den Fall, dass eine im Tauchurlaub verloren geht.

Kontaktlinsen eignen sich dann, wenn ein Taucher bereits an das Tragen und den Umgang mit Linsen gewöhnt ist. Üblicherweise sind weiche Linsen – vor allem gasdurchlässige Hydrogellinsen – die erste Wahl unter Wasser.

Tageslinsen sind zwar weniger gasdurchlässig, strapazieren jedoch im Falle eines Verlustes beim Tauchen (z.B. beim Ausblasen der Maske) deutlich weniger den Geldbeutel. Harte Linsen haben zweierlei Nachteile: Durch die geringere Haftfläche gehen sie eher einmal verloren und es treten – auch schon in geringen Tiefen – Gasbläschen auf. Diese Gasbläschen können zwar allgemein durch häufiges Blinzeln beseitigt und ausgeschwemmt werden, dies gelingt jedoch während der Auftauchphase nicht immer. Schließlich möchte man seine Umwelt betrachten und sich nicht auf einen häufigen Lidschlag konzentrieren müssen.

Bei sehr langen Tauchgängen oder gar Fehlern im Tauchprofil (zu schneller Aufstieg, Dekompressionsfehler) gelingt dies nur noch selten, da die anfallende Menge an Gasblasen zu hoch ist. Die nachfolgende Sehminderung wird durch die Gasblasen und dadurch entstehende "Dellen" auf der Hornhaut verursacht (Nebelsehen) und verschwindet nach einiger Zeit (bis zu einer Stunde) wieder.

Also aufgepasst: Sehstörungen bei Hartlinsentauchern können ein Zeichen einer Dekompressionserkrankung sein – oder zumindest der erhobene Zeigefinger, dass da etwas nicht richtig gemacht wurde. Also bitte immer ernst nehmen! Empfehlenswert ist das Mitführen einer optischen Maske für den Fall, dass es während des Tauchurlaubes zu einer Augenreizung oder Entzündung kommt und Kontaktlinsen nicht eingesetzt werden können.


Wie durch Milchglas...

Verschwommenes Sehen oder Nebelsehen. Mir selbst ist dies – trotz hoch-sauerstoffdurchlässiger weicher Linsen – auch schon einmal passiert und zwar bereits unter Wasser und nur auf dem rechten Auge. Zunächst dachte ich, die Maske wäre einseitig beschlagen. Aber auch durch Abnehmen, Ausspülen und wieder Aufsetzen änderte sich daran nichts. Ich sah wie durch Milchglas.

Dieses Phänomen lässt sich so erklären: Während der Dekompression können sich in der Tränenflüssigkeit zwischen Hornhaut und Linse Stickstoffbläschen bilden und sich hier vorübergehend festsetzen. Durch Druckeinwirkung führen sie zu einem leichten Aufquellen und zu (ebenfalls vorübergehenden) "Dellen" in der Hornhaut. Dadurch ändern sich die lichtbrechenden Eigenschaften und es resultiert "Nebel-Milchglas-Verschwommen-Sehen". Das kann wie beschrieben schon während des Auftauchens oder aber erst eine gewisse Zeit nach dem Auftauchen auftreten und sich dann noch verstärken.

Dieses Phänomen kann bei weichen und bei harten Kontaktlinsen auftreten, unabhängig davon, ob die Linsen als "hoch sauerstoffdurchlässig" bezeichnet sind. Der Effekt ist bei harten Linsen allerdings stärker ausgeprägt als bei weichen. Zu dauerhaften Schäden kommt es in der Regel nicht.

Refraktive Eingriffe

Es erscheint schon sehr verführerisch, morgens nicht halb blind nach der Brille angeln zu müssen, auf eine optische Tauchermaske angewiesen zu sein oder darauf zu achten, die gesamten Pflegeutensilien für Kontaktlinsen auch in ausreichender Menge dabei zu haben. Immer mehr Menschen entscheiden sich deshalb für die operativen refraktiven Eingriffe, mit denen gewisse Fehlsichtigkeiten korrigiert werden können. Das gelingt nicht immer hundertprozentig, trotzdem lässt die Hoffnung auf Adleraugen und "optische Unabhängigkeit" so manchen Taucher selbst die dreimonatige Tauch-Zwangspause in Kauf nehmen. Die Komplikationsrate ist relativ gering. Deshalb erfreuen sich diese Methoden zunehmend größerer Beliebtheit. Voraussetzungen für solche Eingriffe sind: stabiler Brillenwert, Alter über 20 Jahre, keine Augenerkrankungen.

Es gibt verschiedene Techniken:
Die Lasek/PRK (PhotoRefraktive Keratektomie) funktioniert bei Kurzsichtigkeit bis –6 dpt oder Hornhautverkrümmung (Astigmatismus) bis –5 dpt. Sie eignet sich nicht zur Behandlung einer Weitsichtigkeit.
Bei dieser Methode wird die oberflächlichste Schicht der Hornhaut (Epithel) und das tiefere Gewebe (Stroma) mit dem Laser abgetragen. Das Epithel wächst wieder selber zu, was jedoch erst einmal richtig weh tun kann. Deshalb muss eine therapeutische Kontaktlinse (Verbandlinse) getragen werden. Die Rekonvaleszenzzeit beträgt hier ca. drei Wochen – ist also deutlich länger im Vergleich zur Lasik-Methode.

Der Lasek ist eine Weiterentwicklung der PRK. Das Epithel wird vor dem Laser mittels einer verdünnten Alkohollösung aufgeweicht, zur Seite geschoben und nach der Behandlung wieder zurück platziert oder verworfen. Die Wunde heilt schneller und ist weniger schmerzhaft.


Bei der LASIK-OP wird zunächst ein 120 bis 140µm dicker Hornhautdeckel mittels einer oszillierenden Stahlklinge eines Mikrokeratoms (Hobel) präpariert.

Dann wird der Deckel zur Seite hin aufgeklappt und der eigentliche Hornhautdickenabtrag durchgeführt. Im Anschluss daran wird der Hornhautdeckel wieder zurückgeklappt.

Dieser wirkt dann wie eine Kontaktlinse und verhindert damit eine Reizung der behandelten Hornhautfläche.

Dadurch treten postoperativ kaum Schmerzen auf und auch die postoperative visuelle Rekonvaleszenzzeit relativ kurz (4-5 Tage) – das heißt, die Sehkraft erholt sich im besten Falle sehr schnell.


Bedingt durch den oberflächig entstandenen Hornhautdefekt ist es zwingend notwendig, eine Schutzverbandskontaktlinse auf der behandelten Oberfläche zu platzieren, um entstehende Schmerzen auf ein Minimum begrenzen zu können. Die Kontaktlinse wird ca. vier bis fünf Tage im Auge belassen, bis die Schutzschicht der Hornhaut unter der Verbandslinse wieder verheilt ist.

Anstatt mit Alkohol wird beim Epilasik das Epithel mit einem mechanischen Instrument gelöst. Da die Epithelzellen nicht absterben, ist die Heilung noch besser.

Bei der Lasik-Methode wird eine Hornhautlamelle (Dicke 0,12mm bis 0,14 mm) mit einem Hobel präpariert und zurückgeklappt (Flap). Die Laserbehandlung erfolgt dann in den tieferen Hornhautschichten (Stroma). Nach Lasik erholt sich die Sehschärfe am schnellsten, Schmerzen treten praktisch keine auf. Allerdings ist diese Methode aufwendiger. Vorübergehend trockene Augen sind hier – aufgrund des Flaps – die Regel. Behandelt werden können: Kurzsichtigkeit bis –8 dpt, Weitsichtigkeit bis +3 (4) dpt und Hornhautverkrümmung bis 4 dpt.

Tauchtauglichkeit

Nach PRK, Lasek und Epilasik ist Tauchen und Schwimmen theoretisch erlaubt, sobald sich die Sehschärfe erholt hat – dann ist die Oberflächenwunde verheilt. Empfohlen wird jedoch eine Tauchkarenz von drei Monaten. Zudem sollten die Augen nach diesen Behandlungen während mindestens dreier Monate keiner direkten Sonnenbestrahlung ausgesetzt werden (sehr gute Sonnenbrille, Mütze).

Unmittelbar nach Lasik besteht die Gefahr, dass sich der Hornhautlappen (Flap) verschiebt. Denn dieser klebt anfänglich nur locker auf der Unterlage. Hier gilt das gleiche: drei Monate trocken bleiben!

In allen Fällen kann es jedoch zu einer verzögerten Wundheilung kommen, mit deutlichen längeren Karenzzeiten – in Einzelfällen bis zu 6 bis 12 Monaten! Die Freigabe zum Tauchsport erfolgt vom behandelnden Augenarzt.

Bleibt nur noch zu sagen: Gut Luft und klar Bild!