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Projekt „Wracks und Tiefsee“ bringt faszinierende Einblicke in die Geschichte des Bodensees
Das bislang bemerkenswerteste Ergebnis dieser Untersuchungen ist die Entdeckung von 31 bislang unbekannten Wracks, die eine spannende Mischung aus kulturhistorischem Erbe und Geschichte der modernen Wasserfahrt darstellen. Teile verlorener Schiffsladungen sind ebenso entdeckt worden auch weitere spannende Artefakte wie Rümpfe von Schaufelraddampfern und hölzerne Fässer gehören zu den Funden.
Seit 2022 forscht das Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg systematisch den Bodensee nach bislang unbekannten Schiffstrümmern, Ladung und anderen Kulturgütern. Ziel ist es, die vielfältigen Höhen und Tiefen des Sees zu erkunden, die verborgenen Zeugen vergangener Zeiten zu dokumentieren und den Zustand sowie die Bedeutung der Wracks für die Wissenschaft und Denkmalschutz zu bewerten.
Innovative Technik eröffnet neue Perspektiven
Das Projekt „Wracks und Tiefsee“ ist eine Großinitiative des Landesamts für Denkmalpflege, die innovative technologische Methoden nutzt, um die komplexen Strukturen des Seebodens zu erkunden. Hochauflösende Sonaruntersuchungen, ferngesteuerte Tauchroboter und präzise bathymetrische Referenzdaten bilden das Fundament der Erkundungen. Mit Hilfe dieser Verfahren lassen sich natürliche Geländeformationen, Relikte menschlicher Nutzung sowie echte Wracks zuverlässig voneinander unterscheiden. Diese Kombination ermöglicht es, auch die tiefsten Bereiche des Sees, bis zu 251 Meter Tiefe, zu erfassen.
Seit Beginn der Untersuchungen im Jahr 2022 wurden mehr als 250 auffällige Anomalien auf dem Seegrund registriert. Bei der näheren Untersuchung von 186 Positionen entdeckten die Forscher schließlich 31 bislang unbekannte Wracks, die diverse Schiffsarten, Bauweisen und Perioden repräsentieren.
Faszinierende Funde im Detail
Einer der beeindruckendsten Funde ist ein Trümmerfeld, das wahrscheinlich die Überreste eines alten Transport- oder Handelsschiffs darstellt. Das Team entdeckte mindestens 17 gut erhaltene Holzfässer, eine hölzerne Sackkarre sowie weitere Gegenstände. Manche Fässer sind noch vollständig mit Deckel, andere beschädigt, wieder andere tragen möglicherweise Markierungen, die auf ihre ursprüngliche Ladung hinweisen könnten. Bisher ist unklar, um welches Schiff es sich genau handelt, doch weitere Untersuchungen sind geplant, um den Ursprung und die Geschichte dieses Fundes zu ergründen.
Neben diesen Ladungstrümmern stießen die Forscher auch auf zwei große metallene Schiffsrümpfe, die vermutlich Überreste der bekannten Dampfschiffe „SD Baden“ (ehemals „Kaiser Wilhelm“) und „SD Friedrichshafen II“ sind. Die Größe und die Form der Rümpfe lassen diese Zuordnung wahrscheinlich erscheinen, eine endgültige Bestätigung steht jedoch noch aus.
Ein weiterer, äußerst seltener Fund ist ein nahezu vollständig erhaltenes Lastsegelschiff. Das Schiff weist noch Mast, Rah und zahlreiche weitere Details auf.
Aufgrund des vergleichsweise geringen Bewuchses durch Quaggamuscheln sind viele Strukturen noch gut sichtbar und ermöglichen Rückschlüsse auf das Schiffbauwissen vergangener Zeiten. An den Details wie Klammern im Bugbereich, Belegstiften und einem Zahnkranz mit Sperrklinke spiegeln sich die Bauweise und die Technik der Segelschiffe wider. Dieses Wrack liefert wichtige Einblicke in die historische Segeltechnik und den Schiffbau des Bodensees und dient als bedeutendes Referenzobjekt für die Forschung.
Methoden- und Projektstruktur
Das Projekt läuft seit 2022 und wird voraussichtlich bis 2027 fortgeführt. Es hat das Ziel, eine umfassende Inventarliste der Bodenseewracks zu erstellen und die wissenschaftliche Untersuchung ihrer Geschichte, technischen Beschaffenheit und Erhaltung zu verbessern.
Die Forschungsarbeiten gliedern sich in mehrere Phasen: Initial wurden umfangreiche bathymetrische Daten erhoben, um das Gelände des Seebodens zu erfassen. Anschließend werden potenzielle Anomalien mithilfe von ferngesteuerten Sonarsystemen und Sidescan-Scannern genauer geprüft, um Formen, Oberflächen und Strukturen sichtbar zu machen. Die vielversprechendsten Positionen werden dann durch Tauchroboter (ROVs) oder Taucher genauer erforscht und dokumentiert.
Da Bergungen aufwendig und teuer sind, liegt das Hauptaugenmerk auf der Sicherung der Fundstellen durch detaillierte Dokumentation. Die beteiligten Tauchroboter und Taucher des Landesamts sowie weiterer Kooperationspartner ermöglichen es, auch große Tiefen zuverlässig zu erkunden und die Wracks in ihrer heutigen Form für die Nachwelt zu bewahren.
Weitere Informationen:
Archäologisches Landesmuseum Konstanz: www.alm-konstanz.de
Seemuseum Kreuzlingen: www.seemuseum.ch